Die Ausschlussfrist beginnt grundsätzlich ab dem Tag zu laufen, an dem der Anspruch auf die Leistung fällig wird. Eine Leistung ist fällig, wenn der Gläubiger sie vom Schuldner fordern kann. Dieser Zeitpunkt ist nicht unbedingt mit der Entstehung des Anspruchs gleichzusetzen. Vielmehr muss es dem Gläubiger praktisch möglich sein, den Anspruch geltend zu machen. Dabei kommt es nicht auf die Kenntnis des Gläubigers von seinem Anspruch an.[1] Für den Beginn der Frist ist es aber erforderlich, dass dem Gläubiger zumindest die dem Anspruch zugrunde liegenden Tatsachen bekannt sind, aus denen sich der Anspruch ergibt.[2] Den Gläubiger trifft in aller Regel keine Obliegenheit, sich positive Kenntnis von einem möglichen Anspruch durch anlasslose, aktive Erkundigungen beim Schuldner zu verschaffen.[3]

Zu einer zuverlässigen und möglichst vollständigen positiven Kenntnis der für die Geltendmachung des Anspruchs maßgebenden Tatsachen gehören sowohl die für als auch die gegen den Anspruch sprechenden Umstände sowie die Beschaffung und Sicherung möglicher Beweismittel für die ermittelten Tatbestandsvoraussetzungen.[4] Dies ist insbesondere dann relevant, wenn der Schuldner durch sein Verhalten bewirkt, dass dem Gläubiger die anspruchsbegründenden Tatsachen nicht richtig oder nicht vollständig bekannt werden.[5] Nicht erforderlich ist aber eine Abrechnung, wenn die Anspruchshöhe selbst errechnet werden kann.[6] Der Anspruch muss jedoch tatbestandlich vollständig entstanden sein. Lässt sich aufgrund einer Situation zwar bereits auf einen Anspruch schließen, es fehlt jedoch noch ein Tatbestandsmerkmal, z. B. dass sich eine Schadensbefürchtung tatsächlich in vollem Umfang oder nur zum Teil realisiert, kann eine Ausschlussfrist schon nach dem Sinn und Zweck nicht zu laufen beginnen.[7] Die Geltendmachung eines zukünftigen, noch ungewissen Anspruchs wirkt daher auch nicht für die Zukunft.

Neben der Fälligkeit des Anspruchs können jedoch auch abweichende Zeitpunkte für den Beginn des Fristlaufes bestimmt werden, so beginnt etwa bei einzelvertraglicher Vereinbarung einer früheren Fälligkeit auch die Ausschlussfrist früher zu laufen.[8]

 
Praxis-Beispiel

§ 16 Abs. 1 Satz 1 des Tarifvertrages über die Berufsbildung im Baugewerbe (BBTV) stellt für den Beginn der Ausschlussfrist nicht auf die Fälligkeit der einzelnen Ansprüche aus dem Berufsausbildungsverhältnis, sondern auf die "Beendigung des Ausbildungsverhältnisses" ab. Damit wird verhindert, dass das Berufsausbildungsverhältnis dadurch belastet und ggf. der Ausbildungserfolg dadurch gefährdet wird, dass eine Partei zur Vermeidung des Verfalls von Ansprüchen diese im Verlauf des Berufsausbildungsverhältnisses gegenüber der anderen Seite geltend machen muss. Streitigkeiten über das Bestehen und die Höhe von Ansprüchen sollen auf einen Zeitpunkt nach der Beendigung der Berufsausbildung verlagert werden.[9]

5.1 Besonderheiten einzelner Ansprüche

5.1.1 Arbeitsvertragliche Zahlungsansprüche

Bei Zahlungsansprüchen des Beschäftigten aus dem Arbeitsverhältnis kann die Fälligkeit regelmäßig nach dem Kalender bestimmt werden. So sind die Arbeitsentgelte, die als Bemessungszeitraum den Kalendermonat vorsehen, nach § 24 TVöD grundsätzlich am letzten Tag eines Monats zu zahlen. Die Frist verschiebt sich auf den vorhergehenden Werktag, wenn der Zahltag auf ein Wochenende, einen Feiertag oder den 31.12. fällt (§ 24 Abs. 1 Satz 3 TVöD). An diesem Tag sind sie auch fällig. Entgeltbestandteile, die nicht in Monatsbeträgen festgelegt sind, sowie der Tagesdurchschnitt nach § 21 TVöD sind am Zahltag des 2. Kalendermonats, der auf ihre Entstehung folgt, fällig. Insofern verschiebt sich auch die Berechnung der Ausschlussfrist.[1] Bei einzelvertraglicher Vereinbarung einer früheren Fälligkeit beginnt auch die Ausschlussfrist früher zu laufen.[2]

Erfolgt die Berechnung von Entgeltbestandteilen erst mit einer späteren Abrechnung, kann sich der Beginn der Ausschlussfrist bis zum Zeitpunkt der Abrechnung unter Vertrauensgesichtspunkten verschieben.

Bei einem entgegengesetzten Erstattungsanspruch zu viel bezahlter Bezüge sind 3 Fallgestaltungen zu unterscheiden.

  • Sind für die Überzahlung Bearbeitungsfehler ursächlich, die in der Sphäre des Arbeitgebers liegen, wird ein Rückforderungsanspruch mit der Entstehung der Überzahlung fällig, also am Tag der Zahlung der überhöhten Entgelte. Unerheblich ist dabei, auf welchen Zeitraum sich die Zahlung bezieht. Dabei kommt es auf die Kenntnis des Arbeitgebers von seinem Rückzahlungsanspruch regelmäßig nicht an.[3] Fehler bei der Berechnung der Entgelte sind im Normalfall dem Einflussbereich des Arbe...

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