1 Einleitung

Die Abmahnung als solche gesetzlich nicht näher geregelt. Sie wird lediglich in verschiedenen Gesetzen erwähnt, so z. B. in § 314 Abs. 2 und § 323 Abs. 3 BGB sowie in § 12 Abs. 3 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG). Außerdem unterliegt sie nach mehreren Landespersonalvertretungsgesetzen der Beteiligung des Personalrats in unterschiedlicher Ausprägung (vgl. 9.1). Nicht zuletzt enthalten das i Bundesgleichstellungsgesetz (vgl. 9.1) und das Landesgleichstellungsgesetz Rheinland-Pfalz (vgl. 9.1 unter Rheinland-Pfalz) ausdrückliche Regelungen zu den Rechten der Gleichstellungsbeauftragter bei Abmahnungen.

Die Abmahnung ist vom Bundesarbeitsgericht (BAG) entwickelt worden. Sie beruht auf dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, der das gesamte Kündigungsschutzrecht beherrscht.

2 Voraussetzungen

2.1 Definition

Eine Abmahnung liegt vor, wenn der Arbeitgeber in einer für den Arbeitnehmer hinreichend deutlich erkennbaren Art und Weise Leistungsmängel beanstandet und damit den Hinweis verbindet, dass im Wiederholungsfall der Inhalt oder der Bestand des Arbeitsverhältnisses gefährdet ist. Diese Definition aus dem Jahr 1980[1] ist noch heute aktuell.

2.2 Erforderlichkeit

Die Definition der Abmahnung macht deutlich, dass sie grundsätzlich nur vor einer verhaltensbedingten Kündigung erforderlich ist. Personenbedingte Gründe (insbesondere Krankheit) kann der Arbeitnehmer im Regelfall nicht beeinflussen, sodass die Zielrichtung der Abmahnung, dem Arbeitnehmer zur Vermeidung einer Kündigung eine Chance zu geben, in derartigen Fällen ins Leere geht. Gleiches gilt für dringende betriebliche Erfordernisse, die die Voraussetzung einer betriebsbedingten Kündigung bilden.

Nicht jede verhaltensbedingte Kündigung setzt eine vorangegangene vergebliche Abmahnung voraus. Die früher vom BAG gemachte Unterscheidung zwischen Störungen im Leistungsbereich (Abmahnung erforderlich) und Störungen im Vertrauensbereich (Abmahnung nicht erforderlich) ist seit Längerem überholt. Nach der weiter entwickelten Rechtsprechung des BAG[1] ist auch bei Störungen im Vertrauensbereich das Abmahnungserfordernis stets zu prüfen. Eine Abmahnung ist auch in diesen Fällen notwendig, wenn es um ein steuerbares Verhalten des Arbeitnehmers geht und eine Wiederherstellung des Vertrauens erwartet werden kann.

Das BAG spricht neuerdings vom sog. Prognoseprinzip, das für eine verhaltensbedingte Kündigung gilt. Der Zweck dieser Kündigung ist – so das BAG – nicht eine Sanktion für eine begangene Pflichtverletzung, sondern die Vermeidung des Risikos weiterer Pflichtverletzungen. Die zurückliegende Pflichtverletzung muss sich deshalb noch in der Zukunft belastend auswirken. Eine negative Prognose liegt vor, wenn aus der konkreten Pflichtverletzung und der daraus resultierenden Vertragsstörung geschlossen werden kann, der Arbeitnehmer werde auch künftig den Arbeitsvertrag nach einer Kündigungsandrohung erneut in gleicher oder ähnlicher Weise verletzen.

Deshalb setzt eine Kündigung wegen einer Vertragspflichtverletzung regelmäßig eine Abmahnung voraus. Diese dient der Objektivierung der negativen Prognose. Liegt eine ordnungsgemäße Abmahnung vor und verletzt der Arbeitnehmer erneut seine vertraglichen Pflichten, kann regelmäßig davon ausgegangen werden, es werde auch künftig zu weiteren Vertragsstörungen kommen.[2] Die Abmahnung ist aber auch Ausdruck des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes. Eine Kündigung ist nicht gerechtfertigt, wenn es andere geeignete mildere Mittel gibt, um die Vertragsstörung zukünftig zu beseitigen.[3]

2.3 Entbehrlichkeit

Aus der Rechtsprechung des BAG folgt, dass eine Abmahnung in Ansehung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes nur dann entbehrlich ist, wenn eine Verhaltensänderung in Zukunft selbst nach einer Abmahnung nicht zu erwarten ist oder es sich um eine so schwere Pflichtverletzungen handelt, dass eine Hinnahme des Verhaltens durch den Arbeitgeber offensichtlich – auch für den Arbeitnehmer erkennbar – ausgeschlossen ist. Dies gilt auch bei Störungen im Vertrauensbereich[1]. Typische Beispiele hierfür sind grundsätzlich strafbare Handlungen des Arbeitnehmers zum Nachteil des Arbeitgebers.

Dies gilt jedoch seit dem sog. Fall "Emmely"[2] nicht mehr ohne Weiteres. Das BAG hält zwar an seiner bisherigen Rechtsprechung fest, wonach rechtswidrige und vorsätzliche Handlungen des Arbeitnehmers, die sich unmittelbar gegen das Vermögen des Arbeitgebers richten, auch dann einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung sein können, wenn die Pflichtverletzung Sachen von nur geringem Wert betrifft oder nur zu einem geringfügigen, möglicherweise zu gar keinem Schaden geführt hat. Da es jedoch im Zusammenhang mit strafbaren Handlungen keine absoluten Kündigungsgründe (also ohne vorhergehende Abmahnung) gebe, bedürfe es stets einer umfassenden, au...

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