Von der begrenzten Arbeitsunfähigkeit ist die stufenweise Wiedereingliederung abzugrenzen. Diese Maßnahme der beruflichen Rehabilitation ist in § 74 SGB V geregelt. Sind arbeitsunfähige Versicherte nach ärztlicher Feststellung in der Lage, ihre bisherige Tätigkeit teilweise zu verrichten, und können sie durch eine stufenweise Wiederaufnahme ihrer Tätigkeit voraussichtlich besser in das Erwerbsleben eingegliedert werden, soll der Arzt auf der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung Art und Umfang der infrage kommenden Tätigkeiten angeben und dabei in geeigneten Fällen die Stellungnahme des Betriebsarztes oder mit Zustimmung der Krankenkasse die Stellungnahme des medizinischen Dienstes einholen. Spätestens ab einer Dauer der Arbeitsunfähigkeit von 6 Wochen hat die ärztliche Feststellung regelmäßig mit der Bescheinigung über die Arbeitsunfähigkeit zu erfolgen. Während der stufenweisen Wiedereingliederung ist der Beschäftigte weiterhin arbeitsunfähig.

Aus der sozialversicherungsrechtlichen Hinweispflicht des Arztes folgt jedoch keine Verpflichtung der Arbeitsvertragsparteien, ein Wiedereingliederungsverhältnis durchzuführen. Nimmt der Beschäftigte eine (teilweise) Tätigkeit bei seinem Arbeitgeber im Rahmen der Wiedereingliederung auf, handelt es sich um kein Arbeitsverhältnis, soweit die Tätigkeit zu Rehabilitationszwecken erfolgt.[1] Das Wiedereingliederungsverhältnis ist vielmehr als Rechtsverhältnis eigener Art zwischen Arbeitgeber und arbeitsunfähigem Beschäftigten anzusehen, das regelmäßig ohne gegenseitige Rechtspflichten begründet wird. Das Wiedereingliederungsverhältnis ist nicht durch den Austausch von Leistung und Gegenleistung gekennzeichnet, sondern durch den Rehabilitationszweck. Insbesondere ist der Arbeitgeber nicht zur Zahlung des ursprünglichen Entgelts verpflichtet. Soweit der Beschäftigte allerdings über die zur Rehabilitation ausgeübte Tätigkeit hinaus Arbeitsleistungen für den Betrieb erbringt, hat er Anspruch auf entsprechendes Entgelt. Ansonsten ist der im Wiedereingliederungsverhältnis Tätige kein Beschäftigter i. S. d. Betriebsverfassungs- bzw. Personalvertretungsrechts, sodass Betriebs- und Personalrat keine Mitbestimmungsrechte hinsichtlich der Begründung oder der Aufhebung des Wiedereingliederungsverhältnisses oder des Einsatzes des arbeitsunfähigen Beschäftigten haben. Da der Arbeitgeber den Beschäftigten wegen des Ruhens der Hauptleistungspflichten nicht von der Arbeitspflicht befreien kann, ist auch der Urlaubsanspruch des Beschäftigten während des Wiedereingliederungsverhältnisses nicht erfüllbar.[2]

Vor Inkrafttreten des SGB IX bestand weitgehende Einigkeit, dass die in § 74 SGB V geregelte schrittweise Wiedereingliederung arbeitsunfähiger Beschäftigter vom Prinzip der Freiwilligkeit beherrscht wurde. Mit der Einführung der Präventions- und Teilhabevorschriften des SGB IX hat sich nach der Auffassung des BAG die Rechtslage geändert. Es ist darauf hinzuweisen, dass ein schwerbehinderter Beschäftigter nach § 164 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 SGB IX die Beschäftigung zur stufenweisen Wiedereingliederung verlangen kann[3]. Der Anspruch auf Beschäftigung setzt voraus, dass der Beschäftigte dem Arbeitgeber eine ärztliche Bescheinigung seines behandelnden Arztes vorlegt, aus der sich Art und Weise der empfohlenen Beschäftigung, Beschäftigungsbeschränkungen, Umfang der täglichen oder wöchentlichen Arbeitszeit sowie die Dauer der Maßnahme ergeben. Die Bescheinigung muss eine Prognose enthalten, wann "voraussichtlich" die Wiederaufnahme der Tätigkeit erfolgt. Jedoch kann der Arbeitgeber ausnahmsweise berechtigt sein, die Mitwirkung an der stufenweisen Wiedereingliederung zu verweigern und die Beschäftigung abzulehnen. Dies kann der Fall sein, wenn der Arbeitgeber aufgrund besonderer Umstände die Befürchtung hegen durfte oder musste, dass dem Beschäftigten aus der Maßnahme nachteilige gesundheitliche Folgen erwachsen[4]

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