Bürokratieentlastungsgesetz: Änderungen für die Personalpraxis

Der Bundestag hat am 26. September 2024 in zweiter und dritter Lesung das Bürokratieentlastungsgesetz IV beschlossen. Einen Tag vor der Abstimmung im Parlament hatte der Rechtsausschuss des Bundestags die Gesetzesvorlage noch um einige Punkte ergänzt. Das Gesetz soll auch zur Entbürokratisierung in den Personalabteilungen beitragen.

Das Bürokratieentlastungsgesetz IV umfasst 74 Artikel. Zu den Änderungen, die jeden Bürger betreffen werden, gehören die Modernisierung der Bekanntgabe der Steuerbescheide und anderer Steuerverwaltungsakte. Künftig werden Steuerbescheide digital zum Abruf bereitgestellt. Dadurch kann auf den Versand von 116 Millionen Briefen sowie den Druck von 6,2 Milliarden Blatt Papier verzichtet werden.

Die Unternehmen werden unter anderem durch Änderungen im Aktienrecht entlastet. So wird es künftig ausreichen, Unterlagen zu vergütungsbezogenen Beschlüssen aus der Hauptversammlung auf der Internetseite des Unternehmens zu veröffentlichen. Eine Bekanntmachung wird dann nicht mehr nötig sein.

Bürokratieentlastungsgesetz: Entbürokratisierung in den Personalabteilungen

Vor allem das Nachweisgesetz hatte für viel Unmut bei den Arbeitgebern gesorgt, als zuletzt zum 1. August 2022 die EU-Richtlinie über transparente und vorhersehbare Arbeitsbedingungen in das Gesetz eingearbeitet wurde und die den Arbeitgeber treffenden Nachweispflichten rund um den Arbeitsvertrag in diesem Zuge erheblich erweitert und verschärft worden waren. Im arbeitsrechtlichen Nachweisgesetz sollen die Formerfordernisse erweitert werden.

Hier sorgt das Bürokratieentlastungsgesetz nun für etliche Erleichterungen, und zwar vor allem dadurch, dass vielfach auf die bislang vorgeschriebene Schriftform verzichtet werden kann und stattdessen auf die einfachere Textform zurückgegriffen werden kann.

Arbeitsvertrag kann wirksam per E-Mail geschlossen werden

Während bei der Schriftform gemäß § 126 BGB die Urkunde vom Aussteller eigenhändig durch Namensunterschrift oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichnet werden muss, genügt für die Einhaltung der Textform nach § 126 b BGB eine lesbare, aber unterschriftslose Erklärung, die auf einem dauerhaften Datenträger abgegeben wird. Die Gesetzesänderung sieht diesbezüglich vor, dass beispielsweise die Niederschrift nach § 2 NachwG in Textform abgefasst und elektronisch übermittelt werden kann, sofern das Dokument für den Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin zugänglich ist, gespeichert und ausgedruckt werden kann und der Arbeitgeber den Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin mit der Übermittlung zugleich auffordert, einen Empfangsnachweis zu erteilen. Ein Arbeitsvertragsschluss per E-Mail würde dieses Textformerfordernis erfüllen.

Ausgenommen von den Nachweiserleichterungen sind die Wirtschaftsbereiche und Wirtschaftszweige, die in § 2a Absatz 1 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes genannt sind. In diesen Bereichen wird die Beibehaltung der Schriftform zum Schutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer weiterhin für erforderlich gehalten. Das betrifft unter anderem das Bau-, das Gaststätten- und Beherbergungsgewerbe sowie das Speditions-, Transport- und damit verbundene Logistikgewerbe sowie die Fleischwirtschaft.

Textform auch bei Überlassungsvereinbarungen zur Leiharbeit

Auch im Bereich der Leiharbeit sind Änderungen vorgesehen. Im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz wird künftig verankert, dass für Überlassungsvereinbarungen zwischen Ver- und Entleihern die Textform ausreichend ist. Diese können künftig also ebenfalls per E-Mail abgeschlossen werden.

Erleichterte Befristung bei Arbeitsverhältnissen mit Rentnern

In § 41 SGB VI wird ein neuer Absatz 2 angefügt, der eine Ausnahme vom Schriftformerfordernis des § 14 Absatz 4 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) regelt, wenn die Befristung eine Vereinbarung zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Erreichen der Regelaltersgrenze zum Gegenstand hat. Für solche Altersgrenzenvereinbarungen ist künftig nach dem neuen Absatz 2 die Textform gemäß § 126b BGB ausreichend. Bislang hat die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts solche Altersgrenzenvereinbarungen rechtlich als Befristungen des Arbeitsvertrages eingeordnet, womit sie dem Schriftformerfordernis gem. § 14 Absatz 4 TzBfG unterfielen.

Dieses Schriftformerfordernis für Befristungsabreden dient dazu, angesichts der besonderen Bedeutung der Befristung, die automatisch zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses führt, größtmögliche Rechtssicherheit zu gewährleisten. Es hat eine Warn- und Beweisfunktion. Den Arbeitnehmenden soll deutlich werden, dass das Arbeitsverhältnis keine dauerhafte Existenzgrundlage bietet. Außerdem erleichtert das Schriftformerfordernis die Beweisführung und soll unnötigen Streit über das Vorliegen und den Inhalt einer Befristungsabrede vermeiden. Bei Altersgrenzenvereinbarungen hat die Warnfunktion des Formerfordernisses für die betroffenen Arbeitnehmenden regelmäßig weniger Bedeutung, denn mit Erreichen der Regelaltersgrenze geht eine erhöhte Absicherung durch Rentenleistungen einher. Darüber hinaus besteht bei den Arbeitnehmenden regelmäßig die Erwartungshaltung, dass das Arbeitsverhältnis mit Erreichen der Regelaltersgrenze endet.

Für alle anderen Befristungen bleibt es allerdings beim Schriftformerfordernis.

Bürokratieentlastungsgesetz: Zeugnisse neu in elektronischer Form

Auch Zeugnisse können künftig elektronisch ausgestellt werden. § 630 Satz 3 BGB lautet künftig: "Das Zeugnis kann mit Einwilligung des Verpflichteten in elektronischer Form erteilt werden." § 109 Abs. 3 GewO lautet dann entsprechend: "Das Zeugnis kann mit Einwilligung des Arbeitnehmers in elektronischer Form erteilt werden."

Wegfall von Aushangpflichten

Das Arbeitszeitgesetz und das Jugendarbeitsschutzgesetz mussten bisher im Betrieb "ausgelegt oder ausgehängt" werden. Hier kommt das Bürokratieentlastungsgesetz IV endlich auch im einundzwanzigsten Jahrhundert an und erlaubt die vielfach in den Betrieben bereits praktizierte Veröffentlichung der Vorschriften im betriebseigenen Intranet: "den Arbeitnehmern über die im Betrieb übliche Informations- und Kommunikationstechnik zur Verfügung stellen".

Weiteres Ersetzen der Schriftform durch die Textform

Auch im Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) fällt das Schriftformerfordernis in einzelnen Fällen weg und wird durch die Textform ersetzt.  So wird künftig beispielsweise die Geltendmachung der Elternzeit nach § 16 Abs. 1 BEEG in Textform möglich sein. Auch der bislang nur in Schriftform mögliche Antrag auf Teilzeit während der Elternzeit nach § 15 BEEG wird künftig, ebenso wie die Ablehnung des Antrags auf Teilzeit während der Elternzeit, durch den Arbeitgeber in Textform möglich sein.

Für die Beantragung von Pflegezeit nach dem Pfegezeitgesetz und von Familienpflegezeit nach dem Familienpflegezeitgesetz ist künftig ebenfalls die Textform ausreichend.

Hinweis: Dem Bürokratieentlastungsgesetz IV muss der Bundesrat noch zustimmen.


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