Auslegen von Tierfutter im Garten- und Terrassenbereich

AG Bottrop, 10.1.2013 – 20 C 55/12

Durch das Anfüttern der Tiere ist das gemeinschaftliche Gartengrundstück betroffen, da die Katzen notgedrungen über diese Fläche kommen müssen, um an das Futter zu gelangen. Die nachteiligen Folgen sind sowohl vermehrte Verschmutzung (Kot) durch das erhöhte Tieraufkommen als auch eine erhöhte Geräuschentwicklung durch Tierstimmen.

Sachverhalt
Die Parteien sind Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft. Die Kläger nehmen die Beklagte auf Unterlassung In Anspruch. Sie tragen vor, die Beklagte sei dazu übergegangen, im Bereich des im Gemeinschaftseigentums stehenden Gartens sowie der Gartenterrasse Katzenfutter auszulegen, um verwilderte Katzen, zwecks der Ermöglichung ärztlicher Untersuchung, anzulocken. Das führe zu unangenehmen Begleiterscheinungen, weil auch Ratten und Vögel angeködert würden. Darüber hinaus komme es zu nächtlichen Ruhestörungen durch Tiergeräusche. Die Beklagte trägt vor, sie lege das Futter ausschließlich auf der Terrasse aus, die zu ihrem Sondereigentum gehöre. Ratten würden dadurch nicht angelockt, diese seien ohnehin da. Für das Auftreten von Tiergeräuschen sei sie nicht verantwortlich.

Begründung
Die Kläger können von der Beklagten gemäß §§ 14 Ziffer 1, 15 Abs. 3 WEG, 1004 BGB verlangen, dass sie das Auslegen von Katzenfutter unterlässt.
Gemäß § 14 Ziffer 1 WEG ist jeder Eigentümer verpflichtet, sowohl von seinem Sondereigentum als auch vom gemeinschaftlichen Eigentum nur in solcher Weise Gebrauch zu machen, dass den anderen Eigentümern kein Nachteil über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus entsteht. Nachteilig ist dabei jede konkrete und objektive Beeinträchtigung, die nicht ganz unerheblich ist. Bei der Beurteilung dieser Voraussetzungen ist entscheidend, ob sich ein verständiger Durchschnittseigentümer nach der Verkehrsanschauung verständlicherweise beeinträchtigt fühlen kann. Das WEG berücksichtigt damit den Umstand, dass die Mitglieder einer Wohnungseigentümergemeinschaft eine soziale Gemeinschaft bilden und damit zwischen ihnen eine Sonderverbindung gegeben ist, innerhalb derer allgemein die Pflicht zur gegenseitigen Rücksichtnahme besteht. Die Beklagte verletzt dieses in § 14 WEG normierte Rücksichtnahmegebot durch das Auslegen von Tierfutter. Denn durch das dadurch unstreitig gewollte Anlocken von einer nicht kontrollierbaren Anzahl von Katzen werden die anderen Eigentümer einschließlich der Kläger nachteilig betroffen. Durch das Anfüttern der Tiere ist das gemeinschaftliche Gartengrundstück betroffen, da die Katzen notgedrungen über diese Fläche kommen müssen, um an das Futter zu gelangen. Die nachteiligen Folgen sind sowohl vermehrte Verschmutzung (Kot) durch das erhöhte Tieraufkommen als auch eine erhöhte Geräuschentwicklung durch Tierstimmen. Das Vorliegen dieser Umstände entspricht allgemeiner Lebenserfahrung und bedarf keines gesonderten Nachweises. Eine weitere Folge, die ebenfalls keines Nachweises bedarf, ist der Umstand, dass offen ausgelegtes Tierfutter auch andere Tierarten wie Ratten oder Vögel anlockt. Dass zumindest Ratten auf dem gemeinschaftlichen Grundstück nicht erwünscht sind und deren Existenz die Kläger beeinträchtigt, steht außer Frage.
Diese Beeinträchtigungen sind wegen der einhergehenden Gesundheitsgefahren auch erheblich und brauchen von den Klägern nicht geduldet zu werden.
Es kann dahinstehen, wo die Beklagte das Futter auslegt. Denn die Beeinträchtigungen sind gleich, egal ob das Futter auf der Terrasse der Beklagten oder im gemeinschaftlichen Garten ausliegt.

Bedeutung für die Praxis
Weil die Mitglieder einer Wohnungseigentümergemeinschaft eine soziale Gemeinschaft bilden und zwischen ihnen eine Sonderverbindung besteht, muss innerhalb derer allgemein die Pflicht zur gegenseitigen Rücksichtnahme beachtet werden. Kein Eigentümer kann sein Sondereigentum/Sondernutzungsrecht nach Belieben nutzen, sobald er hierdurch Miteigentümer mehr als unerheblich und unvermeidbar beeinträchtigt. Die Wohnungseigentümer können sich durch einfachen Mehrheitsbeschluss auch eine Gartenordnung geben. Dann wäre schneller für die Betroffenen erkennbar, welche Nutzungen gemeinschaftswidrig sind.

Dr. Olaf Riecke, Hamburg

Schlagworte zum Thema:  Wohnungswirtschaft, Wohnungseigentumsrecht