- § 14 Nr.1 WEG, § 22 Abs.1-3 WEG: Erhebliche optische Veränderung der Wohnungseigentumsanlage
- WEG §§ 43 Nr. 4, 46 Werdende Wohnungseigentümer als Beklagte einer Beschlussanfechtungsklage
- WEG §§ 21, 28 Entlastung des Verwalters; Leitungswasserschaden
- WEG §§ 21, 28 Finanzierungsbeschluss bei kostenintensiven Maßnahmen
- WEG §§ 21, 22; BGB § 1004 Änderung der Farbgebung von Gebäudeteilen als bauliche Veränderung
- WEG § 26; BGB § 242 Abberufung des Verwalters

AG Wiesbaden, Beschluss vom 8.4.2013, 92 C 2752/11 – 819
Die Anfechtungsklage ist gemäß § 46 Abs. 1 S. 1 WEG gegen alle übrigen Wohnungseigentümer zu richten. Da die Mitglieder einer werdenden Wohnungseigentümergemeinschaft die gleichen Rechte und Pflichten wie Wohnungseigentümer haben, ist ein werdender Wohnungseigentümer auch Beklagter einer Anfechtungsklage nach § 46 Abs. 1 S. 1 WEG. Wird der Beschluss einer werdenden Wohnungseigentümergemeinschaft angefochten und wird die Anfechtungsklage ausdrücklich nur gegen die eingetragenen Wohnungseigentümer gerichtet, so ist die Anfechtungsklage unzulässig, da nicht alle übrigen Wohnungseigentümer verklagt werden.
Sachverhalt
Der Kläger und die Beklagten zu 1) und zu 2) sind Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft B-str. Der Beigeladene ist der Verwalter der Wohnungseigentümergemeinschaft. Die Beklagten zu 3) und zu 4) haben eine Wohnung erworben, waren im Mai 2011 aber noch nicht im Grundbuch als Eigentümer eingetragen.
In der Eigentümerversammlung am 02.05.2011, an der die Beklagten zu 3) und zu 4) teilgenommen und mitgestimmt haben, wurde unter TOP 2 beschlossen, einen Kellerraum zu vermieten.
Diesen Beschluss haben die Kläger angefochten, verbunden mit dem Feststellungsantrag, dass den Beklagten zu 3) und zu 4) kein Stimmrecht in der Eigentümerversammlung zusteht. In der mündlichen Verhandlung am 24.08.2011 haben die Kläger klargestellt, dass sich der Feststellungsantrag gegen alle 4 Beklagten richtet, während sich die Anfechtungsklage nur gegen die Beklagten zu 1) und zu 2) richtet.
Nachdem die Beklagten zu 3) und zu 4) zwischenzeitlich im Grundbuch eingetragen sind, haben die Parteien den Feststellungsantrag in der Hauptsache für erledigt erklärt. Auch die Beschlussanfechtung wurde nach einer Änderung der Teilungserklärung zwischenzeitlich übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt.
Begründung
Es war gemäß § 91 a ZPO nur noch über die Kosten des Rechtsstreits unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands nach billigem Ermessen zu entscheiden.
Dies führte zu einer Auferlegung der Kosten auf die Kläger, da diese ohne das erledigende Ereignis unterlegen wären.
Es waren die Beklagten zu 3) und zu 4) werdende Wohnungseigentümer.
Somit waren die Beklagten zu 3) und zu 4) auch stimmberechtigt, so dass der Feststellungsantrag ohne das erledigende Ereignis keinen Erfolg gehabt hätte.
Die Tatsache, dass die Beklagten zu 3) und zu 4) als werdende Wohnungseigentümer anzusehen sind, berührt jedoch nicht nur die Feststellungs-, sondern auch die Anfechtungsklage.
Die Anfechtungsklage ist gemäß § 46 Abs. 1 S. 1 WEG gegen alle übrigen Wohnungseigentümer zu richten ( s. Bärmann, WEG, 11. Aufl. 2010, § 46 Rdnr. 38 ). Da nun die Mitglieder einer werdenden Wohnungseigentümergemeinschaft die gleichen Rechte und Pflichten wie Wohnungseigentümer haben, ist ein werdender Wohnungseigentümer auch Beklagter einer Anfechtungsklage (s. Riecke/Schmid, Fachanwaltskommentar Wohnungseigentumsrecht, 3. Aufl. 2010, § 10 Rdnr. 26, vgl. Hügel/Elzer, Das neue WEG-Recht, 2007, § 13, Rdnr. 125 ). Da nun die Kläger die Anfechtungsklage ausdrücklich nur gegen die beiden eingetragenen Wohnungseigentümer gerichtet haben, haben sie nicht alle übrigen Wohnungseigentümer verklagt, so dass die Anfechtungsklage unzulässig war (s. Riecke/Schmid, a.a.O., § 46 Rdnr. 5 ) und die Klage ohne das erledigende Ereignis hätte abgewiesen werden müssen.
Bedeutung für die Praxis
Das Gericht setzt für das Anfechtungsverfahren die neue Rechtsprechung des BGH (Urteil vom 11.5.2012, V ZR 196/11, ZMR 2012, 711 zur Hausgeldhaftung) um, wonach auch ein Erwerber von Wohnungseigentum, der den Erwerbsvertrag vor Entstehen der Wohnungseigentümergemeinschaft abschließt und zu dessen Gunsten eine Auflassungsvormerkung eingetragen wird, auch dann als werdender Wohnungseigentümer anzusehen ist, wenn er den Besitz an der Wohnung erst nach dem Entstehen der Wohnungseigentümergemeinschaft erlangt (vgl. Timme, MDR 2012, 1069). Die zu verklagenden Eigentümer sind notwendige Streitgenossen (AG Wiesbaden ZMR 2008, 165). Deshalb kann auch nicht nur der Teil der Eigentümer verklagt werden,. der „gegen den Anfechtenden gestimmt hat” (AG Wiesbaden ZMR 2008, 340).
Dr. Olaf Riecke, Hamburg