Außerordentliche Einkünfte liegen nur dann vor, wenn die Abfindung grundsätzlich innerhalb eines Kalenderjahrs zur Auszahlung gelangt. Darüber hinaus müssen sich durch die Abfindung aber auch höhere Jahreseinkünfte ergeben, die eine Progressionsmilderung durch Anwendung der Tarifermäßigung des § 34 Abs. 1 EStG rechtfertigen.

3.2.2.1 Auszahlung der Abfindung in einem Kalenderjahr

Abfindungen sind grundsätzlich nur dann außerordentliche und damit tarifbegünstigte Einkünfte, wenn die Entschädigung für entgangene oder entgehende Einnahmen, die sich bei normalem Ablauf auf mehrere Jahre verteilt hätten, vollständig in einem Betrag gezahlt wird. Außerordentliche Einkünfte i. S. d. § 34 Abs. 1 und 2 EStG sind nach ständiger Rechtsprechung anzunehmen, wenn die zu begünstigenden Einkünfte vollständig in einem Veranlagungszeitraum (Kalenderjahr) zu erfassen sind und demzufolge durch die Zusammenballung von Einkünften erhöhte steuerliche Belastungen entstehen.[1] Eine ratenweise Auszahlung der Entlassungsentschädigung ist daher unschädlich, wenn die einzelnen Raten innerhalb eines einzigen Kalenderjahres (Veranlagungszeitraums) ausgezahlt werden. Nach der neueren Rechtsprechung des BFH schadet es auch nicht, wenn zu der Hauptentschädigung, die in einem Einmalbetrag ausgezahlt wird, lediglich eine minimale Teilleistung hinzukommt, die in einem anderen Kalenderjahr zufließt.[2] Die Finanzverwaltung ging früher von einer solchen unschädlichen Teilleistung aus, wenn sie sich auf nicht mehr als 5 % der Hauptleistung beläuft.[3] Der BFH hat diese 5 %-Grenze jedoch abgelehnt. Der Entscheidung lag ein Sachverhalt zugrunde, bei dem das Arbeitsverhältnis nach annähernd 40-jähriger Betriebszugehörigkeit durch Aufhebungsvertrag zum 30.9.2010 beendet wurde. Der Arbeitnehmer erhielt zum Ausgleich eine Entlassungsentschädigung, die sich aus einer betrieblichen Abfindung von 104.800 EUR sowie einer tariflichen Abfindung in Höhe von 10.200 EUR zusammensetzte. Die tarifliche Abfindung wurde noch im Jahr 2010 ausgezahlt, während die betriebliche Abfindung erst im Folgejahr zur Auszahlung kam. Der BFH sah – wie das Finanzgericht und das beklagte Finanzamt – in den beiden Teilbeträgen unselbstständige Teile einer Gesamtabfindung in Höhe von 115.000 EUR, sodass es um die Frage ging, ob die Auszahlung des Teilbetrags von 10.200 EUR im Jahr 2010 die Anwendung der Fünftelregelung des § 34 Abs. 1 EStG auf die Auszahlung der Abfindung im Jahr 2011 verhindert. Hiervon war das Finanzamt ausgegangen, weil die Vorauszahlung die 5 %-Grenze bezogen auf die Hauptleistung deutlich überschritt. Demgegenüber hat der BFH – ebenso wie das Finanzgericht – die Fünftelregelung für die Hauptleistung hier angewendet. Nach Auffassung des BFH steht zwar die Auszahlung einer einheitlichen Abfindung in 2 Veranlagungszeiträumen der Anwendung des ermäßigten Steuersatzes entgegen, weil Teilauszahlungen in solchen Fällen stets eine Progressionsmilderung bewirken. Gleichwohl bestehen hiervon Ausnahmen. Danach könne eine Teilauszahlung ausnahmsweise unschädlich sein, wenn anderenfalls der Zweck des Gesetzes verfehlt würde. Liegen keine besonderen Umstände vor, kommt es allein auf die Höhe der Teilleistung an. Die Auszahlung einer einheitlichen Abfindung in 2 Teilbeträgen steht danach der Anwendung des ermäßigten Steuersatzes ausnahmsweise nicht entgegen, wenn sich die Teilzahlungen im Verhältnis zueinander eindeutig als Haupt- und Nebenleistung darstellen und wenn die Nebenleistung geringfügig ist. Ob eine solche geringfügige Teilleistung vorliege, bestimme sich nach der individuellen Steuerbelastung des einzelnen Steuerpflichtigen. Eine starre Prozentgrenze (im Verhältnis der Teilleistungen zueinander oder zur Gesamtabfindung) sehe das Gesetz weder vor, noch könne sie die gesetzlich geforderte Prüfung der Außerordentlichkeit im Einzelfall ersetzen. Eine geringfügige Nebenleistung habe der BFH jedoch nicht mehr angenommen, wenn sie mehr als 10 % der Hauptleistung beträgt[4] (hier betrug die tarifliche Abfindung 8,87 % der Gesamtabfindung bzw. 9,73 % der Hauptleistung). Ergänzend sei aber zu berücksichtigen, dass die Nebenleistung niedriger war als die Steuerentlastung der Hauptleistung. Würde man demnach die Tarifermäßigung auf die Hauptleistung hier versagen, weil es zu Teilauszahlungen in verschiedenen Veranlagungszeiträumen kam, dann stünde der Kläger im Ergebnis besser da, wenn er die geringere Teilleistung nicht erhalten hätte, weil sie noch nicht einmal den steuerlichen Nachteil ausgleichen würde, denn sie verursacht hätte.

Daher ist nach Auffassung des BFH eine vorweg ausgezahlte Teilleistung einer einheitlichen Abfindung dann unschädlich, wenn sie unter Berücksichtigung der konkreten individuellen Steuerbelastung als geringfügig anzusehen ist. Dies ist der Fall, wenn sie niedriger ist als die tarifliche Steuerbegünstigung der Hauptleistung.

Die Finanzverwaltung ist dieser Auffassung des BFH im Grundsatz gefolgt und hat Rdnr. 8 des BMF-Schreibens vom 1.11.2013 entsprechend angepasst.[5] Dabei hält sie jedoch zunächst an ...

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