Unwirksame Kündigung wegen Beleidigung
Im Arbeitsverhältnis bleiben Konflikte nicht außen vor. Wenn die Situation eskaliert und unangemessene, beleidigende Äußerungen insbesondere gegen die eigene Vorgesetzte fallen, kommt es häufig zu Abmahnungen oder Kündigungen. Nicht immer ist die Sachlage eindeutig. So auch im vorliegenden Fall eines Arbeitnehmers, der seinem Ärger über zu viel Druck durch die Vorgesetzte während der Schichtarbeit Luft machte. Ob er dabei auf türkisch sagte: "Du hast die Mutter der Schicht gefickt" oder "Du hast die Schichtmutter weinen lassen" war zwischen den Parteien streitig. Nach der Beweisaufnahme war das Gericht überzeugt, dass die Kündigung unverhältnismäßig war.
Der Fall: Kündigung wegen Beleidigung der Vorgesetzten
Der Arbeitnehmer arbeitete seit dem Jahr 2020 im Verteilzentrum einer Handelsgruppe. Dort war er zuletzt als "Sortation Associate" in Dauernachtschicht tätig. Bereits im April 2024 erteilte der Arbeitgeber ihm eine Abmahnung mit dem Vorwurf, seinen Arbeitsplatz verlassen zu haben, sowie eine Abmahnung mit dem Vorwurf, Vorgesetzte beleidigt zu haben.
Mitte August 2024 kam es dann zwischen dem Arbeitnehmer und einer neuen Vorgesetzten zu Differenzen, die zur Kündigung führten. Dem Arbeitgeber zufolge ignorierte der Arbeitnehmer die Anweisung der Vorgesetzten, andere Mitarbeitende zu unterstützen. Er habe zu dieser gesagt, dass sie ihm nichts sagen könne. Sie sei noch ein Kind. Als diese ihn gebeten habe, die Halle zu verlassen, um sich zu beruhigen, habe der Arbeitnehmer aufbrausend reagiert und auf Türkisch gesagt: "Du hast die Mutter der Schicht gefickt".
Der Arbeitgeber kündigte das Arbeitsverhältnis daraufhin ordentlich zum 31. Oktober 2024.
Arbeitnehmer fühlt sich falsch verstanden
Der Arbeitnehmer wehrte sich gegen die Kündigung. Er rechtfertigte sich damit, dass er in türkischer Sprache gesagt habe "Du hast die Schichtmutter weinen lassen". Dies bedeute im Deutschen sinngemäß, es werde in der Schicht viel Druck ausgeübt. Der türkische Ausdruck könne leicht missverstanden und mit der unanständigen Version verwechselt werden. Dies sei wohl wegen der Entfernung und der Lautstärke von der Vorgesetzten falsch verstanden worden.
LAG Düsseldorf: Kündigung war unverhältnismäßig
Das Arbeitsgericht Düsseldorf wies die Kündigungsschutzklage ab. In zweiter Instanz vor dem LAG Düsseldorf hatte der Arbeitnehmer dann Erfolg. Das LAG kam zum Ergebnis, dass die Kündigung unwirksam war. In der Beweisaufnahme hatte das Gericht die Vorgesetzte, einen Kollegen, der bei dem Gespräch anwesend war, sowie den Schichtführer, der mit allen Beteiligten nach dem Vorfall gesprochen hatte, vernommen.
Demnach hielt die Kammer es zwar für erwiesen, dass der Arbeitnehmer sich im Wesentlichen so wie vom Arbeitgeber behauptet geäußert hat. Allerdings hätte sich aus den Zeugenaussagen ergeben, dass die Äußerungen nicht als schwerwiegende, persönlich herabwürdigende Beleidigungen gemeint und zu verstehen waren. Vielmehr war es aus Sicht der Richter eine in vulgärer Sprache geäußerte Kritik, die sich auf die Art und Weise der Schichtführung als solche bezog. Angesichts der besonderen Umstände einer Konfliktsituation einerseits sowie unter Abwägung der wechselseitigen Interessen andererseits hielt die Kammer den Ausspruch einer Kündigung für unverhältnismäßig.
Das LAG Düsseldorf hat die Revision nicht zugelassen.
Hinweis: Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Urteil vom 18.11.2025, Az. 3 SLa 699/24; Vorinstanz: Arbeitsgericht Düsseldorf, Urteil vom 14.11.2024, Az. 1 Ca 1201/24
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