Die Regelung enthält 3 unterschiedliche Anwendungsbereiche, nämlich die schwere Erkrankung eines Angehörigen, eines Kindes unter 12 Jahren sowie einer Betreuungsperson.

  • Schwere Erkrankung eines Angehörigen

    Hinsichtlich des Begriffs des Angehörigen kann wie bei § 11 TVöD auf die Legaldefinition des § 20 Abs. 5 des VwVfG zurückgegriffen werden. Diese Vorschrift lautet wie folgt:

    Angehörige i. S. d. Abs. 1 Nrn. 2 und 4 sind:

    1. der Verlobte, auch i. S. d. Lebenspartnerschaftsgesetzes,
    2. der Ehegatte,
    2a. der Lebenspartner,
    3. Verwandte und Verschwägerte gerader Linie,
    4. Geschwister,
    5. Kinder der Geschwister,
    6. Ehegatten der Geschwister und Geschwister der Ehegatten,
    6a. Lebenspartner der Geschwister und Geschwister der Lebenspartner,
    7. Geschwister der Eltern,
    8. Personen, die durch ein auf längere Dauer angelegtes Pflegeverhältnis mit häuslicher Gemeinschaft wie Eltern und Kind miteinander verbunden sind (Pflegeeltern und Pflegekinder).

    Angehörige sind die in Satz 1 aufgeführten Personen auch dann, wenn

    1. in den Fällen der Nrn. 2, 3 und 6 die die Beziehung begründende Ehe nicht mehr besteht;
    1a. in den Fällen der Nrn. 2a, 3 und 6a die die Beziehung begründende Lebenspartnerschaft nicht mehr besteht;
    2. in den Fällen der Nrn. 3 bis 7 die Verwandtschaft oder Schwägerschaft durch Annahme als Kind erloschen ist;
    3. im Falle der Nr. 8 die häusliche Gemeinschaft nicht mehr besteht, sofern die Personen weiterhin wie Eltern und Kind miteinander verbunden sind.

    Partner einer eheähnlichen Gemeinschaft sind somit hiervon nicht erfasst. Aufgrund der Regelung in bb) fällt ein Kind unter 12 Jahren ebenfalls nicht unter diese Vorschrift.

    Der Angehörige muss schwer erkrankt sein. Das Vorliegen einer derart schweren Erkrankung wird indiziert durch die Notwendigkeit zur Pflege durch den Arbeitnehmer; d. h. die Erkrankung muss den Betreuungsbedarf auslösen, da der erkrankte Angehörige bzw. das erkrankte Kind der Betreuung unerlässlich bedarf.[1] Diese Notwendigkeit zur vorläufigen Pflege muss durch eine ärztliche Bescheinigung nachgewiesen sein.

    Auch bei Vorliegen einer schweren Erkrankung und der Notwendigkeit der vorläufigen Pflege besteht ein Anspruch auf Freistellung nur, soweit eine andere Person zur Pflege oder Betreuung nicht sofort zur Verfügung steht. Der Beschäftigte muss also von der Erkrankung des Angehörigen überrascht worden sein, und eine andere Pflegeperson darf nicht sofort zur Verfügung stehen. Diese mangelnde Verfügbarkeit einer anderen Person für die Pflege hat der Beschäftigte darzulegen und im Streitfall zu beweisen.

    Der Angehörige muss auch in demselben Haushalt (i. S. einer Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft) des Beschäftigten leben. Das gemeinsame Zusammenleben im selben Haus genügt nicht, sofern jede Partei einen eigenen Haushalt führt.

    Der Beschäftigte muss auf Verlangen des Arbeitgebers alle Voraussetzungen nachweisen.

    Der Umfang des Freistellungsanspruchs beträgt 1 Arbeitstag im Kalenderjahr. Daraus ergibt sich, dass der Freistellungsanspruch nicht die Pflege des Erkrankten durch den Angestellten gewährleisten soll. Vielmehr geht es nur darum, den Zeitraum zu überbrücken, bis eine andere Person zur Pflege zur Verfügung steht. Bei einer erneuten Erkrankung mit Pflegebedarf besteht kein weiterer Anspruch auf bezahlte Freistellung. Insbesondere ergibt sich ein derartiger Anspruch auch nicht aus § 29 Abs. 3 Satz 1 TVöD. Der Beschäftigte ist in einem derartigen Fall darauf verwiesen, entweder unbezahlte kurzfristige Arbeitsbefreiung nach § 29 Abs. 3 Satz 2 TVöD oder aber Urlaub zu beantragen.

    Nach dem Wortlaut besteht ein Anspruch auf Arbeitsbefreiung nur für ganze Tage. Allerdings hat für den Bundesdienst das BMI ab dem 1.9.2008 widerruflich (für alle 3 Fallgestaltungen des Abs. 1 Ziff. e) eine flexiblere Handhabe zugelassen, sodass es auch z. B. möglich ist, halbe Freistellungstage zu gewähren.[2]

  • Schwere Erkrankung eines Kindes unter 12 Jahren

    Bei schwerer Erkrankung eines Kindes, das das 12. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, besteht ein Anspruch auf Arbeitsbefreiung bis zu 4 Arbeitstagen im Kalenderjahr. "Kind" i. S. d. Vorschrift ist das eigene oder das angenommene Kind, aber auch das Pflege- oder Stiefkind (vgl. oben unter 3.2). Voraussetzung für den Anspruch nach bb) ist, dass im laufenden Kalenderjahr kein Anspruch nach § 45 SGB V besteht oder bestanden hat. Nach der Neufassung des § 45 SGB V wird seit 1.1.1992 ein dem § 29 TVöD vorrangiger Anspruch des Beschäftigten auf Zahlung von Krankengeld gegenüber den Krankenkassen für die Dauer von bis zu 10 Arbeitstagen pro Kalenderjahr (Alleinerziehende 20 Arbeitstage) zur Pflege eines erkrankten Kindes gewährt, das das 12. Lebensjahr noch nicht vollendet hat. Zudem besteht ein Anspruch auf unbezahlte Freistellung gegenüber dem Arbeitgeber. Da durch die Einführung eines neuen Abs. 5 in § 45 SGB V zum 1.8.2002 dieser Anspruch auf Arbeitsbefreiung auch Arbeitnehmern zusteht, die keinen Anspruch auf Krankengeld haben (z. B. privat oder nicht Versicherte), somit ...

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