Eine Teilnahme am Streik wirkt sich nicht auf das Gleitzeitkonto eines Beschäftigten aus. Die Suspendierung der Hauptleistungspflichten führt zu einer entsprechenden Minderung des Arbeitzeitsolls. Gleiches gilt für Beschäftigte, die zwar nicht streiken, aufgrund von Streikfolgen jedoch nicht beschäftigt werden. Der Arbeitgeber ist zur Kürzung der Vergütung berechtigt.[1] Damit ist auch keine Nachholung der ausgefallenen Arbeitsstunden vorgesehen, vielmehr soll die Arbeitskampfmaßnahme zu einer Minderung der Vergütung führen.

Die Frage, ob im Falle der Teilnahme an einem Streik ein Lohnabzug oder eine Belastung des Gleitzeitkontos erfolgen soll, kann durch eine Betriebsvereinbarung vereinbart werden. Sieht eine Betriebsvereinbarung vor, den Stand des Gleitzeitkontos auf der Grundlage der vom Arbeitnehmer geschuldeten Arbeitszeit zu berechnen und enthält sie zur Arbeitszeitberechnung während der Teilnahme an einem Streik keine Regelung, so bleiben Zeiten außer Betracht, in denen die Arbeitspflicht wegen Teilnahme an einem Arbeitskampf geruht hat.[2]

Ein Beschäftigter, der an einem Streik während der Gleitzeit teilgenommen hat und sich zuvor ordnungsgemäß ausgestempelt bzw. abgemeldet hat, streikt nicht im Rechtssinne. Für die Arbeitszeitberechnung und eine etwaige Kürzung des Entgelts wird nur auf die in der Kernarbeitszeit liegende ausgefallene Arbeitszeit abgestellt. Die Zeit während der Gleitzeit ist Freizeit, die der Beschäftigte nach freiem Belieben nutzen kann. Damit fehlt es an einer kollektiven Vorenthaltung der vertraglich geschuldeten Arbeitszeit, sodass kein Streik gegeben ist. Eine Minderung der vertraglich geschuldeten Sollarbeitszeit erfolgt somit nicht.[3]

 
Praxis-Beispiel

In vielen Verwaltungen mit gleitender Arbeitszeit endet die Kernzeit um 15 Uhr und es schließt sich dann eine Gleitzeit an. Stempelt sich der Beschäftigte zum Streik um 14 Uhr aus und um 16 Uhr wieder ein, so ist sein Entgelt für die eine Stunde in der Kernzeit (14 bis 15 Uhr) zu kürzen. Die Zeit von 15 bis 16 Uhr gilt als Freizeit.

Verlassen Beschäftigte zur Teilnahme an einer Arbeitskampfmaßnahme die Verwaltung bzw. den Betrieb, so haben sie die Zeiterfassungsmaßnahmen zu betätigen. Soweit es sich um elektronische Zeiterfassungseinrichtungen handelt, wird durch eine Betätigung beim Verlassen des Betriebs bzw. des Geländes das Arbeitszeitsoll in der Regel nicht reduziert. In diesem Fall ist es wichtig, dass die Streikenden auf Veranlassung des Arbeitgebers in eine Liste Beginn und Ende der Streikteilnahme eintragen. Eine Nichtbefolgung der Verpflichtung zur Betätigung der Zeiterfassung stellt einen Pflichtenverstoß dar, der dem Vertrauensbereich zuzuordnen ist und vom Arbeitgeber abgemahnt werden kann.[4]

 
Wichtig

Die Gewerkschaften leiten aus dem Urteil des BAG vom 26.7.2005, 1 AZR 133/04 ab, dass die Beschäftigten beim Arbeitskampf nicht verpflichtet seien, die Zeiterfassung zu betätigen, d. h. sich auszustempeln. Dies lässt sich jedoch dem Urteil nicht eindeutig entnehmen. Durch die Streikteilnahme werden die Hauptleistungspflichten suspendiert, die Nebenpflichten, wie die Betätigung der Zeiterfassung, bleiben hingegen bestehen.[5] Nach einem gewerkschaftlichen Streikaufruf ist es Sache eines jeden Beschäftigten, der die Arbeit niederlegt, seine Streikbeteiligung ausdrücklich oder schlüssig gegenüber dem Arbeitgeber zu erklären. Es reicht also nicht aus, dass "sich der Arbeitnehmer vom Arbeitsplatz schleicht".

Ohne die Verpflichtung der Beschäftigten, sich auszustempeln, wäre es dem Arbeitgeber nahezu unmöglich festzustellen, wer gestreikt hat und in welcher Zeit. Damit könnte er sein Recht, bei Streikmaßnahmen die Entgeltzahlung für die Zeit der Arbeitsniederlegung einzustellen, nicht mehr ausüben. Dies wäre ein nicht hinzunehmender Eingriff in die Arbeitskampfparität.

Die Aufforderung des Arbeitgebers an die Beschäftigten, im Falle der Teilnahme an einem Warnstreik das Zeiterfassungssystem zu bedienen, um so Beginn und Ende der Arbeitszeitunterbrechung festzustellen, unterliegt nicht der Mitbestimmung des Personalrats. Zwar enthält § 74 Abs. 4 des Landespersonalvertretungsgesetzes für Nordrhein-Westfalen eine Verpflichtung zur Mitbestimmung "bei einer Regelung der Ordnung in der Dienststelle und des Verhaltens der Beschäftigten", es fehlt aber an einer Regelung bzw. Maßnahme, da nur eine Rechtsansicht zum Ausdruck gebracht wird, und selbst wenn es eine Regelung wäre, diese unmittelbar den Ablauf des Dienstes beträfe und damit nicht der Mitbestimmung unterläge.[6]

 
Praxis-Tipp

Nehmen Sie als Arbeitgeber im Fall eines Streiks stets eine Kürzung des Entgelts vor und seien Sie nicht mit einer Nachholung der durch den Streik versäumten Arbeitszeit einverstanden. Die Praxis hat gezeigt, dass Betriebe und Verwaltungen, die eine Nachholung der Arbeitszeit gestatten, besonders häufig von Streiks betroffen sind, da die Gewerkschaften bei Arbeitskämpfen in diesen Betrieben ihre Streikkasse schonen.

Die Kürzung des Entgelts für tageweise Strei...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt TVöD Office Professional. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge