- § 14 Nr.1 WEG, § 22 Abs.1-3 WEG: Erhebliche optische Veränderung der Wohnungseigentumsanlage
- WEG §§ 43 Nr. 4, 46 Werdende Wohnungseigentümer als Beklagte einer Beschlussanfechtungsklage
- WEG §§ 21, 28 Entlastung des Verwalters; Leitungswasserschaden
- WEG §§ 21, 28 Finanzierungsbeschluss bei kostenintensiven Maßnahmen
- WEG §§ 21, 22; BGB § 1004 Änderung der Farbgebung von Gebäudeteilen als bauliche Veränderung
- WEG § 26; BGB § 242 Abberufung des Verwalters

LG Hamburg, Urteil vom 6.3.2013, 318 S 66/12
Ein Sondereigentümer muss sich das Verschulden seines Unternehmers im Verhältnis zum anderen Sondereigentümer nach Maßgabe von § 278 BGB zurechnen lassen (vgl. BGH, NJW 1999, 2108, 2109)
Sachverhalt
Die Parteien sind Mitglieder der WEG H.str. 7 und streiten um die Ersatzpflicht der Beklagten betreffend die Nichtvermietbarkeit der Einheit des Klägers im Zeitraum von September 2010 bis April 2011 infolge eines Dachgeschossausbaus. Mit seinem Teil- und Grundurteil vom 9. Mai 2012 hat das Amtsgericht die auf Zahlung von insgesamt € 7.906,69 gerichtete Klage hinsichtlich eines Betrages von € 3.117,25 nebst anteiliger Zinsen abgewiesen und ausgesprochen, dass „die Klage auf Ersatz des Mietausfalls (...) im Übrigen dem Grunde nach gerechtfertigt“ sei.
Begründung
A. Die Berufung des Klägers ist unbegründet.
Das Amtsgericht hat die auf Zahlung von € 3.117,25 gerichtete Klage zu Recht abgewiesen. Die Nebenforderung (€ 411,30 nebst Zinsen) ist, soweit sie auf diesen Teil der Klageforderung entfällt, unbegründet, im Übrigen – betreffend den „Mietausfall“ – noch nicht entscheidungsreif.
a) Ob der Kläger gegen die Beklagten einen Anspruch auf Ersatz seiner Schäden, die ihm im Zusammenhang mit der Rückabwicklung des am 10. August 2010 eingegangenen Mietverhältnisses nebst Mietbeginn zum 1. September 2010 entstanden sind, zusteht, richtet sich danach, ob (1) zwischen den Parteien des Rechtsstreits ein vertragliches (Rechts-)Verhältnis dergestalt begründet worden ist, dass sich die Beklagten gegenüber dem Kläger verpflichtet haben, für die Wiederherstellung seiner Wohnung infolge oberhalb durchgeführter Ausbauarbeiten bis zu einem bestimmten Zeitpunkt einzustehen, oder (2) ob die Beklagten aufgrund eines gesetzlichen Schuldverhältnisses gegenüber dem Kläger verpflichtet sind, die im Zusammenhang mit dem am 10. August 2010 begründeten Mietverhältnis entstandenen Schäden zu ersetzen.
(1) Der Kläger macht geltend, zwischen ihm und den Beklagten habe eine vertragliche Sonderverbindung bestanden, aus der er von den Beklagten habe verlangen können, dass diese ihm die Wohnung infolge des Dachausbaus wieder herrichten, und zwar bis Ende August 2010.
Dafür, dass ein entsprechender Vertrag – durch Angebot und Annahme, §§ 145 ff. BGB – zwischen ihm und den Beklagten (persönlich) zustande gekommen sein soll, hat der Kläger nichts vorgetragen. Er hat sich vielmehr auf die Aussagen des Architekten G. gestützt, der im Namen der Beklagten gehandelt und für diese verbindliche Zusagen abgegeben haben soll.
(aa) Wer Rechte aus einer wirksamen Stellvertretung herleiten will, muss deren Voraussetzungen beweisen; will der Geschäftsgegner – hier der Kläger – den Vertretenen – die Beklagten – in Anspruch nehmen, liegt diese Beweislast bei ihm (BGH, NJW 2000, 2984, 2985; Valenthin, in: BeckOK-BGB, Ed. 25 [11/2012], § 164, Rn. 47, m.w.N.). Ist – wie vorliegend – ungewiss, in wessen Namen der Vertreter den Vertrag geschlossen hat, so ist in entsprechender Anwendung von § 164 Abs. 1 S. 2 BGB die Willenserklärung des Vertreters gemäß den §§ 133, 157 BGB unter Berücksichtigung aller Umstände auszulegen, also danach, wie der Gegner die Erklärungen des Vertreters nach Treu und Glauben und unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstehen musste (vgl. BGH, NJW 2000, 3344, 3345, m.w.N.). Der Kläger macht insoweit geltend, dass sich aus der E-Mail des Architekten G. vom 22. Februar 2010 ergebe, dass die Beklagten – vertreten durch ihn, den Architekten G. – die Wiederherstellungspflicht übernommen hätten. Aus diesem Inhalt dieser E-Mail geht jedoch nicht hervor, dass der Architekt G. dabei „im Namen“ der Beklagten gehandelt hat. Es heißt darin zwar, dass Kosten „von uns übernommen“ werden bzw. „auf unsere Kosten gehen“. Wer in diesem Zusammenhang mit „uns“ gemeint gewesen ist, ergibt sich aus der E-Mail nicht. Insoweit kann auch aus den Umständen (vgl. § 164 Abs. 1 S. 2 BGB) nichts geschlossen werden, weil – wie das Protokoll der Eigentümerversammlung vom selben Tag ausweist – der Architekt G. auch für die WEG im Zusammenhang mit dem Abriss der Flachdachkonstruktion bzw. dem Einzug der Trockendecken baubegleitend tätig geworden ist. Diese Würdigung wird auch noch dadurch gestützt, dass es der Architekt G. – durch Frau Gabriele K. – gewesen ist, der sich mit Schreiben vom 24. Juli 2010 an die Fa. C. P.bau gewandt hat und eine Frist zur Fertigstellung der Wohnung des Klägers bis zum 30. Juli 2010 angemahnt hat; auch daraus ergibt sich nichts für ein Handeln „im Namen“ der Beklagten. Gleiches gilt auch für das Schreiben des Architekten vom 8. November 2010, mit dem er bei der Fa. C. P.bau erneut die Ausführung ausstehender Arbeiten, u. a. in der Wohnung des Klägers, angemahnt hat. Diese Schreiben sind auch vor dem Hintergrund zu sehen, dass die Fa. C. P.bau ihr Angebot direkt gegenüber dem Architekten G. abgegeben hat; dies spricht eher dafür, dass der Architekt G. seine Erklärungen im eigenen, nicht aber in fremdem Namen (der Beklagten) abgegeben hat ...
Demgemäß könnte auch ein Eigengeschäft des Architekten gegeben sein, § 164 Abs. 2 BGB.
(bb) Im Übrigen wäre fraglich, ob der Architekt G. auch die Vertretungsmacht hatte, im Namen der Beklagten diese Erklärungen gegenüber dem Kläger abzugeben. Auch die Beweislast für das Vorliegen einer Vertretungsmacht trägt derjenige, der sich auf ein gültiges Vertretergeschäft beruft (Schramm, in: MüKo-BGB, 6. Aufl. 2012, § 164, Rn. 140). Für die Erteilung einer entsprechenden Vollmacht seitens der Beklagten (vgl. § 167 BGB) hat der Kläger nichts vorgetragen, sondern sich auf „Vertrauensgesichtspunkte“ gestützt. Insoweit kommt das Bestehen einer Anscheins- oder einer Duldungsvollmacht in Betracht. ... Dafür, dass die Beklagten es willentlich geschehen lassen haben, dass der Architekt G. für sie wie ein Vertreter auftritt, spricht, dass sie ihn mit der Planung und Begleitung des Dachgeschossausbaus betraut hatten und in diesem Zusammenhang ohnehin für sie in ihrem Namen Erklärungen abzugeben gewesen sind. Allerdings konnte der Kläger nach Treu und Glauben nicht von vornherein davon ausgehen, dass der Architekt G. von den Beklagten auch dazu bevollmächtigt gewesen ist, ihm gegenüber verbindliche Zusagen über etwaige Wiederherstellungspflichten nebst Zusicherung eines Wiederherstellungstermins abzugeben. Es geht insoweit nicht um eine direkt im Zusammenhang mit dem Ausbau stehende Beauftragung eines Dritten durch einen Architekten, bei der einiges für ein Handeln im fremden Namen spricht (vgl. OLG Brandenburg, NJW-RR 2002, 1099, m.w.N.). Vielmehr geht es um solche Rechtsgeschäfte, die über die bloße bautechnische Ausführung des Dachgeschossausbaus hinausgehen. Zudem gab es vorliegend mehrere Bauherren – die Beklagten und die WEG – , so dass auch dieser Umstand aus der Sicht des Erklärungsempfängers gegen die Annahme spricht, dass sämtliche Aussagen des Architekten G. ausschließlich auf die Beklagten bezogen waren.
(cc) Und selbst wenn vorgenannte „Erklärungen“ des Architekten G. den beiden Beklagten zuzurechnen wäre, fehlte es an einem Vortrag des Klägers dazu, dass er deren Angebot zum Abschluss einer vertraglichen Bindung auch angenommen hat. ...
(2) Auch aus einem gesetzlichen Schuldverhältnis vermag der Kläger nichts zu beanspruchen.
(aa) Dafür, dass die Beklagten aufgrund einer – dinglich wirkenden – Vereinbarung verpflichtet sind, die infolge des Dachausbaus entstehenden Kosten und Schäden im Verhältnis zu den übrigen Miteigentümern zu tragen, ist nichts vorgetragen und auch sonst nichts ersichtlich. An dem Kaufvertrag, mit dem die Beklagten ihre Einheit erworben haben, war der Kläger, der erst wenige Zeit später in die Gemeinschaft eingetreten ist, noch nicht beteiligt. Das in diesem Vertrag enthaltene Ausbaurecht zugunsten der Beklagten nebst Duldungspflicht für „Störungen“ zulasten der Verkäufer wirkt daher ihm gegenüber auch nicht.
(bb) Auch nach § 823 Abs. 1 BGB kann der Kläger von den Beklagten nichts beanspruchen. Die Beklagten selbst haben keinerlei Eingriffe in die Rechtssphäre des Klägers vorgenommen. Ferner entfällt eine deliktische Haftung der Beklagten nach § 831 Abs. 1 BGB. Bei der Nebenintervenientin der Beklagten, die für diese den Dachausbau vorgenommen hat, handelt es sich um ein selbständiges Unternehmen, das zu diesen nicht in einem Abhängigkeits- und Weisungsverhältnis stand (vgl. BGH, Urt. v. 06.11.2012 – VI ZR 174/11).
(cc) Zwischen den Mitgliedern einer Wohnungseigentümergemeinschaft entsteht ein gesetzliches Schuldverhältnis, aus dem Schutz- und Treuepflichten der Eigentümer untereinander folgen (vgl. nur BGH, NZM 2007, 88, 89, m.w.N.). Demnach hat die Gemeinschaft gegen einen Ausbauberechtigten einen schuldrechtlichen Anspruch auf die vollständige und mangelfreie Durchführung des Ausbaus und widrigenfalls Schadensersatzansprüche nach den Grundsätzen der positiven Vertragsverletzung (vgl. KG, NZM 2000, 1012, 1013 f.; OLG Düsseldorf, ZMR 2005, 466) bzw. nach § 280 Abs. 1 BGB. Selbst wenn diese Grundsätze aber auch auf das Verhältnis zwischen Sondereigentümern zu übertragen wären, käme eine Haftung der Beklagten danach hier nicht in Betracht. Im Zusammenhang mit dem am 10. August 2010 begründeten Mietverhältnis geht es dem Kläger – auch – darum, dass die Wiederherstellung seiner Wohnung bzw. deren Vermietbarkeit nicht bis Ende August 2010 abgeschlossen gewesen ist. Allerdings fehlt es an einer haftungsbegründenden Kausalität zwischen einer etwaigen Pflichtverletzung und dem eingetretenen Schaden. Soweit der Kläger auf einen Wasserschaden abhebt, der erst Ende August 2010 eingetreten sein soll, kann dieser nicht ursächlich sein dafür, dass das Mietverhältnis mit ihm wieder aufgelöst worden ist. Ausweislich des anwaltlichen Kündigungsschreibens der Mietparteien H./H. vom 7. September 2010 haben diese ihre fristlose Kündigung maßgeblich darauf gestützt, dass sich „die Wohnung (...) seit dem 10.08.2010 nicht wesentlich verändert“ habe: „Bis heute hängt in allen Zimmern die Elektrik lose aus den Wänden, es existiert keine Küche, in der Küche fehlt der Fußboden ganz, im Bad noch teilweise, im Bad sind Toilette und Duschwanne installiert, es existiert jedoch weder ein Waschbecken noch eine Duschkabine, noch die zugesagte Deckenbeleuchtung. Darüber hinaus sind jetzt an der Decke und an der Fußleiste frische Wasserflecken erkennbar, was auch für die Decke des Flurs im Bereich zum Bad hin gilt. Darüber hinaus sind in der ganzen Wohnung noch keine Heizkörper installiert. Die Wohnung ist derzeit nach wie vor unbewohnbar.“ Selbst unter Hinwegdenken des Wasserschadens vom 24./25. August 2010, der offenbar die „frischen Wasserflecken“ in der Wohnung des Klägers hervorgerufen hat, entfiele die Nichtvermietbarkeit seiner Wohnung aufgrund ihres vorgenannten, bereits seit dem 10. August 2010 bestehenden Zustands nicht. Weswegen aber dieser Vorzustand in pflichtwidriger und zu vertretener Weise von den Beklagten hervorgerufen worden sein soll, hat der Kläger nicht dargetan. Soweit die Beklagten den Ausbau des Daches – jedenfalls bis zum Eintritt des Wasserschadens Ende August 2010 – fachgerecht haben ausführen lassen, vermag der Kläger jedenfalls betreffend das beendete Mietverhältnis aus einem bloßen zeitlichen Zusammenhang zwischen Ausbau und Unvermietbarkeit seiner Wohnung nichts herzuleiten. Auch hat er nichts dazu vorgetragen, durch welche Arbeiten an der Decke seiner Wohnung die im o.g. Schreiben vom 7. September 2010 aufgezählten Mängel entstanden sind.
(dd) Ob sich ein Anspruch des Klägers auf Zahlung von Schadensersatz dem Grunde nach auch aus dem Umstand ergeben kann, dass die Beklagten dem Kläger gegenüber eine unrechtmäßige bauliche Veränderung vorgenommen haben, kann ebenfalls dahin stehen. Es hätte dem Kläger insoweit wiederum oblegen, substantiiert darzutun, weshalb die Nichtvermietbarkeit seiner Wohnung, die bereits am 10. August 2010 gegeben gewesen sein soll (s.o.), maßgeblich auf die Dachgeschossausbauarbeiten für die Beklagten zurückzuführen gewesen ist. Als Ursache kommt insoweit auch der – zeitlich vorgelagerte – Abriss des Flachdaches durch die Gemeinschaft bzw. die von ihr beauftragte Fa. C. P.bau gemäß Beschluss der Eigentümerversammlung vom 22. Februar 2010 in Betracht. ...
(ee) Ein Entschädigungsanspruch des Klägers ergibt sich nicht aus § 14 Ziff. 4 HS 2 WEG. Weder bei dem Abriss des Flachdaches noch bei dem Einzug der Betondecke nebst der daraufhin folgenden Dachausbaumaßnahmen handelt es sich um eine Instandhaltung oder Instandsetzung gemeinschaftlichen Eigentums; vielmehr handelte es sich dabei um bauliche Veränderungen im Sinne von § 22 WEG, die die Beklagten vorgenommen haben. Selbst wenn anerkannt ist, dass ein Duldungsanspruch nach § 14 Ziff. 4 HS 1 WEG aus dem gemeinschaftlichen Treueverhältnis auch im Zuge eines – erlaubten – Dachausbaus hergeleitet werden kann (vgl. dazu etwa KG, ZMR 1998, 369), wird das Rechtsverhältnis zwischen den Parteien dem Grunde nach durch bestehende gesetzliche Schuldverhältnisse geprägt (s.o.), weswegen es vorliegend an einer für eine analoge Anwendung notwendigen planwidrigen Regelungslücke fehlt.
B. Die Berufung der Beklagten ist unbegründet
Dem Kläger steht gegen die Beklagten im Zusammenhang mit dem Ausbau des Dachgeschosses und der – behaupteten – Unvermietbarkeit seiner Wohnung in der Zeit von September 2010 bis April 2011 dem Grunde nach ein Ersatzanspruch zu. Daher hat das Amtsgericht mit seinem angefochtenen Urteil eine Haftung dem Grunde nach auch zu Recht ausgesprochen.
Die Beklagten sind dem Kläger gegenüber aus dem gemeinschaftlichen Treueverhältnis heraus verpflichtet gewesen, im Rahmen der Ausbauarbeiten ihre Einheit im Dachgeschoss betreffend Schäden am Sondereigentum des Klägers zu vermeiden, und schuldeten darüber hinaus auch die sach- und fachgerechte Herstellung des Dachausbaus (s.o.). Der Haftung der Beklagten steht insoweit nicht entgegen, dass sie diese nicht selbst vorgenommen, sondern damit ihre Nebenintervenientin beauftragt haben. Es ist anerkannt, dass ein Sondereigentümer sich das Verschulden seines Unternehmers im Verhältnis zum anderen Sondereigentümer nach Maßgabe von § 278 BGB zurechnen lassen muss (vgl. BGH, NJW 1999, 2108, 2109). Der Kläger hat dazu unter Bezugnahme auf den „Zustandsbericht“ des Dipl.-Ing. P. vom 30. Juli 2010 substantiiert vorgetragen, dass die Abdichtung des Deckenbereichs gegen eindringende Feuchtigkeit unzureichend gewesen sei, wodurch es – auch durch Beeinflussung von Wind – zu dem Wasserschaden in seiner Wohnung gekommen sei; zu diesem Zeitpunkt waren die Arbeiten der Fa. C. P.bau zur Herstellung der Betondecke oberhalb der Wohnung des Klägers bereits abgeschlossen. Dem sind die Beklagten nicht erheblich entgegengetreten. ... Ein Grundurteil im Sinne von § 304 Abs. 1 ZPO war hier aber gerechtfertigt. Ein solches darf, sofern – wie hier – ein Anspruch nach Grund und Höhe streitig ist, dann ergehen, wenn alle Fragen, die zum Grund des Anspruchs gehören, erledigt sind und nach dem Sach- und Streitstand zumindest wahrscheinlich ist, dass der Anspruch in irgendeiner Höhe besteht (BGH, NJW-RR 2005, 1008, 1009). Davon ist die Kammer hier überzeugt. Die Beklagten haben selbst vorgetragen, dass infolge des Wasserschadens in einigen Wohnungen Trocknungsgeräte „wochenweise“ aufgestellt worden seien. Aus der von ihnen vorgelegten Rechnung der Fa. B vom 21. Februar 2011 ergibt sich zudem, dass eine „Raum-/Oberflächentrocknung mittels zwei Kondenstrockner“ in der Zeit vom 7. Dezember 2010 bis 16. Februar 2011 in der Wohnung des Klägers stattgefunden hat, welche auch dementsprechend abgerechnet worden ist. Und in welcher Weise die bereits für den 10. August 2010 dokumentierten Unzulänglichkeiten in der Wohnung des Klägers die Höhe seines Ersatzanspruchs beeinflussen, ist für dessen Bestehen dem Grunde nach nicht weiter von Belang.
Ein Anspruch des Klägers ist auch nicht deswegen ausgeschlossen, weil er sich zuvor gegenüber den Beklagten verpflichtet hatte, jedwede Beeinträchtigungen im Zusammenhang mit Ausbau des Dachgeschosses zu dulden. Aus dem Kaufvertrag, mit dem die Beklagten ihre Einheit erworben haben, können sie gegenüber dem Kläger nichts herleiten (s.o.). Auch hat der Kläger den baulichen Veränderungen nicht zugestimmt. Gegenstand der einstimmigen Beschlussfassung zu TOP 3 in der Eigentümerversammlung vom 22. Februar 2010, in der der Kläger vom Beklagten zu 2) vertreten war, waren nicht die Ausbauarbeiten der Beklagten, sondern die Maßnahmen, die die WEG ausführen und beauftragen wollte, also der Abriss des Flachdaches und – nach Errichtung der Betondecke – der Einbau von Trocken-Unterdecken.
Insoweit machen die Beklagten zwar zu Recht geltend, dass sie nur für diejenigen Schäden in der Sphäre des Klägers einzustehen haben, die auch durch ihren Dachgeschossausbau verursacht worden sind. Soweit (Mit-)Verursachungsbeiträge seitens der Gemeinschaft geleistet worden sind und daraus auch – teilweise – eine Gesamtschuldnerschaft gegenüber dem Kläger entstanden ist, wird diese aber bei der Höhe des Ersatzanspruchs zu berücksichtigen sein.
Bedeutung für die Praxis
Zwischen den Mitgliedern einer Wohnungseigentümergemeinschaft besteht ein gesetzliches Schuldverhältnis, aus dem Schutz- und Treuepflichten der Eigentümer untereinander folgen. Es besteht grds. gegen den Ausbauberechtigten ein schuldrechtlicher Anspruch auf die vollständige und mangelfreie Durchführung des Ausbaus und widrigenfalls Schadensersatzansprüche aus Pflichtverletzung (§§ 280 ff. BGB). Auch bei Übertragung dieser Grundsätze auf das Verhältnis unter Sondereigentümern kam im hiesigen Fall eine Haftung der Beklagten nicht in Betracht. Es fehlte an einer haftungsbegründenden Kausalität zwischen einer etwaigen Pflichtverletzung und dem eingetretenen Schaden. Es ist anerkannt, dass ein Sondereigentümer sich das Verschulden seines Unternehmers im Verhältnis zum anderen Sondereigentümer nach Maßgabe von § 278 BGB zurechnen lassen muss (vgl. BGH, NJW 1999, 2108, 2109). Wenn hier die Abdichtung des Deckenbereichs gegen eindringende Feuchtigkeit unzureichend gewesen ist, wodurch es – auch durch Beeinflussung von Wind – zu dem Wasserschaden in seiner Wohnung kam, ist die Haftung des Umbauenden für seine von ihm eingeschalteten Unternehmen dem Grunde nach zu bejahen.
Dr. Olaf Riecke, Hamburg
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