MINT-Report 2025: Fachkräftemangel weiter auf hohem Niveau

Die MINT-Fachkräftelücke bleibt trotz konjunktureller Abkühlung hoch. 163.600 MINT-Arbeitsplätze können aktuell nicht besetzt werden. Dies geht aus dem aktuellen MINT-Report des Instituts für deutsche Wirtschaft (IW) hervor. Auch der öffentliche Dienst ist dringend auf MINT-Fachkräfte angewiesen – vor allem in den Bereichen IT und Ingenieurwesen.

Die ambitionierten Ziele der Bundesregierung in den Bereichen Digitalisierung, Klimaschutz und Verteidigung erfordern eine hohe Anzahl gut ausgebildeter MINT-Fachkräfte (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft, Technik). Der aktuelle MINT-Frühjahrseport 2025 offenbart jedoch eine Lücke von 163.600 MINT-Fachkräften.

MINT: 163.000 Fachkräfte fehlen

Mit rund 89.600 Personen bilden die MINT-Facharbeiterberufe (Berufsausbildung) im April 2025 die größte Engpassgruppe, gefolgt von rund 56.600 Personen im Segment der sogenannten MINT-Expertenberufe (Akademiker) sowie rund 17.400 im Bereich der Spezialisten- beziehungsweise Meister- und Technikerberufe. Die größten Engpässe bestehen in Energie-/Elektroberufen (rund 57.800), Maschinen- und Fahrzeugtechnik (rund 32.400), Bauberufen (rund 26.100), Metallverarbeitung (rund 24.200) und IT (rund 11.200). In den anderen MINT-Bereichen fehlen in Summe 11.900 Personen. Durch den demografischen Wandel und sinkende Absolventenzahlen verschärft sich der Fachkräftemangel weiter.

Der MINT-Report wird zweimal jährlich vom Institut der deutschen Wirtschaft Köln erstellt. Die Studie entsteht im Auftrag der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände, dem Arbeitgeberverband Gesamtmetall sowie der bundesweiter Initiative "MINT Zukunft schaffen".

MINT-Fachkräfte sind Schlüssel für Innovationskraft, Transformation, Infrastruktur und Verteidigung

"Der neue Koalitionsvertrag betont zurecht, dass Deutschland vor historischen Aufgaben steht. Die Voraussetzungen für Innovationskraft, eine erfolgreiche Transformation und Wachstum müssen verbessert und Investitionen in Verteidigung und Infrastruktur erhöht werden", sagt Prof. Dr. Axel Plünnecke, Leiter der Studie und des Themenclusters Bildung, Innovation und Migration am Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW). "Um dafür die notwendigen Voraussetzungen zu schaffen, muss die MINT-Fachkräftelücke dringend geschlossen werden." 

Der MINT-Report zeigt: Die erfolgreiche Umsetzung der Regierungsvorhaben erfordert eine deutliche Stärkung der MINT-Fachkräftebasis – sonst drohen Verzögerungen und Zielverfehlungen. Um beispielsweise die Forschungsausgaben auf die angepeilten 3,5 Prozent zu erhöhen, werden rund 50.000 MINT-Fachkräfte zusätzlich benötigt. Für die Umsetzung der geplanten Maßnahmen im Bereich Verteidigung steigt der Bedarf auf weitere 30.000 bis 50.000 MINT-Fachkräfte. Auch für Klimaschutz und Infrastrukturinvestitionen werden zusätzliche MINT-Fachkräfte benötigt.

MINT-Fachkräftesicherung: Ausländische Arbeitnehmende leisten großen Beitrag

Das im Durchschnitt aller MINT-Berufe zu beobachtende Beschäftigungswachstum in Höhe von 14,7 Prozent ist zu großen Teilen ausländischen Arbeitskräften zu verdanken, deren weit überproportionaler Beitrag zur Fachkräftesicherung im MINT-Segment vom Elektriker bis zur Ingenieurin reicht. Im Durchschnitt aller MINT-Berufe konnte die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung deutscher Arbeitskräfte vom vierten Quartal 2012 bis zum dritten Quartal 2024 nur um 7,2 Prozent gesteigert werden, die der ausländischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer hingegen um 118,2 Prozent.

Wäre die MINT-Beschäftigung der Ausländerinnen und Ausländer in den drei Arbeitsmarktsegmenten nur in der Dynamik gestiegen wie die MINT-Beschäftigung der Deutschen, wären nicht 933.100, sondern gut 458.400 Ausländerinnen und Ausländer in MINT-Berufen beschäftigt, sodass zusätzlich rund 474.700 MINT- Beschäftigte in Deutschland fehlen würden. Ohne den Beitrag von ausländischen MINT-Arbeitskräften zur Fachkräftesicherung wäre die Fachkräftelücke deutlich größer.

Anteil Älterer in MINT-Berufen nimmt deutlich zu

Der Anteil älterer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer an allen MINT- Arbeitnehmerinnen und MINT-Arbeitnehmern ist im Bundesdurchschnitt zwischen dem vierten Quartal 2012 und dem dritten Quartal 2024 von 15,1 Prozent auf 22,7 Prozent gestiegen ist.

Frauenanteil in MINT-Berufen weiterhin niedrig

Noch immer entscheiden sich deutlich weniger Frauen als Männer für eine Ausbildung in einem MINT-Ausbildungsberuf oder für ein MINT-Studium. In der Folge sind weniger Frauen in einem MINT-Beruf erwerbstätig. Immerhin hat sich der Anteil der Frauen in MINT-Berufen im Bundesdurchschnitt zwischen dem vierten Quartal 2012 und dem dritten Quartal 2024 von 13,8 Prozent auf 16,4 Prozent leicht erhöht. In absoluten Zahlen ist dies ein Anstieg von 875.100 auf 1.188.100 Frauen, die in einem MINT-Beruf arbeiten.

Der Frage, warum bei der Studienfach- oder Berufswahl eine so große Geschlechterlücke im MINT-Bereich klafft, sind Forscher des EPoS Economic Research Center an den Universitäten Bonn und Mannheim nachgegangen – mit überraschendem Ergebnis: Junge Frauen entscheiden sich erst dann mit derselben Wahrscheinlichkeit für einen MINT-Studiengang, wenn ihr persönlicher Leistungsvorteil gegenüber anderen Fächern viermal höher ist als bei Männern mit gleichen MINT-Leistungen und schlechteren Gesamtnoten. Neben den Leistungen in MINT-Fächern hat laut der Studie noch ein weiterer Aspekt Einfluss auf die Studien- und Berufswahl: Studentinnen in MINT-Fächern befürchten im späteren Berufsleben deutlich häufiger als in anderen Fachrichtungen eine geschlechtsspezifische Diskriminierung am Arbeitsplatz.

Das Potenzial von Frauen im MINT-Bereich zu heben, bleibt also eine der wichtigsten Aufgaben für Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft. Es gelte, beispielsweise durch eine klischeefreie Berufs- und Studienorientierung sowie weibliche Role Models und Mentoringprogramme, mehr junge Frauen für MINT-Berufe zu gewinnen, so die Autoren des MINT-Reports.

Den kompletten MINT-Frühjahrsreport 2025 des IW können Sie hier herunterladen.


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