Finanzierungsbeschluss  bei kostenintensiven Maßnahmen

LG Hamburg, Urteil vom 10.4.2013, 318 S 87/12

Grundsätzlich muss bei kostenintensiven Maßnahmen ein (gesonderter/ausdrücklicher) Finanzierungsbeschluss ergehen.
Ein Beschluss ist noch als hinreichend klar und bestimmt anzusehen, wenn unter Heranziehung des weiteren Inhalts der Versammlungsniederschrift sich als nächstliegender Sinn der Bedeutung ohne Weiteres ergibt, dass die (weitere) Beauftragung zwecks Prüfung und ggf. Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen auf diejenigen Vermögenseinbußen gerichtet gewesen ist, die durch die fehlerhafte Erstellung der Jahresabrechnungen 2007 bis 2009 eingetreten sind.

Sachverhalt
I. Die Parteien bilden eine WEG und streiten um die Gültigkeit der auf der Eigentümerversammlung vom 25. Oktober 2011 zu den TOP 1 und 2 gefassten Beschlüsse betreffend die Beauftragung zur nachträglichen Erstellung der Jahresabrechnungen für 2007, 2008 und 2009 und zur Geltendmachung von Schadensersatzbeträgen.
Seit Januar 2007 bis Ende 2010 wurde die o.g. WEG von der Fa. S. verwaltet, im Anschluss daran – bis Ende 2011 – von der Fa. G. Mit rechtskräftigen Urteilen vom 8. Februar 2011, vom 7. September 2010 und vom 7. September 2011 hat das Amtsgericht die von der Fa. S. erstellten Jahresabrechnungen für die Jahre 2007, 2008 und 2009 vollständig oder teilweise für ungültig erklärt.


Auf der Eigentümerversammlung vom 25. Oktober 2011 wurde sodann mehrheitlich beschlossen, dass „die Gesamt- und Einzelabrechnungen der Jahre 2007, 2008 und 2009 (...) durch Rechtsanwältin A. bei Kosten von insgesamt ca. € 18.000,- erstellt“ werden und „die zu erstellenden Gesamt- und Einzelabrechnungen (...) anhand der gerichtlichen Vorgaben inklusive der Entwicklungen der Instandhaltungsrücklagen und Ausweisung haushaltsnaher Dienstleistungen – soweit möglich – bis spätestens Ende November 2011 dem Beirat vorgelegt“ werden sollen (TOP 1). Zu TOP 2 wurde ferner – wiederum mehrheitlich – beschlossen, dass „die Rechtsanwältin A. (...) beauftragt [wird], Schadensersatzansprüche gegenüber der Verwaltung S. zu prüfen und bei Erfolgsaussicht außergerichtlich oder gerichtlich geltend zu machen“ und dass „die Eigentümer (...) die G. beauftragen [mögen], bei für die G. schuldbefreiender Wirkung der Rechtsanwältin A. den Auftrag zu erteilen, rechtliche Ansprüche gegenüber der Fa. S. durchzusetzen”. Die im Verlauf dieses Rechtsstreits von Frau Rechtsanwältin A. neuerstellten Abrechnungen 2007 bis 2009 wurden im August 2012 von der WEG mit einem Betrag von € 17.850,- vergütet und das Mandatsverhältnis mit ihr betreffend den o.g. Beschluss zu TOP 2 wurde am 2. August 2012 beendet …

Begründung
II.2. Das Amtsgericht hat die Klage zu Unrecht abgewiesen.


a) Das Rechtsschutzbedürfnis des Klägers für seine Anfechtungsklage ist vorliegend nicht durch den zwischenzeitlichen Vollzug der angefochtenen Beschlüsse entfallen. Das Rechtsschutzbedürfnis ist im Beschlussanfechtungsverfahren im Regelfall nicht zu prüfen, weil das Anfechtungsrecht dem Interesse der Gemeinschaft an einer ordnungsgemäßen Verwaltung dient (vgl. BGH, NJW 2010, 2129, 2130, Tz. 13). Es entfällt nur ausnahmsweise, wenn ein Erfolg der Klage den Wohnungseigentümern oder der Gemeinschaft keinen Nutzen mehr bringen kann, nicht aber, solange Auswirkungen der Beschlussanfechtung auf Folgeprozesse der Wohnungseigentümer untereinander, gegen den Verwalter oder gegen Dritte nicht sicher auszuschließen sind (BGH, NJW 2011, 2660, 2661, Tz. 16). Jedenfalls Letzteres ist hier der Fall. Ob die angefochtenen Beschlüsse, durch deren Vollzug jeweils nicht unerhebliche Kosten angefallen sind, Grundlage für ein Schadensersatzverlangen sein können, ist nicht mit Sicherheit auszuschließen.


b) Der Beschluss zu TOP 1 widerspricht den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung.


(1) Nach § 21 Abs. 3 WEG können die Wohnungseigentümer eine der Beschaffenheit des gemeinschaftlichen Eigentums entsprechende ordnungsmäßige Verwaltung durch Stimmenmehrheit beschließen, soweit – wie hier – die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums nicht durch Vereinbarung der Wohnungseigentümer geregelt ist. Eine Maßnahme ist – wie aus den §§ 21 Abs. 4, 15 Abs. 3 WEG folgt – ordnungsmäßig, wenn sie den Vereinbarungen und Beschlüssen der Wohnungseigentümer und, soweit solche (wie hier) nicht bestehen, dem Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer nach billigem Ermessen entspricht (vgl. Elzer, in: Timme, BeckOK-WEG, Ed. 15 [1/2013], § 21, Rn. 103). Eine Maßnahme liegt dann im Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer, wenn sie bei objektiv vernünftiger Betrachtung unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalls nützlich ist (BayObLG, NJOZ 2004, 90, 92), sich also bei einer an den konkreten Bedürfnissen und Möglichkeiten der Gemeinschaft ausgerichteten Kosten-Nutzen-Analyse und unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung wie der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Gemeinschaft als vertretbar darstellt (OLG München, B. v. 25.01.2006 – 34 Wx 114/05). Maßstab ist der Standpunkt eines vernünftig und wirtschaftlich denkenden Beurteilers, wobei den Wohnungseigentümern ein gewisser Ermessensspielraum zusteht; im Vordergrund steht das Gemeinschaftsinteresse, nicht das Sonderinteresse Dritter (BayObLG, NJW-RR 2003, 663, 664). Kostenauslösende Maßnahmen dürfen einzelne Eigentümer nicht überfordern, wenngleich dabei der Hintergrund der Maßnahme zu berücksichtigen ist (BayObLG, NZM 2002, 531, 532). Den Wohnungseigentümern steht jedenfalls sowohl hinsichtlich des „Ob“ einer Maßnahme (Entschließungsermessen) als auch hinsichtlich des „Wie“ (Auswahlermessen) ein aus dem Selbstorganisationsrecht der Wohnungseigentümergemeinschaft abzuleitender, von den Gerichten nur eingeschränkt überprüfbarer Ermessensspielraum zu (Elzer, a.a.O., § 21, Rn. 112, m.w.N.).


(2) Daran gemessen erweist sich der hiesige Beschluss zu TOP 1 nicht als ordnungsgemäß.


(aa) Dass die Eigentümer überhaupt einen Dritten – hier: die Rechtsanwältin A. – beauftragt haben, die Abrechnungen für die Jahre 2007 bis 2009 zu erstellen, war indes Ausfluss ihres Entschließungsermessens. Dies war insbesondere deswegen für die Gesamtheit der Eigentümer nützlich, weil es der gesetzlichen Regelung entspricht, für ein abgelaufenes Kalenderjahr eine Abrechnung zu erstellen, vgl. § 28 Abs. 3 WEG. Dass dafür originär der bestellte Verwalter zuständig und berufen ist, ändert an der vorliegenden Sachlage nichts. Die von der Fa. S. für die Jahre 2007, 2008 und 2009 zunächst erstellten Abrechnungen sind sämtlich vom Amtsgericht Hamburg – entweder teilweise oder vollständig – für ungültig erklärt worden, weswegen es auch ihrer Neuerstellung bedurft hat. Und dass sich die Eigentümer, nachdem die Fa. S. die Abrechnungen für 2007 und 2008 in neuer Fassung vorgelegt hatte, nicht auf nochmalige Fehlerbeseitigungsmaßnahmen einlassen mussten, entspringt ebenfalls ihrem Ermessenspielraum; dass die von der Fa. S. nachträglich vorgelegten Abrechnungen genehmigungsfähig gewesen seien, hat der insoweit darlegungs- und beweisbelastete Kläger nicht vorgetragen; dies ist auch aus dem Akteninhalt nicht ersichtlich.


(bb) Die – nach Ansicht des Klägers vorschnelle – Beauftragung eines Dritten zur Erstellung der Abrechnungen war auch nicht deswegen ermessensfehlerhaft, weil die Eigentümer zuvor die Vorverwaltung S. nicht zur Nacherfüllung im Sinne von §§ 634 Nr. 1, 635 BGB aufgefordert haben, um sich mögliche Aufwendungsersatz- oder Schadensersatzansprüche zu erhalten. Selbst wenn, was hier keiner abschließenden Entscheidung bedarf, der Gemeinschaft gegen die Vorverwaltung S. werkvertragliche Gewährleistungsrechte (Mängelansprüche) zugestanden hätten (oder ein Schadensersatzanspruch statt der Leistung im Sinne von § 281 BGB, vgl. Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, WEG, 9. Aufl. 2010, § 28, Rn. 128 unter Verweis auf KG, WuM 1993, 142 zu § 326 BGB a.F.), so hätte es dennoch keiner vorherigen Fristsetzung gegenüber der Fa. S. im Sinne der §§ 636, 637 Abs. 2, 281 BGB bedurft. Wie bereits ausgeführt (s. o.) ist der Kläger dem substantiierten Vortrag der Beklagten, wonach die Abrechnungen für 2007 und 2008 in der korrigierten Fassung nicht genehmigungsfähig gewesen seien, nicht mit erheblichem Vortrag entgegen getreten; die Nacherfüllung, um die die nachfolgende Verwaltung G. die Fa. S. mit Schreiben vom 4. April 2011 „gebeten“ hatte, war damit fehlgeschlagen im Sinne der §§ 636, 637 Abs. 2 S. 2 BGB. Im Übrigen war der Gemeinschaft – auch in Bezug auf die zum Zeitpunkt der Beschlussfassung bereits rechtskräftig für ungültig erklärte Abrechnung für das Jahr 2009 – ein weiteres Festhalten an der Fa. S. nicht zumutbar. Im Juni 2011, als die korrigierten Abrechnungen für die Jahre 2007 und 2008 von dieser vorgelegt wurden, waren die Kalenderjahre, über die abzurechnen gewesen ist, längst abgelaufen. Die Nacherfüllung als solche ist dem Besteller darüber hinaus insbesondere dann unzumutbar, wenn das Vertrauen des Bestellers durch die besondere Unzuverlässigkeit des Unternehmers nachhaltig erschüttert ist (vgl. Voit, in: Bamberger/Roth, BeckOK-BGB, Ed. 25 [8/2012], § 636, Rn. 22) und eine nicht zu beanstandende Mängelbeseitigung nicht mehr zu erwarten ist (vgl. Sprau, in: Palandt, BGB, 72. Aufl. 2013, § 636, Rn. 16). Nachdem bis zum Zeitpunkt der Beschlussfassung im Oktober 2011 bereits drei Jahresabrechnungen in Folge, und zwar diejenigen, die ab der Bestellung der Fa. S. zur Verwaltung zu erstellen gewesen waren, gerichtlich für ungültig erklärt worden waren, entsprach es dem Interesse der Gemeinschaft – auch in Ansehung wiederum fehlerhafter Korrekturabrechnungen –, sich nicht auf weitere „Fehlerbeseitigungsversuche“ einzulassen.


(cc) Dass die Eigentümer, wie der Kläger vorgetragen hat, auf der Versammlung nicht über die Vorlage der korrigierten Abrechnungen informiert worden sein sollen, begründet ebenfalls nicht die Ungültigkeit des zu TOP 1 gefassten Beschlusses. Lediglich dann, wenn die Gemeinschaft vorrangig noch tatsächlich bestehende Ansprüche gegen die Fa. S. hätte durchsetzen können bzw. durch ihr Vorgehen solche Ansprüche vereitelt hätte, wäre es für die ermessensfehlerfreie Willensbildung der Versammlung erforderlich gewesen, die Eigentümer darüber in Kenntnis zu setzen. Beides war aber hier aus den bereits genannten Gründen nicht der Fall.


(dd) Ob etwas anderes daraus folgt, dass – wie der Kläger meint – die Pflicht bestanden hätte, die Eigentümer vor der Beschlussfassung über das Ergebnis entsprechender rechtlicher Überprüfungen zu informieren, kann dahinstehen, weil der Kläger diesen Einwand nicht innerhalb der dafür maßgeblichen Begründungsfrist (§ 46 Abs. 1 S. 2 HS 2 WEG) vorgetragen hat.


(ee) Es liegt auch ohne Weiteres auf der Hand, dass ohne die angefochtene Beschlussfassung nebst Beauftragung der Rechtsanwältin A. Kosten in Höhe von € 17.850,- erspart worden wären. Allerdings standen diesen Kosten beauftragte Leistungen gegenüber, die für die Gesamtheit der Wohnungseigentümer nützlich bzw. geradezu geboten gewesen sind. Ein Widerspruch zu den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung ergibt sich in diesem Zusammenhang auch nicht aus dem Umstand, dass zur Beschlussfassung keine weiteren Vergleichsangebote vorgelegt worden sind. Grundsätzlich entspricht es dem Gebot der Wirtschaftlichkeit und dient zudem der Ermittlung einer ausreichenden Entscheidungsgrundlage, wenn vor dem Beschluss einer mit nicht unerheblichen Kosten einhergehenden Maßnahme – etwa Instandhaltungs- oder Instandsetzungsmaßnahmen – mehrere Vergleichsangebote eingeholt werden (vgl. nur BayObLG, ZMR 2002, 689; Kammer, ZMR 2012, 474 = ZWE 2013, 31). Vorliegend bestand indes die Besonderheit, dass – wie die Beklagten geltend gemacht haben – entsprechende Konkurrenzangebote, die abgefragt worden seien, mit deutlich höheren Kosten verbunden gewesen wären, weswegen auf deren Einbringung in die Versammlung verzichtet worden sei. Selbst aus dem vom Kläger angeführten und auch von ihm selbst eingeholten Angeboten ergibt sich nichts, was auf eine erhebliche Kostenreduktion bei Beauftragung dieser Dienstleister schließen lässt. Unstreitig wären diese jeweils nur bereit gewesen, die Neuerstellung der Jahresabrechnungen vorzunehmen, wenn sie gleichzeitig zur Verwaltung bestellt worden wären. Eine solche Verknüpfung von Beauftragung und Bestellung stand aber nicht an. …


(ff) Der Kläger verweist aber zu Recht auf den Grundsatz, dass bei kostenintensiven Maßnahmen ein gesonderter Finanzierungsbeschluss ergehen muss (vgl. OLG München, ZMR 2008, 233; Kammer, ZMR 2012, 474 = ZWE 2013, 31). Maßgebende Bedeutung erlangt dieser Umstand nach Auffassung der Kammer nicht nur im Zusammenhang mit umfangreichen Instandhaltungsmaßnahmen, deren Finanzierung ggf. auch über die angesammelte Instandhaltungsrücklage erfolgen kann und nicht nur über vorhandenes (anderes) Verwaltungsvermögen und/oder eine Sonderumlage. Eine solche Maßnahme stand zwar hier nicht im Raum; vielmehr handelte sich um eine (bloße) Angelegenheit der Verwaltung gemeinschaftlichen Eigentums, bei der sich die anteilige Kostenlast der Eigentümer – mangels anderweitiger Sonderregelung – aus § 16 Abs. 2 WEG ergibt. Allerdings bedarf es zur ermessensfehlerfreien Entscheidung der Eigentümerversammlung einer ausdrücklichen Regelung dazu, wie die mit der Durchführung der Maßnahmen verbundenen Kosten gegenfinanziert werden, ob also Mittel aus der Instandhaltungsrücklage entnommen werden, eine Sonderumlage als Ergänzung zum Wirtschaftsplan erhoben wird oder das (nicht auf die Rücklage) entfallende – liquide – Verwaltungsvermögen ausreicht. Unter bestimmten Voraussetzungen wird die zweckbindungswidrige Entnahme aus der Instandhaltungsrücklage zur Finanzierung anderweitiger Maßnahmen nämlich zugelassen (vgl. dazu OLG München, NJW 2008, 1679), so dass das Ermessen der Eigentümer, in welcher Weise eine Angelegenheit der laufenden Verwaltung finanziert werden soll, auch nicht bereits im Ausgangspunkt dahingehend reduziert ist, dass ein Rückgriff auf die Rücklage ausscheidet. Im Übrigen kann selbst dann – wenn auch für sich genommen nicht ordnungsgemäßer Verwaltung entsprechend und der Grundannahme zuwiderlaufend, dass die Eigentümerversammlung lediglich rechtmäßige Maßnahmen trifft – eine abweichende Handhabung durch Mehrheitsbeschluss in Bestandskraft erwachsen. Zudem wird auch eine Beschlusskompetenz der Eigentümergemeinschaft zur Aufnahme eines Darlehens zur Deckung ihres Finanzbedarfs angenommen (BGH, NJW 2012, 3719, Tz. 7), weswegen der Entscheidungsspielraum der Eigentümerversammlung dadurch noch erweitert wird. Eine ausdrückliche Regelung zur Finanzierung der Maßnahme trägt zudem dem Umstand Rechnung, dass dadurch ggf. auch eine ausreichende Rechtsgrundlage für die Einforderung von Kostenbeiträgen bei den Eigentümern geschaffen wird, weil dazu der bloße Beschluss über die Durchführung der Maßnahme nicht ausreicht (vgl. OLG Köln, NZM 1998, 877). Vorliegend kommt auch noch hinzu, dass sich die Kosten für die Beauftragung der Rechtsanwältin A. auf immerhin € 18.000,- beliefen, für die einzelnen Eigentümer also auch mit einer nicht unerheblichen Belastung verbunden gewesen sind. Und den Erfordernissen der effektiven Verwaltungspraxis laufen die Anforderungen, wie sie die Kammer im hiesigen Zusammenhang für geboten hält, auch nicht zuwider, weil die Aufnahme einer Finanzierungsregelung, auch wenn deren Inhalt und Anwendungsbereich für selbstverständlich gehalten wird, in den Beschluss keinen gesteigerten Aufwand erfordert.


c) Auch der Beschluss zu TOP 2 widerspricht den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung.


(1) Der Kläger vermag mit seinem Einwand, der Beschluss sei nicht hinreichend bestimmt, allerdings nicht durchzudringen. Unter Beachtung der auch für Beschlüsse geltenden objektiv-normativen Auslegungsgrundsätze, wie sie auch für Grundbucheintragungen gelten (BGH, NZM 2010, 285, 286, Tz. 9), erweist sich der Beschluss zu TOP 2 als hinreichend klar und bestimmt. Unter Heranziehung des weiteren Inhalts der Versammlungsniederschrift ergibt sich als nächstliegender Sinn der Bedeutung ohne Weiteres, dass die (weitere) Beauftragung der Rechtsanwältin A. zwecks Prüfung und ggf. Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen auf diejenigen Vermögenseinbußen gerichtet gewesen ist, die durch die fehlerhafte Erstellung der Jahresabrechnungen 2007 bis 2009 eingetreten sind. So heißt es im Protokoll einleitend: „Nachdem die Versammlung unter dem vorherigen Tagesordnungspunkt beschlossen hat, die Abrechnungen 2007-2009 durch einen ‚externen’ Dienstleister erstellen zu lassen, ist in einem weiteren Schritt festzustellen, ob und wie für die hierdurch entstehenden Kosten Schadensersatzansprüche gegenüber der Vorverwaltung B juristisch durchgesetzt werden können.“ Anhaltspunkte dafür, dass damit etwa auch Ansprüche in anderem Zusammenhang gemeint gewesen sein könnten, sind nicht gegeben.


(2) Der Kläger vermochte zudem auch keine tatsachengestützten Gründe zu benennen, aus denen das Auswahlermessen der Gemeinschaft betreffend Frau Rechtsanwältin A. eingeschränkt gewesen war. Allein der objektive Umstand, dass die Beauftragte im Rahmen ihrer Leistungen mittelbar auch dazu hätte Angaben tätigen sollen, welcher Kostenaufwand für die Neuerstellung der Jahresabrechnungen angemessen gewesen sei, führt ohne Weiteres nicht dazu, der Beauftragten ihre fachliche oder persönliche Eignung von vornherein ganz abzusprechen. Entsprechende Tatsachen, aus den sich Mängel ergeben könnten, sind nicht dargetan.


(3) Aus bereits genannten Gründen (s. o.) bedurfte es aber einer gesonderten Beschlussfassung darüber, wie die Kosten für die Beauftragung der Rechtsanwältin A., die der Kläger mit immerhin mehr als € 4.000,- beziffert hat, finanziert werden sollen. Daran fehlt es hier allerdings.

Bedeutung für die Praxis
Den Wohnungseigentümern steht zwar sowohl hinsichtlich des „Ob“ einer Maßnahme (Entschließungsermessen) als auch hinsichtlich des „Wie“ (Auswahlermessen) ein aus dem Selbstorganisationsrecht der Wohnungseigentümergemeinschaft abzuleitender, von den Gerichten nur eingeschränkt überprüfbarer Ermessensspielraum zu.
Dennoch ist der Grundsatz zu beachten, dass bei kostenintensiven Maßnahmen ein gesonderter Finanzierungsbeschluss ergehen muss (vgl. OLG München, ZMR 2008, 233; LG Hamburg, ZMR 2012, 474 = ZWE 2013, 31). Dies gilt insbesondere – aber eben nicht nur – im Zusammenhang mit umfangreichen Instandhaltungsmaßnahmen, deren Finanzierung ggf. auch über die angesammelte Instandhaltungsrücklage erfolgen kann und nicht nur über vorhandenes (anderes) Verwaltungsvermögen und/oder eine Sonderumlage. Es bedarf – auch bei Verteilung der Kosten nach § 16 Abs. 2 WEG – zur ermessensfehlerfreien Entscheidung der Eigentümerversammlung einer ausdrücklichen Regelung dazu, wie die mit der Durchführung der Maßnahmen verbundenen Kosten gegenfinanziert werden, ob also Mittel aus der Instandhaltungsrücklage entnommen werden, eine Sonderumlage als Ergänzung zum Wirtschaftsplan erhoben wird oder das (nicht auf die Rücklage) entfallende – liquide – Verwaltungsvermögen ausreicht.

Dr. Olaf Riecke, Hamburg

Schlagworte zum Thema:  Wohnungswirtschaft, Wohnungseigentumsrecht