Eine kurze Geschichte des Lernens

Lebenslanges Lernen lautet das Schlagwort, das heute die Diskussionen bestimmt. Doch wie geht Lernen eigentlich? Früher galt „Kopf auf, Wissen rein, Kopf zu". Heute wissen wir: So geht es nicht. Jeder Mensch lernt anders. Das eröffnet dem beruflichen Lernen neue Wege.

Wir können nicht nicht lernen

Lernen ist ein bisschen wie Kommunikation: Man kann’s einfach nicht vermeiden. Auch wenn der berühmte „Nürnberger Trichter“ historisch aus einem ganz anderen Kontext stammt (nämlich aus der Idee, mit der Zeit sorgsam umzugehen – man benutzt ja auch einen Trichter, um z. B. Getränke beim Umfüllen nicht zu vergeuden), ist er doch ein Symbol dafür geworden, wie menschliches Lernen gefälligst stattzufinden haben möge: Kopf auf, Wissen rein, Kopf zu. Nun ja.

Die Lernforschung teilt die Antwort auf die Frage nach dem Lernen großzügig gesprochen in drei Generationen auf – schauen wir sie uns kurz mal an!

Drei Generationen des Lernens

#1: Vom Nürnberger Trichter zur Beobachtung des Verhaltens: Behaviorismus

Als die Wissenschaft anfing, sich mit dem menschlichen Lernen zu befassen, war die erste enttäuschende Erkenntnis die, dass man in den Kopf ja nun leider nicht reinschauen könnt+e. Stattdessen fokussierte man sich auf das Verhalten des Menschen und wenn das Verhalten sich verändert hatte, so musste irgendwann Lernen stattgefunden haben. Lernen ist vor diesem Hintergrund also verändertes Verhalten als Reaktion auf irgendeinen Impuls.

Dass man für diesen Zweck zu durchaus drastischen Mitteln griff (Belohnung und Bestrafung/Konditionierung), ist eines der üblen Nebenprodukte dieser Phase, die bis ins 20. Jahrhundert reichte. Pawlows sabbernder Hund ist ein Vertreter dieser Zeit, den wahrscheinlich alle kennen.

Weiterbildung: Der Mensch als Black Box?

#2: Input – Putput – Output: Kognitivismus

Die Kapitulation vor den nicht „einsehbaren“ Prozessen im Kopf von Menschen war irgendwann beendet und die Forschung ging einen Schritt weiter. Der Mensch wurde von der Black Box zum informationsverarbeitenden System und mit dem Aufkommen und der Verfügbarmachung der Computer in unserer Gesellschaft fand eine (unzulässige) Gleichsetzung des menschlichen Gehirns mit einem Computer statt. Aus dieser Zeit stammen auch die teilweise gehörig hinkenden Vergleiche zwischen dem Langzeitgedächtnis und einer Festplatte, dem Kurzzeitgedächtnis und dem Arbeitsspeicher etc. – nicht ganz falsch, aber halt auch nicht richtig. Denn: Wenn dies so stimmen würde, dann könnten z. B. alle Schüler, die in der Schule den gleichen Inhalt gehört haben, hinterher das Gleiche. Ist aber nicht so. Das führt uns zu…

#3: Wir konstruieren die Welt

Die momentan geltende Sicht auf den Lernenden Menschen hat das Bild des informationsverarbeitenden Systems zwar nicht abgelöst, jedoch um eine ganz entscheidende Komponente erweitert: Inzwischen gehen wir davon aus, dass Menschen ihre Umgebung nicht nur wahrnehmen und Informationen abspeichern, sondern sie konstruieren. Hier findet ein Prozess statt, der bei jedem Menschen aufgrund seines Vorwissens, seiner Motivation, seiner Interessen, Zielsetzungen und vieler anderer Faktoren gänzlich verschieden ablaufen kann.

Aus dieser Perspektive hat jeder lernende Mensch einen höchst individuellen Standpunkt und neben seinem Gehirn als „Speichermedium“ spielen viele Faktoren eine Rolle, die nicht einmal etwas mit dem Lerninhalt zu tun haben müssen: So vermeintlich unwichtige Aspekte wie die Beleuchtung, das soziale Umfeld beim Lernen oder ob man z. B. frisch verliebt ist, haben immensen Einfluss darauf, was und wie wir lernen.

Was dieser konstruktivistische Ansatz für die berufliche Weiterbildung und das Lernen im Erwachsenenalter bedeuten, wollen wir in dieser Serie beleuchten. Im zweiten Teil wird es um "Lernen – von der Schule zum Mosaik" gehen.