LAG Schleswig-Holstein, Urteil v. 7.8.2018, 1 Sa 23/18

Arbeitsverträge können durch konkludentes Verhalten der Vertragsparteien zustande kommen, wenn der Arbeitnehmer die Arbeit tatsächlich aufnimmt und der Arbeitgeber die jeweilige Arbeit annimmt. Diesem steht regelmäßig auch ein tarifliches Schriftformgebot nicht entgegen.

Sachverhalt

Der Kläger, Mitglied bei ver.di, ist seit 2006 bei einer Konzerntochter der Beklagten, welche an einem anderen Standort angesiedelt war, beschäftigt. Nachdem absehbar war, dass dieser Standort geschlossen werden sollte, wurde für den Kläger eine wohnortnahe Beschäftigung in einem anderen Konzernunternehmen gesucht, wozu die Beklagte ihm auch Willkommensinformationen zusandte. Zudem erklärte der zukünftige Vorgesetzte des Klägers diesem u. a., dass dieser am 1.6.2016 bei der Beklagten anfangen werde. Nachdem der Kläger in einer mit den Willkommensinformationen beigefügten Einverständniserklärung bestätigte, dass er mit Tätigkeit und Bezahlung einverstanden sei, nahm er im Juni 2016 seine Tätigkeit auf; er wurde hierzu auch vereinbarungsgemäß vergütet. Allerdings gab es keinen schriftlichen Arbeitsvertrag. Im September 2016 wurde dem Kläger sowie weiteren Mitarbeitern mitgeteilt, dass kein Arbeitsverhältnis mit der Beklagten bestehe, sondern der alte Arbeitgeber den Kläger und die weiteren Mitarbeiter an die Beklagte im Wege der Arbeitnehmerüberlassung verliehen habe. Dagegen wandte sich der Kläger.

Die Entscheidung

Die – rechtskräftige – Klage hatte Erfolg.

Das Gericht entschied, dass zwischen den Parteien seit dem 1.6.2016 ein Arbeitsverhältnis bestehe, da dieses nach den Grundsätzen des Allgemeinen Teils des BGB zustande gekommen war. Das Gericht führte hierzu aus, dass in Fällen wie hier, wenn ein Arbeitgeber durch einen nicht zum Abschluss von Arbeitsverträgen bevollmächtigten Mitarbeiter, wie z. B. einen zukünftigen Fachvorgesetzten, einem in einem anderen Unternehmen des Konzerns beschäftigten Mitarbeiter mitgeteilt hatte, er werde – unter Nennung der Kondition – zu ihm wechseln, ohne dass für den Arbeitnehmer Anhaltspunkte bestünden, dass tatsächlich nur eine Arbeitnehmerüberlassung beabsichtigt sei, dann gebe der Arbeitnehmer mit Aufnahme der Arbeit zu den neuen Arbeitsvertragsbedingungen ein konkludentes Angebot auf Abschluss eines Arbeitsvertrags ab. Und dieses Angebot nehme der Arbeitgeber grds. durch Eingliederung des Mitarbeiters in den Betrieb bzw. dadurch, dass er diesen widerspruchslos arbeiten lässt, konkludent an.

Zwar enthielt vorliegend der anzuwendende Tarifvertrag eine Schriftformklausel; diese sei, so das Gericht, jedoch nicht konstitutiv, d. h. der Arbeitsvertrag kam auch ohne Einhaltung der Schriftform wirksam zustande. Aufgrund der langjährigen Rechtsprechung des BAG zu tariflichen Schriftformklauseln, wonach diese grds. nur deklaratorische Wirkung haben, hätte dies – ein konstitutives Formerfordernis – ausdrücklich geregelt werden müssen. Da vorliegend nicht davon ausgegangen werden konnte, dass die Tarifvertragsparteien den Abschluss mündlicher Arbeitsverträge nicht als wirksam gelten lassen wollten, blieb es auch hier bei der vom BAG aufgestellten Regel.

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