Neben den gesetzlichen Kündigungsmöglichkeiten (z. B. § 22 Abs. 1 und 2 BBiG) gestattet auch § 3 TVSöD die Beendigung des Vertragsverhältnisses durch Kündigung. Insoweit sind die Rückzahlungsgrundsätze des § 18 TVSöD zu beachten, nach denen eine Kündigung unter bestimmten Maßgaben die Verpflichtung des Studierenden auslösen kann, einen Teil der ihm gewährten Studienentgelte und Studiengebühren an den Ausbilder zurückzuzahlen (siehe hierzu nachfolgend Ziffer 2.21).

2.3.2.1 Kündigung während der Probezeit, § 3 Abs. 2 TVSöD

Während der Probezeit kann das Vertragsverhältnis jederzeit ohne Einhalten einer Kündigungsfrist gekündigt werden. Diese Möglichkeit gilt sowohl für den Ausbildenden als auch für den Studierenden.

Die Kündigung muss schriftlich erfolgen (vgl. § 22 Abs. 3 BBiG), die Angabe von Kündigungsgründen ist jedoch nicht erforderlich. Lediglich dann, wenn der Ausbildende mit seiner Kündigung gegen die guten Sitten oder gegen Treu und Glauben verstößt, kann die Kündigung unwirksam sein.

Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts handelt es sich bei der Kündigung während der Probezeit um eine entfristete ordentliche Kündigung. Gleichwohl ist die Vereinbarung einer Auslauffrist möglich, wenn dadurch keine zweckwidrige Bindung über das Ende der Probezeit hinaus bewirkt wird.[1]

2.3.2.2 Kündigung nach der Probezeit, § 3 Abs. 3 TVSöD

Nach der Probezeit kann das Vertragsverhältnis nur gekündigt werden

  • von beiden Seiten aus einem wichtigen Grund ohne Einhalten einer Kündigungsfrist,
  • nur vom Studierenden mit einer Kündigungsfrist von 4 Wochen.

Die Kündigungsmöglichkeiten nach Abs. 3 betreffen sowohl den Ausbildungsteil als auch den Studienteil.

2.3.2.2.1 Kündigung aus wichtigem Grund

Die rechtlichen Voraussetzungen des wichtigen Grundes i. S. v. § 3 Abs. 3 Buchst. a TVSöD entsprechen denen des § 626 Abs. 1 BGB, sodass die in der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts hierzu entwickelten Grundsätze auch für die Auslegung der Tarifnorm heranzuziehen sind. Danach kann eine Kündigung aus wichtigem Grund insbesondere dann gerechtfertigt sein, wenn der Studierende seine vertraglichen Hauptleistungspflichten und/oder vertraglichen Nebenpflichten erheblich verletzt hat. Liegt eine solche Pflichtverletzung vor, ist in Anlehnung an § 626 Abs. 1 BGB in einer Gesamtwürdigung das Interesse des Ausbilders an der sofortigen Beendigung des Vertragsverhältnisses gegen das Interesse des Studierenden an dessen Fortbestand bis zum Ablauf der Ausbildungs- und Studienzeit abzuwägen. Dabei hat eine Bewertung des konkreten Einzelfalls unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zu erfolgen. Eine außerordentliche Kündigung kommt nur in Betracht, wenn dem Ausbildenden angesichts der Gesamtumstände sämtliche milderen Reaktionsmöglichkeiten unzumutbar sind. Die außerordentliche Kündigung wegen einer Vertragspflichtverletzung setzt deshalb regelmäßig eine Abmahnung voraus.[1] Einer Abmahnung bedarf es nach Maßgabe des auch in § 314 Abs. 2 i. V. m. § 323 Abs. 2 BGB zum Ausdruck kommenden Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes nur dann nicht, wenn bereits ex ante erkennbar ist, dass eine Verhaltensänderung in Zukunft auch nach Abmahnung nicht zu erwarten steht, oder es sich um eine so schwere Pflichtverletzung handelt, dass selbst deren erstmalige Hinnahme dem Arbeitgeber nach objektiven Maßstäben unzumutbar und damit offensichtlich – auch für den Studierenden erkennbar – ausgeschlossen ist (z. B. bei besonders schwerem Fehlverhalten[2]).

 
Hinweis

Die Kündigung aus wichtigem Grund ist unwirksam, wenn die ihr zugrundeliegenden Tatsachen dem zur Kündigung Berechtigten länger als 2 Wochen bekannt sind (vgl. § 22 Abs. 4 BBiG, § 22 Abs. 4 Satz 1 PflBG). Ist ein vorgesehenes Güteverfahren vor einer außergerichtlichen Stelle eingeleitet, so wird bis zu dessen Beendigung der Lauf der 2-Wochen-Frist gehemmt (vgl. § 22 Abs. 4 Satz 2 PflBG).

[2] LAG Düsseldorf, Urteil v. 15.4.1993, 5 Sa 220/93 (Verletzung der Pflicht zum Berufsschulbesuch); LAG Rheinland-Pfalz, Urteil v. 6.3.2007, 1 Sa 881/06 (Eigenmächtige Verabreichung der Infusion eines falschen, wenn auch versehentlich verwechselten Medikaments); LAG Rheinland-Pfalz, Urteil v. 9.11.2005, 10 Sa 686/05 (Eigenmächtiger Urlaubsantritt nach 2-maligem Versuch, sich eine Arbeitsbefreiung durch Täuschung zu erschleichen); ArbG Siegburg, Urteil v. 17.3.2022, 5 Ca 1849/21 (Vortäuschen einer Arbeitsunfähigkeit).

2.3.2.2.2 Ordentliche Kündigung durch den Studierenden

Das Recht der ordentlichen Kündigung steht nach § 3 Abs. 3 Buchstabe b TVSöD nur dem Studierenden zu. Ein die Kündigung des Studierenden rechtfertigender Grund kann z. B. die Aufgabe des Studiums bzw. die Aufnahme einer neuen Ausbildung sein.

Für die Berechnung der 4-wöchigen Kündigungsfrist gelten die §§ 186ff. BGB. Da sich der Kündigende grundsätzlich frei entscheiden kann, ob und wann er von seinem Kündigungsrecht Gebrauch macht[1], kann der Studierende die Kündigungsfrist auch überschreiten und sich deshalb vorzeitig mit einer längeren als der Frist von 4 Wochen aus dem Vertragsverhältnis lösen.[2]

Die nach Ablauf der Probezeit ausgesprochene Künd...

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