Diese Vorgehensweise einer gesonderten Niederschrift neben dem Arbeitsvertrag erscheint wenig sinnvoll und rechtlich bedenklich. Zutreffend ist allerdings die Ausgangsüberlegung, dass der übliche TVöD-Arbeitsvertrag die nach dem Nachweisgesetz erforderlichen Angaben enthält bis auf

  • den Arbeitsort
  • die Bezeichnung oder allgemeine Beschreibung der vom Arbeitnehmer zu leistenden Tätigkeit.
  • Die richtige Konsequenz hieraus ist jedoch nicht, eine gesonderte Niederschrift über diese beiden Punkte aufzunehmen, sondern sie in den Arbeitsvertrag zu integrieren. Entgegen der Auffassung der öffentlichen Arbeitgeber in ihrem Rundschreiben führt die gesonderte Aufführung dieser beiden Punkte nicht zu einem erweiterten Direktionsrecht. Denn bei der Niederschrift handelt es sich nicht etwa um die Konkretisierung des näheren Inhalts der Arbeitsverpflichtung, die der Arbeitgeber in Ausübung seines Direktionsrechts auf der Basis des Arbeitsvertrags zunächst mitteilt, sondern um eine Information über eine vertragliche Regelung. Die Niederschrift setzt eine bereits zuvor getroffene vertragliche Vereinbarung voraus, deren Inhalt durch die Niederschrift nunmehr fixiert und dem Arbeitnehmer mitgeteilt wird. Der Inhalt der Niederschrift ist also Vertragsinhalt.[1]

    Beim TVöD-Arbeitsvertrag kommt allerdings noch die Besonderheit hinzu, dass die Niederschrift zusätzliche Bestimmungen enthält, die möglicherweise zuvor nicht Gegenstand der Einigung mit dem Arbeitnehmer waren. Hier liegt in der Überreichung der Niederschrift das Angebot des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer, den Arbeitsvertrag um die zusätzlichen Bestimmungen zu ergänzen. Soweit der Beschäftigte die Niederschrift vorbehaltlos entgegennimmt und seine Arbeit fortsetzt, ist kraft schlüssigen Verhaltens der Arbeitsvertrag insoweit zustande gekommen bzw. ergänzt worden. Der Arbeitgeber kann später von der in der Niederschrift mitgeteilten Vertragsbestimmung nicht mehr einseitig kraft Direktionsrecht abweichen.

    Der hiervon abweichenden Auffassung der öffentlichen Arbeitgeber kann daher nicht gefolgt werden.

     
    Praxis-Beispiel

    In der Niederschrift zum Arbeitsvertrag wird als Arbeitsort die Dienststelle A und als Beschreibung der Tätigkeit "Bearbeitung von Sozialhilfeanträgen" angegeben. Damit ist dies Inhalt des Arbeitsvertrags geworden, da die Niederschrift ja nur wesentliche Vertragsbestandteile fixiert. Auf dieser vertraglichen Basis beruht das nunmehr stark eingeschränkte Direktionsrecht. Einseitig kann der Arbeitgeber keine andere Tätigkeit als die Bearbeitung von Sozialhilfeanträgen und dies auch nur innerhalb der Dienststelle A zuweisen. Für davon abweichende Weisungen bedarf es einer Änderungskündigung[2], es sei denn, in der Niederschrift ist zugleich auch ein Umsetzungsvorbehalt enthalten.

  • Im Übrigen dürfte die Handhabung gemäß den oben angeführten Rundschreiben auch gegen das Formerfordernis des § 2 TVöD verstoßen. Das Nachweisgesetz erzwingt ein Mindestmaß an Form, setzt darüber hinausgehende Formvorschriften, wie z. B. § 2 TVöD, aber nicht außer Kraft. § 2 TVöD verlangt Schriftform für alle vertraglichen Abreden, unabhängig davon, ob es sich um Haupt- oder Nebenabreden handelt. Hierbei handelt es sich um ein gesetzliches Schriftformerfordernis. Dies ist unstreitig für den Bereich des § 2 Abs. 3 TVöD (Nebenabreden) (St. Rspr. des BAG: BAG, Urt. v. 09.02.1972 – 4 AZR 149/71; BAG, Urt. v. 18.05.1977 – 4 AZR 47/76; BAG, Urt. v. 12.07.1983 – 3 AZR 129/81). Bei den hier infrage stehenden Punkten – Arbeitsort und Beschreibung der Tätigkeit – handelt es sich aber um Hauptabreden i. S. d. § 2 Abs. 1 TVöD. Aber auch § 2 Abs. 1 ist eine gesetzliche Formvorschrift. Dem steht nicht entgegen, dass § 2 Abs. 1 TVöD nur deklaratorische Wirkung zukommt. § 125 BGB sieht zwar als Rechtsfolge bei Nichteinhaltung der gesetzlichen Form grundsätzlich Nichtigkeit vor. Der Umkehrschluss, dass jede deklaratorische Formvorschrift keine gesetzliche Schriftform beinhalte, ist jedoch nicht zulässig. Denn § 125 BGB lässt Ausnahmen von der Nichtigkeitsfolge für den Fall zu, dass das betreffende Gesetz etwas anderes anordnet (vgl. z. B. §§ 55, 585 b, 1154 BGB).[3] Maßgebend ist daher die Frage, was unter "gesetzlicher" Schriftform in § 126 BGB zu verstehen ist. Gesetz i. S. d. BGB ist nach § 2 EGBGB jede Rechtsnorm. Hierunter fallen auch die normativen Teile von Tarifverträgen.[4] Die Bestimmung des § 2 Abs. 1 TVöD ist eine Inhaltsnorm und gehört als solche zum normativen Teil des Tarifvertrags.[5] Also handelt es sich hier um eine gesetzliche Schriftform i. S. v. § 126 BGB.

    § 126 Abs. 2 BGB erfordert zur Einhaltung der Schriftform bei Verträgen, dass die Unterzeichnung beider Parteien auf einer Urkunde erfolgen oder jede Partei die Vertragsurkunde des anderen unterzeichnen muss. Also müssen im Bereich des TVöD sämtliche Vertragsabreden von beiden Parteien unterzeichnet werden. Der Inhalt der Niederschrift fixiert lediglich vertragliche Abreden. Sonach wird durch die nur einseitig unterzeichnete Niederschrift ...

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