Soweit es um die Bedingungen für den Zugang zur Erwerbstätigkeit sowie den beruflichen Aufstieg geht, gelten die arbeitsrechtlichen Bestimmungen des AGG "entsprechend" für Selbstständige (z. B. freie Mitarbeiter, Handelsvertreter) und Organmitglieder, insbesondere für Geschäftsführer und Vorstände.

Der Gesetzgeber geht von insoweit vergleichbaren Interessenlagen aus. Daraus folgt, dass zwar auch beim Abschluss von Dienst- oder Werkverträgen, dem Wechsel von Arbeitnehmern in die Geschäftsführung oder der Entscheidung über den Vorsitzenden einer Geschäftsführung auf die Einhaltung des allgemeinen Diskriminierungsverbots geachtet werden muss. Ob – was sinnvoll wäre – die "entsprechende" Anwendung einen größeren Gestaltungsspielraum erlaubt, macht der Gesetzgeber bedauerlicherweise nicht erkennbar.

Ebenfalls zu beachten ist das AGG bei einer Verlängerung befristeter Verträge von Organmitgliedern.

 

Beispiel[1]

In einer Kölner Klinikgesellschaft wurde der 5-Jahresvertrag eines 62-jährigen Geschäftsführers nicht mehr verlängert. Zur Begründung erklärte der Aufsichtsratsvorsitzende im Kölner Stadtanzeiger, eine Weiterbeschäftigung komme wegen des Alters nicht mehr in Betracht, insbesondere strebe die Stadt bei Leitungsämtern eine Altersgrenze von 65 Jahren an. Man habe einer jüngeren Person den Vorzug gegeben, weil der Umbruch auf dem Gesundheitsmarkt eine langfristige Lösung verlangt habe. Eingestellt wurde ein 41-jähriger Nachfolger. Hierin sah das Gericht eine unzulässige Benachteiligung wegen des Alters. Damit hatte die Beklagte entsprechend der Beweislastregel des § 33 AGG zu beweisen, dass gleichwohl keine Altersdiskriminierung vorliege. Diesen Gegenbeweis hat die Beklagte nicht geführt. Von den als Entschädigung für den immateriellen Schaden geforderten 110.000 EUR hat das OLG 36.000 EUR zuerkannt. Dies erschien dem BGH als zu gering und er hat das Urteil teilweise aufgehoben und zurückverwiesen. Neben der Entschädigung hat das OLG noch über die Höhe des materiellen Schadens (Verdienstausfall) zu entscheiden.

[1] BGH, Urteil v. 23.4.2012, II ZR 163/10.

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