Konflikte mit den Interessen der Beschäftigten können sich insbesondere ergeben, wenn von Beschäftigten ein Verzicht auf religiöse Betätigung verlangt wird, etwa auf das Tragen eines Kopftuchs einer Muslima. Dabei müssen die Interessen des Arbeitgebers auf einheitliche Kleidung und die grundrechtlich geschützte Glaubensfreiheit gegeneinander abgewogen werden.[1] Ein unberechtigtes Verlangen, ohne Kopftuch zu arbeiten, ist nicht vom Direktionsrecht des Arbeitgebers gedeckt.[2] Insbesondere von Lehrern, Ausbildern und Erziehern ist eine religiöse und weltanschauliche Neutralität zu verlangen.

Nach § 7 Abs. 8 des Gesetzes über die Betreuung und Förderung von Kindern in Kindergärten, anderen Tageseinrichtungen und der Kindertagespflege in Baden-Württemberg (Kindertagesbetreuungsgesetz – KiTaG) dürfen die Fachkräfte keine politischen, religiösen, weltanschaulichen oder ähnliche äußeren Bekundungen abgeben, die geeignet sind, die Neutralität des Trägers gegenüber Kindern und Eltern oder den politischen, religiösen oder weltanschaulichen Frieden in diesen Einrichtungen zu gefährden oder zu stören. Das BVerfG hat ein generelles Verbot des Tragens von Kopftüchern (zu: § 57 Abs. 4 SchulG NRW) als verfassungswidrig angesehen, denn eine bloße abstrakte Gefährdung des Schulfriedens oder der staatlichen Neutralität genüge für eine Untersagung nicht – erforderlich sei eine hinreichend konkrete Gefahr für den Schulfrieden oder die staatliche Neutralität. Wenn religiöse Bekundungen durch Lehrer in Schulen untersagt werden, muss dies für alle Religionen gelten. Offengelassen hat das Gericht, wann eine konkrete Gefahr für den Schulfrieden und die staatliche Neutralität gegeben ist.[3] Auch für ein Kopftuchverbot für Erzieherinnen an öffentlichen Kindertagesstätten muss das Vorliegen der konkreten Gefahr belegt und begründet werden.[4] Nach Ansicht des EuGH kann ein unternehmensinternes Verbot des Tragens eines islamischen Kopftuchs eine mittelbare Diskriminierung sein.[5]

Das Tragen eines Kopftuchs, das die Zugehörigkeit zum islamischen Glauben symbolisiert, kann der Arbeitnehmerin einer kirchlichen Einrichtung untersagt werden, da die Kundgabe einer abweichenden Religionszugehörigkeit mit der arbeitsvertraglichen Verpflichtung zu neutralem Verhalten nicht vereinbar ist.[6]

[3] BVerfG, Beschluss v. 27.1.2015, 1 BvR 471/10 – ergangen bei abweichender Meinung zweier Richter; das LAG Düsseldorf, an das das Verfahren zurückverwiesen wurde, hat mit Beschluss v. 1.6.2015, 5 Sa 307/15 nach Erklärung des beklagten Landes die streitbefangene Abmahnung nicht mehr aufrecht zu erhalten, dem Land die Kosten des Rechtsstreits auferlegt, weil es nach dem bisherigen Sach- und Streitstand voraussichtlich unterlegen wäre (BB 2015 S. 1652); siehe auch BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 27.6.2017, 2 BvR 1333/17; LAG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 9.2.2017, 14 Sa 1038/16.
[5] EuGH, Urteil v. 14.2.2017, C-157/15; Andreas Stein, Kopftuchverbot am Arbeitsplatz – Hat der EuGH das letzte Wort gesprochen?, NZA 2017 S. 828.

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