Der Beschäftigte schuldet seinem Arbeitgeber aus der arbeitsvertraglichen Beziehung dauernd seine persönliche Arbeitsleistung (§ 613 BGB).[1] Daher ist es nicht möglich, dass sich ein Arbeitnehmer durch einen anderen vertreten lässt. Dies wäre vielleicht bei einfacheren Tätigkeiten, wie dem Reinigungsbereich, einem Fahrdienst oder einer nächtlichen Schließkontrolle, theoretisch denkbar. Da die Arbeitsleistung persönlich geschuldet ist, ist aber in allen Fällen eine Vertretung ausgeschlossen.[2] Mitunter ist er hieran durch äußere Umstände (objektive Unmöglichkeit, § 275 Abs. 1 BGB) oder aus persönlichem Anlass (subjektive Unmöglichkeit, § 275 Abs. 3 BGB) gehindert, wie etwa bei Geburt, Sterbefall, Musterung, Vorladungen bei Behörden und Gerichten, ehrenamtlicher Tätigkeit, Verkehrsstau, Hochzeit etc. Hat weder der Beschäftigte noch der Arbeitgeber die Verhinderung zu vertreten, so gilt zunächst der Grundsatz "ohne Arbeit keinen Lohn".[3]

Dieser Grundsatz wird im allgemeinen Arbeitsrecht (§ 616 BGB) durchbrochen für die Fälle, in denen der Beschäftigte vorübergehend aus persönlichem Grund und ohne sein Verschulden an der Erbringung seiner Arbeitsleistung verhindert ist. Der persönliche Verhinderungsgrund muss die Arbeitsleistung nicht notwendig unmöglich machen; es genügt, wenn dem Arbeitnehmer nach Treu und Glauben die Arbeitsleistung nicht zumutbar ist, wie z. B. Geburt, Sterbefall oder Begräbnis in der Familie. Dieser Anspruch auf Fortzahlung der Vergütung kann einzel- wie tarifvertraglich erweitert, eingeschränkt oder ausgeschlossen werden.[4] Bestimmt demnach ein Tarifvertrag, unter welchen Voraussetzungen und aus welchen Anlässen ein Vergütungsanspruch zuerkannt ist, sind Ansprüche nach § 616 BGB ausgeschlossen. Eine solch abschließende spezielle Regelung ist § 29 TVöD, was auch durch seine Bezugnahme auf § 616 BGB deutlich wird.

Damit hat die Grundregelung des § 616 BGB für das TVöD-Arbeitsverhältnis keine unmittelbare Bedeutung. Ein Anspruch auf Arbeitsbefreiung bei persönlicher Arbeitsverhinderung über die Regelung des § 29 TVöD hinaus, z. B. bei goldener Hochzeit der Eltern oder Hochzeit des Kindes, besteht nicht. Mittelbar kann jedoch § 616 BGB weiterhin Wirkung entfalten, da bei der Auslegung der speziellen Regelung des § 29 TVöD in Zweifelsfällen auf Sinn und Zweck der Grundregelung des § 616 BGB zurückzugreifen ist.

 
Praxis-Tipp

Nicht tarifgebundene TVöD-Anwender können sowohl § 29 TVöD als auch den Vergütungsanspruch nach § 616 BGB zum Teil oder insgesamt ausschließen. Eine Formulierung im Vertrag könnte etwa lauten: "Vergütet wird nur die tatsächlich geleistete Arbeit. § 29 TVöD sowie § 616 BGB sind ausgeschlossen."

Die Regelung in § 29 TVöD ist bis auf Abs. 4 (Erhöhung auf 8 Werktage und Erweiterung um Landesfachbereichsvorstände) und Wegfall der Protokollnotiz inhaltsgleich mit der bisherigen Regelung in § 52 BAT. Daher kann auf die bisherige Anwendungspraxis Bezug genommen werden.

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