Ein Betriebsübergang liegt nach aktueller Auffassung des BAG[1] vor, wenn die "organisierte Zusammenfassung von Ressourcen zur Verfolgung einer wirtschaftlichen Haupt- oder Nebentätigkeit" ihre Identität bewahrt. Nach der Rechtsprechung des EuGH ist abzustellen auf die Wechselbeziehung und gegenseitige Abhängigkeit der Produktionsfaktoren zueinander, die beinhaltet, dass sie bei der Ausübung einer bestimmten wirtschaftlichen Tätigkeit ineinander greifen. Die Beibehaltung der "organisatorischen Selbstständigkeit" ist nicht erforderlich, wohl aber die Beibehaltung des Funktions- und Zweckzusammenhangs zwischen den verschiedenen übertragenen Faktoren, der es dem Erwerber erlaubt, diese Faktoren, auch wenn sie in einer anderen Organisationsstruktur eingegliedert werden, zur Verfolgung einer bestimmten wirtschaftlichen Tätigkeit zu nutzen.[2]

Beispiel für fehlende Identität der Dienstleistungsübertragung

Zugrunde liegt der Präzisierung durch das BAG[3] ein Fall, in dem von einer Universitätsklinik einem externen Dienstleister, der nur für einen Teilbereich – ein Gebäude – technischen Servicedienst schuldete, der Auftrag entzogen wurde. Die Universitätsklinik gliederte in eine eigene GmbH sämtliche nichtklinischen/nichtmedizinischen Dienstleistungen für das Klinikum inklusive des oben geschilderten Teilbereichs aus.

Das BAG hat einen Betriebsübergang abgelehnt, mit der Begründung, dass die neue GmbH mit 1.900 Beschäftigten andere umfassendere Aufgaben in einer wesentlich veränderten organisatorischen Zusammenfassung von Ressourcen erfüllt als vorher der externe Dienstleister mit 19 Arbeitnehmern, der nur den gebäudetechnischen Servicedienst, die technische Betriebsleitung und das Management für die betriebs- und versorgungstechnischen Anlagen eines Gebäudes erbracht hatte.

Allein für die Betriebstechnik beschäftigte die Universitätsklinik 340 Arbeitnehmer, darunter nur noch 6 frühere Mitarbeiter des externen Dienstleisters. Die Techniker der neu gegründeten GmbH haben ihre Serviceleistungen im Gesamtbereich des Klinikums in wesentlich umfassenderer Form zu erbringen, während der externe Dienstleister zuvor nur einen Teilbereich des Klinikums und nur teilweise Technikleistungen erbrachte. Nicht von entscheidender Bedeutung sei, dass die Dienstleistungen zwangsläufig nur standortgebunden er­folgen konnten. Materielle Betriebsmittel wie Heizungs-, Sanitär- und Klimaanlagen des Dienstleisters hat das Klinikum nicht übernommen.

Der externe Dienstleister schuldete nur das technische Facility-Management, während die eigene Service-GmbH zur Lieferung von Wärme, Wasser und Energie in bestimmter Menge und Qualität für das Klinikum verpflichtet ist, einer wesentlich umfassenderen Dienstleistung. Die Servicetechniker der universitätseigenen GmbH führen wesentlich umfassendere technische Aufgaben im Gesamtbereich des Klinikums aus als die Techniker des externen Dienstleisters, dem der Auftrag entzogen wurde.

Damit ist die Identität der Dienstleistung, die bisher extern erbracht wurde, im Unternehmen der universitätseigenen Service GmbH aufgegeben worden.

Ein Betriebsübergang liegt nach Auffassung des BAG nicht vor.

 
Praxis-Tipp

Die Weiternutzung der bisherigen Organisation für einen im Wesentlichen unveränderten Betriebszweck ist demnach zur zentralen Voraussetzung des § 613a BGB geworden.

Ein Betriebsübergang liegt nicht vor, wenn andere umfassendere Aufgaben in einer wesentlich veränderten organisatorischen Zusammenfassung von Ressourcen erfüllt werden als bisher in der abgebenden Firma.

Wenn die organisatorische Selbstständigkeit des übernommenen Bereichs in der aufnehmenden Einrichtung nicht mehr erforderlich sein soll, so wird die Abgrenzung über den Anwendungsbereich des § 613a BGB schwierig. Es ist kaum zu klären, wann genau "die organisatorische Zusammenfassung zur Verfolgung einer Haupt- oder Nebentätigkeit" – Definition BAG – ihre Identität in der aufnehmenden Einrichtung bewahrt und wann dies nicht der Fall ist.

 
Wichtig

Keine Beibehaltung der wirtschaftlichen Einheit beim Erwerber nötig

In einer aktuellen Entscheidung hat der EuGH jedoch noch einmal klargestellt, dass nur bei der abgebenden Einrichtung/Firma eine wirtschaftliche Einheit im Sinne einer funktionellen Autonomie vorliegen muss.[4] Die Richtlinie sei anwendbar, auch wenn die übergegangene wirtschaftliche Einheit innerhalb der Struktur des Erwerbers nicht bewahrt wird.

Im Einzelnen: Die wirtschaftliche Einheit muss vor dem Übergang über eine ausreichende funktionelle Autonomie verfügen, wobei sich der Begriff "Autonomie" auf die Befugnisse bezieht, die der Leitung der betreffenden Gruppe von Arbeitnehmern eingeräumt sind, um die Arbeit dieser Gruppe relativ frei und unabhängig zu organisieren. Insbesondere muss die Leitung berechtigt sein, Weisungen zu erteilen und Aufgaben auf die zu dieser Gruppe gehörenden untergeordneten Arbeitnehmer zu verteilen, ohne dass andere Organisationsstrukturen des Arbeitgebers dabei zwischengeschaltet sind.

Auf die Verhältnisse beim Erwe...

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