Nutzungsausfallentschädigung bei Ferienwohnung

LG Itzehoe, Beschluss vom 25.3.2013, 11 S 88/12

Wegen der mangelnden Verfügbarkeit einer Ferienwohnung kann der Eigentümer eine Nutzungsausfallentschädigung nicht – hier: vom WEG-Verwalter – verlangen. Die Ersatzfähigkeit des Nutzungsausfallschadens muss nämlich auf Gegenstände beschränkt bleiben, auf deren ständige Verfügbarkeit die eigenwirtschaftliche Lebenshaltung typischerweise angewiesen ist.

Sachverhalt
Die Kläger verlangen von der Beklagten als Wohnungseigentumsverwalterin Zahlung einer Nutzungsausfallentschädigung für eine von ihnen selbst genutzte Ferienwohnung.
In den Wintermonaten 2009/2010 und 2010/2011 kam es zu Wassereinbrüchen in die Wohnung der Kläger. Diese beruhten darauf, dass das Regenwasserfallrohr im Bereich ihres Balkons zugefroren war, sich Wasser auf den über ihrer Wohnung belegenen Balkon aufstaute und von dort in die Wohnung lief. Die Beklagte beauftragte ein Fachunternehmen mit der Feststellung und Beseitigung der Schadensursache. Die Kläger sind der Auffassung, die Beklagte hätte schon nach dem ihr mitgeteilten ersten Wassereinbruch einen Sachverständigen mit der Feststellung des Schadens beauftragen müssen.
Die Kläger verlangen von der Beklagten die Zahlung einer Nutzungsausfallentschädigung in Höhe von monatlich 500,00 € für den Zeitraum Januar bis Mai 2011. Damit hatten sie keinen Erfolg.

Begründung
1. Das Amtsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Kläger Nutzungsausfall wegen der mangelnden Verfügbarkeit der Ferienwohnung für den Zeitraum vom 01.01. bis 31.05.2011 nicht verlangen können. Nach dem Beschluss des Großen Senats für Zivilsachen beim BGH vom 9.7.1986 (BGH ZMR 1987, 253: Es kann einen ersatzfähigen Vermögensschaden darstellen, wenn der Eigentümer einer von ihm selbst genutzten Sache, jedenfalls eines von ihm selbst bewohnten Hauses, infolge eines deliktischen Eingriffs in das Eigentum die Sache vorübergehend nicht benutzen kann, ohne dass ihm hierdurch zusätzliche Kosten entstehen oder Einnahmen entgehen) kann über die Fälle der Eigennutzung eines Kraftfahrzeugs hinaus jedenfalls bei Sachen, auf deren ständige Verfügbarkeit der Eigentümer angewiesen ist, der zeitweise Verlust ihrer Gebrauchsmöglichkeit infolge eines deliktischen Eingriffs in das Eigentum einen ersatzfähiger Vermögensschaden darstellen, wenn der Eigentümer die Sache in der Zeit ihres Ausfalls genutzt hätte. Als Beispiel nennt der Große Senat das von dem Eigentümer selbst bewohnte Haus. Allerdings muss die Ersatzfähigkeit des Nutzungsausfallschadens auf Gegenstände beschränkt bleiben, auf deren ständige Verfügbarkeit die eigenwirtschaftliche Lebenshaltung typischerweise angewiesen ist. Hier sind grundsätzlich hohe Anforderungen zu stellen, schon um den Anwendungsbereich dieses Instituts berechenbar zu halten. In diesem Sinne führt der Große Senat aus (ZMR 1987, 253 = NJW 1988, 50, 52, unter III. 4.):
„Freilich muss eine derartige Ergänzung des Gesetzes auf Sachen beschränkt bleiben, auf deren ständige Verfügbarkeit die eigenwirtschaftliche Lebenshaltung typischerweise angewiesen ist. Eine weitergehende Erstreckung des Ersatzes wäre nicht mehr durch das Bedürfnis gerechtfertigt, der erwerbswirtschaftlichen Verwendungsplanung der Sache schadensrechtlich einen vermögensmäßig vergleichbaren eigenwirtschaftlichen Einsatz anzupassen. Sie liefe Gefahr, unter Verletzung des § 253 BGB den Ersatz auf Nichtvermögensschäden auszudehnen und müsste auch mit den Erfordernissen von Rechtssicherheit und Berechenbarkeit des Schadens in Konflikt geraten.“
Dies zugrunde gelegt kommt eine Nutzungsausfallentschädigung hinsichtlich der streitgegenständlichen Ferienwohnung nicht in Betracht. Bei dieser handelt es sich nicht um einen Gegenstand, auf dessen ständige Verfügbarkeit der Eigentümer – wie dies etwa bei einem Kraftfahrzeug oder der als Lebensmittelpunkt dienenden Wohnung der Fall ist – typischerweise angewiesen ist. Zwar mag die ständige Verfügbarkeit einer (nicht vermieteten) Ferienwohnung für den einzelnen Eigentümer einen Wert darstellen; dieser ist jedoch nach der Verkehrsauffassung nicht als eine von dem Substanzwert losgelöste Vermögensposition anzusehen. Anders als etwa das Kraftfahrzeug oder die dem ständigen Wohngebrauch dienende (Haupt-)Wohnung wird die Ferienwohnung auch in wohlhabenden Bevölkerungskreisen gemeinhin nicht als Gegenstand betrachtet, den man gleichsam „haben muss“. Selbst Personen, die aus wirtschaftlicher Sicht ohne Weiteres in der Lage wären, eine Ferienwohnung zur ständigen Verfügbarkeit (also nicht primär zu Vermietungszwecken) zu erwerben, sehen vielfach von einer derartigen Anschaffung ab – vielleicht weil sie das freie Kapital viel lieber anderweitig und sei es in eine Weltreise oder eine Kreuzfahrt auf dem Luxusliner investieren. Insofern ist die Ferienwohnung, nicht anders als ein Wohnwagen, ein Campingmobil oder gar ein Motorboot als bloßes „Liebhaberobjekt“, nicht hingegen als „Bedarfsgegenstand“ zu betrachten.

2. Aus dem Urteil des BGH vom 16.9.1987 (IVb ZR 27/86, NJW 1988, 251) ergibt sich nichts Gegenteiliges. Die Entscheidung betrifft eine durch schuldrechtliche Vereinbarung eingeräumte Nutzungsmöglichkeit an einem Ferienhaus, welche die Verpflichtete dem Nutzungsberechtigten – es handelte sich bei ihnen um geschiedene Eheleute – im Rahmen eines Scheidungsfolgenvergleichs eingeräumt hatte und später vereitelte. Anders als bei der Ferienwohnung stellt die Nutzungsmöglichkeit während der Schulferien der beim Berechtigten lebenden gemeinsamen Kinder hier einen selbstständigen, von dem Objekt losgelösten Vermögenswert dar. Auch die Entscheidung des LG Kassel vom 24.3.2006 (8 O 93/03 Tz. 39) kann zu keinem anderen Ergebnis führen. Diese wurde hinsichtlich der darin ausgesprochenen Nutzungsausfallentschädigung für ein in Spanien belegenes Ferienhaus durch zweitinstanzliches Urteil des OLG Frankfurt vom 06.04.2009 (25 U 78/06 Tz. 108) abgeändert. In den Gründen hat der Senat ausdrücklich auf die Entscheidung des Großen Senats für Zivilsachen beim BGH vom 09.07.1986 (a.a.O.) Bezug genommen.
Auch aus der Entscheidung des OLG Schleswig vom 12.8.2004 (7 U 10/04, SchlHA 2005, 346) lässt sich nichts Gegenteiliges herleiten. Es geht darin um Ersatz von Mietwagenkosten und Nutzungsentschädigung für einen ca. 28 Jahre alten Pkw Mercedes-Benz 240 D nach einem Verkehrsunfall. Der Senat hat die diesbezüglichen Ansprüche wegen des Alters des Fahrzeugs auf die Vorhaltekosten begrenzt. Es handelte sich aber um ein regelmäßig genutztes Fahrzeug, nicht jedoch um einen nur als „Liebhaberstück“ angeschafften Oldtimer.

3. Argumente für eine gegenteilige Sichtweise lassen sich auch aus der Kommentarliteratur nicht entnehmen. Grüneberg (Palandt, 71. Aufl. 2012, § 249 Rdn. 48) folgt offensichtlich der BGH-Rechtsprechung, wenn er ausführt, geschützt seien Lebensgüter, deren ständige Verfügbarkeit für die eigenwirtschaftliche Lebensführung von zentrale Bedeutung sei; dieser Begriff sei eng auszulegen. Der Hinweis auf die Ferienwohnung bezieht sich allein auf die vom BGH entschiedene Fallgestaltung des vertraglichen Gebrauchsrechts (s. BGH, NJW 1988, 251). Auch Oetker (Münchener Kommentar, 6. Aufl. 2012, § 249 Rdn. 61 f., 72) folgt der Auffassung des BGH, wie sich seinen Ausführungen unter Rdn. 62 entnehmen lässt. Allein beim erwerbswirtschaftlich genutzten Gegenstand sei die entgangene Nutzungsmöglichkeit unter den in § 252 BGB genannten Voraussetzungen als entgangener Gewinn ersatzfähig, daraus folge im Umkehrschluss, dass die fehlende Nutzungsmöglichkeit als solche keinen eigenständig in die Differenzrechnung einzubeziehenden Vermögensschaden darstelle. Dies entspricht – jedenfalls im Ergebnis – auch der Sichtweise des BGH (s. Beschl. v. 09.07.1986 – GSZ 1/86, unter III 2-4, ZMR 1987, 253 = NJW 1988, 50, 52).

Bedeutung für die Praxis
Bei der Ferienwohnung – anderes gilt für eine als Lebensmittelpunkt dienende Wohnung – handelt es sich nicht um einen Gegenstand, auf dessen ständige Verfügbarkeit der Eigentümer – wie dies etwa bei einem Kraftfahrzeug der Fall ist – typischerweise angewiesen ist.
Beim erwerbswirtschaftlich genutzten Gegenstand ist die entgangene Nutzungsmöglichkeit als entgangener Gewinn (vgl. § 252 BGB) ersatzfähig. Daraus folge im Umkehrschluss, dass die fehlende Nutzungsmöglichkeit als solche keinen eigenständigen Vermögensschaden bedeutet.

Dr. Olaf Riecke, Hamburg

Schlagworte zum Thema:  Wohnungswirtschaft, Wohnungseigentumsrecht