- § 14 Nr.1 WEG, § 22 Abs.1-3 WEG: Erhebliche optische Veränderung der Wohnungseigentumsanlage
- WEG §§ 43 Nr. 4, 46 Werdende Wohnungseigentümer als Beklagte einer Beschlussanfechtungsklage
- WEG §§ 21, 28 Entlastung des Verwalters; Leitungswasserschaden
- WEG §§ 21, 28 Finanzierungsbeschluss bei kostenintensiven Maßnahmen
- WEG §§ 21, 22; BGB § 1004 Änderung der Farbgebung von Gebäudeteilen als bauliche Veränderung
- WEG § 26; BGB § 242 Abberufung des Verwalters

LG Hamburg, Urteil vom 10.4.2013, 318 S 81/12
Auch ohne bauliche Tätigkeit im engeren Sinne und ohne Eingriff in die Bausubstanz kann eine bauliche Veränderung im Sinne von § 22 WEG angenommen werden. Dies gilt etwa für die bloße Änderung der Farbgebung des Hauses oder von sichtbaren Gebäudeteilen.
Sachverhalt
Die Kläger und die Beklagte zu 1) bilden die WEG K.straße … Die Parteien streiten um die Pflicht der Beklagten, einen weißen Farbanstrich an dem Dachunterschlag im Bereich ihrer Doppelhaushälfte zu entfernen (Klage) sowie um die Pflicht des Klägers zu 2), das Abstellen von Fahrzeugen vor dem Carport in bestimmter Weise zu unterlasen (Widerklage).
Die Kläger haben beantragt, die Beklagten „als Gesamtschuldner zu verpflichten, den Dachunterschlag der Haushälfte K.straße … b, 22 … Hamburg, als Dachunterschlag aus Naturholzbrettern mit nicht deckender Farbbeschichtung wiederherzustellen, eine etwa vorgenommene Oberflächenbeschichtung transparent zu gestalten und bei der Wahl einer farbigen transparenten Beschichtung einen braunen Holzton zu wählen”.
Begründung
A. Den Klägern steht gegen die Beklagten im Zusammenhang mit dem weißen Farbanstrich, den diese auf den Dachunterschlag haben aufbringen lassen, ein Anspruch auf Beseitigung und Wiederherstellung zu; insbesondere folgt ein solcher vorliegend aus § 1004 Abs. 1 S. 1 BGB.
a) Der Klageantrag ist auch bestimmt genug im Sinne von § 253 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 ZPO …
b) Das Amtsgericht hat seine Entscheidung nicht mit Recht darauf gestützt, dass die Kläger die Beseitigung und Wiederherstellung des Zustands des Dachunterschlages nicht verlangen können.
aa) Auch die Beklagten zu 2) und 3) sind vorliegend passivlegitmiert ...
bb) Hier ist eine Haftung der Beklagten zu 1) auch nach § 1004 Abs. 1 S. 1 BGB gegeben. Diese hat eine bauliche Veränderung im Sinne von § 22 Abs. 1 WEG vorgenommen, und zwar ohne dass die dadurch benachteiligten Kläger (§ 14 Ziff. 1 WEG) dem zugestimmt haben.
(1) Der streitbehaftete Dachunterschlag im Bereich der Haushälfte der Beklagten zu 1) steht im gemeinschaftlichen Eigentum der Wohnungseigentümer der WEG K.straße … Insoweit gilt § 1 Abs. 5 WEG, wonach gemeinschaftliches Eigentum durch das Grundstück sowie die Teile, Anlagen und Einrichtungen des Gebäudes, die nicht im Sondereigentum oder im Eigentum eines Dritten stehen, gebildet wird. Entgegen der Meinung der Beklagten ist der jeweilige Dachunterschlag nicht in das Sondereigentum des jeweiligen Nutzers einer Haushälfte überführt worden, vgl. § 5 Abs. 1 WEG. Entsprechendes ergibt sich insbesondere nicht aus der Regelung in § 3 TE, die sich zu „Sondereigentum und Gemeinschaftseigentum“ verhält. ... Durch die Regelung in § 3 Ziff. 1 sind lediglich „sämtliche Räume in den (...) Wohnungen und die zu diesen führenden Ver- und Entsorgungsleitungen“ ins Sondereigentum überführt worden. Soweit es in § 3 Ziff. 2 heißt, dass „Gemeinschaftseigentum (...) alle tragenden Elemente der Häuser, sämtliche Grundstücksteile“ sind, bedeutet dies im Umkehrschluss nicht, dass diejenigen Teile, Anlagen und Einrichtungen des Gebäudes, die sich nicht dahingehend einordnen lassen, ebenfalls dem Sondereigentum unterfallen. Vielmehr gilt insoweit der Grundsatz, dass im Zweifel gemeinschaftliches Eigentum anzunehmen ist, weil dies der Regel des Gesetzes entspricht (vgl. dazu nur Vandenhouten, in: Niedenführ/Kümmel/ Vandenhouten, 9. Aufl. 2010, § 5, Rn. 4, m.w.N.). Im Übrigen wiederholt der Wortlaut von § 3 Ziff. 2 TE lediglich sinngemäß den Inhalt von § 1 Abs. 5 und § 5 Abs. 2 WEG … Das betrifft anerkanntermaßen auch die konstruktiven Teile – „tragenden Elemente“ – eines Hauses.
(2) Die Beklagte zu 1) vermag den Anstrich des Dachunterschlages auch nicht auf die in § 7 TE enthaltene Regelung zur „Instandhaltung“ zu stützen. Danach obliegt zwar dem jeweiligen Eigentümer „die Instandhaltung des Sondereigentums und der zur alleinigen Nutzung zugeteilten Grundstücksfläche”, wobei der „Eigentümer verpflichtet (ist), das Gebäude und die Grundstücksfläche so instandzuhalten, dass dadurch dem anderen Eigentümer über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus kein Nachteil erwächst“. Ob diese Regelung lediglich Instandhaltungsmaßnahmen, nicht aber Instandsetzungsmaßnahmen erfasst, wie sie hier in Bezug auf den Farbanstrich des Dachunterschlages möglicherweise in Rede stehen, kann dahinstehen. Handelt es sich – wie hier (siehe dazu unter (8)) – um die Vornahme einer baulichen Veränderung im Sinne von § 22 Abs. 1 WEG, ist der rechtliche Rahmen, der grundsätzlich durch § 21 Abs. 5 Nr. 2 WEG vorgegeben und hier ggf. davon teilweise abweichend in § 7 TE geregelt worden ist, in jedem Fall verlassen.
(3) Die Regelungen in § 5 TE zur „Nutzung“ vermögen ebenfalls keinerlei direkten Einfluss auf die hier zwischen den Parteien streitige Frage zu nehmen. Sofern es in § 5 Ziff. 2 TE heißt, dass „die dem Eigentümer zur alleinigen Nutzung zugeteilten Grundstücksfläche (...) von dem jeweils Berechtigten so genutzt werden, wie es bei einer realen Teilung des Grundstücks unter Berücksichtigung der nachbarschaftlichen Rechtsverhältnisse möglich wäre“, ergibt sich daraus unter Beachtung der o. g. Auslegungsgrundsätze für dinglich wirkende Vereinbarungen, dass damit die Nutzungsbefugnisse des jeweiligen Sondernutzungsberechtigten festgelegt werden, aber von dem Grundsatz, dass sich bauliche Veränderungen in diesem Bereich am Maßstab des § 22 Abs. 1 WEG messen lassen müssen (Kümmel, in: Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, a.a.O., § 13, Rn. 41), nicht abgewichen wird. Selbst wenn – was aufgrund des Inhalts von § 2 Ziff. 1 und 2 TE sowie dem der Vereinbarung anliegenden Lageplan naheliegt – auch die Außenflächen der jeweiligen Hausflächen zur Sondernutzung des jeweiligen Sondereigentümers zugewiesen wären, würde sich daraus nicht ergeben, dass der jeweilige Berechtigte auf der Grundlage von § 5 TE beliebige bauliche Veränderungen an „seiner“ Hälfte vornehmen darf. Dies gilt vielmehr (nur) für deren konkrete Nutzung, insbesondere der jeweiligen Gartenfläche. Es kommt hinzu, dass es andernfalls der weiteren Regelung in § 9 TE (dazu sogleich) nicht mehr bedurft hätte, weil sich die Befugnis zur Vornahme jeglicher baulicher Veränderungen bereits aus § 5 TE ergeben hätte.
(4) Auch die in § 9 TE enthaltene Regelung zu „baulichen Änderungen“ hat keinen Einfluss auf die rechtliche Beurteilung der farblichen Neugestaltung des Dachunterschlages durch die Beklagte zu 1). Ausgehend vom Wortlaut erfasste diese Regelung nur „bauliche Änderungen an den den Eigentümern zum Sondereigentum zugeteilten Wohnungen“. Um eine solche streiten die Parteien hier jedoch nicht.
(5) Letztlich ergibt sich eine Änderungsbefugnis zu Gunsten der Beklagten zu 1) auch nicht aus der Regelung des § 16 TE („Lasten und Kosten“). Der Umstand, wer danach etwaige Kosten im Zusammenhang mit der Vornahme einer – auch baulichen – Maßnahme zu tragen hat, wirkt sich auf die Befugnis zur Vornahme derselben nicht aus; beide Rechtskreise sind zu trennen.
(6) Die Voraussetzungen des § 22 Abs. 1 WEG sind vorliegend durch das „Gesamtgefüge“, wie es durch den Inhalt der zwischen den Parteien geltenden Teilungserklärung vorgegeben wird, auch nicht – teilweise oder vollständig – abbedungen worden. Dass dies grundsätzlich möglich ist, steht außer Zweifel (vgl. nur Elzer, in: Timme, BeckOK-WEG, Ed. 15 [1/2013], § 22, Rn. 354, m.w.N.); auch sind dann die allgemeinen nachbarrechtlichen Vorschriften des Privatrechts und des öffentlichen Rechts heranzuziehen (BayObLG, NZM 2011, 769, 770). Grund und Reichweite einer solchen Abbedingung sind durch Auslegung – nach o. g. Maßstäben – zu ermitteln (OLG Köln, NJOZ 2003, 3598, 3599).
Letzteres führt vorliegend jedoch nicht zu einer Abweichung von den gesetzlichen Voraussetzungen zur Vornahme einer baulichen Veränderung, insbesondere dahingehend, dass es keines oder eines „stärkeren“ Nachteils im Sinne von § 14 Ziff. 1 WEG in Person eines oder mehrerer Miteigentümer(s) – hier der Kläger – bedarf …
Und selbst wenn die Reichweite einer etwaigen Abbedingung von § 22 WEG unklar wäre, käme ebenso nur die gesetzliche Regelung zum Tragen (vgl. etwa OLG Stuttgart, NJW-RR 1987, 330, 331).
(7) Der Anspruch der Kläger ist auch nicht deswegen ausgeschlossen, weil die Beklagte zu 1) ihrerseits gemäß § 22 Abs. 2 oder 3 WEG die Vornahme der baulichen Veränderung als Modernisierung (§ 22 Abs. 2 WEG) oder als modernisierende Instandsetzung (§§ 22 Abs. 2, 21 Abs. 3 und 4 WEG) verlangen kann. Es fehlt schon an hinreichendem Vortrag, dass das den Eigentümern dazu eingeräumte Ermessen dahingehend „auf null“ reduziert ist, dass der Dachunterschlag nur in der Art und Weise zu reparieren ist, wie es die Beklagte zu 1) veranlasst hat.
(8) Dass auch ohne bauliche Tätigkeit im engeren Sinne und ohne Eingriff in die Bausubstanz eine bauliche Veränderung im Sinne von § 22 WEG angenommen werden und eine solche durchaus in einer bloßen Änderung der Farbgebung liegen kann, steht außer Zweifel (vgl. dazu HansOLG, ZMR 2005, 394, m.w.N.).
(9) Nach § 14 Ziff. 1 WEG ist jeder Wohnungseigentümer verpflichtet, von dem gemeinschaftlichen Eigentum – wozu auch das ihm zur Sondernutzung zugewiesene zählt – nur in solcher Weise Gebrauch zu machen, dass dadurch keinem der anderen Wohnungseigentümer über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus ein Nachteil erwächst. ... Es bedarf dazu jeweils der Bewertung aller Umstände des Einzelfalls (s. OLG München, NZM 2005, 509, 510).
Wenn eine erhebliche optische Veränderung des gesamten Gebäudes mit der Maßnahme einhergeht, ist ein Nachteil regelmäßig anzunehmen; denn ob eine erhebliche optische Veränderung des Gebäudes ein Vorteil oder ein Nachteil ist, können im Regelfall auch verständige Wohnungseigentümer unterschiedlich bewerten, selbst wenn die Maßnahme dem gängigen Zeitgeschmack entspricht. Die Minderheit muss sich dem Geschmack der Mehrheit nicht fügen, jedenfalls dann, wenn und soweit die Entscheidung nach dem Gesetz nicht – etwa nach § 22 Abs. 2 WEG – der Mehrheitsmacht unterworfen ist (vgl. dazu jüngst BGH, Urt. v. 14.12.2012 – V ZR 224/11, ZMR 2013, 292). Vorliegend ist die Kammer aufgrund der von den Parteien vorgelegten Lichtbilder zu der Überzeugung gelangt, dass mit der farblichen Gestaltung, wie sie die Beklagte zu 1) betreffend die im Bereich ihrer Haushälfte befindlichen Dachunterschläge gewählt hat, das gesamte Gebäude erheblich optisch verändert worden ist. Wie auch das Amtsgericht in seinen Entscheidungsgründen ausgeführt hat, weisen die Dachunterschläge im Bereich der „Grenze“ zwischen den Haushälften einen auffälligen Farbwechsel auf, der durch den starken Hell-Dunkel-Kontrast und dadurch, dass dieser Wechsel durch architektonische Gegebenheiten nicht veranlasst ist, stark ins Auge fällt und störend wirkt. Dadurch wird zwar der Übergang zwischen den beiden Haushälften stark kontrastiert und betont; gleichwohl handelt es sich aber auf der Seite der Hauseingänge und auf der zur W.straße belegenen Hausseite um jeweils durchgehende Dachunterschläge, bei denen eine unterschiedliche Farbwahl lediglich abrupt, aber nicht durch örtliche Gegebenheiten bedingt wirkt.
(10) Der Durchsetzung des Anspruchs der Kläger steht nicht entgegen, dass diese zwischenzeitlich selbst ihren Dachunterschlag neu gestaltet haben. Die Beklagen haben dazu lediglich vorgetragen, dass die Kläger die bisherige Holzfarbe nicht „getroffen“ hätten und deren Dachunterschläge weit dunkler gestrichen seien als der bisherige Holzton. Dass dadurch aber ein Zustand geschaffen worden sei, durch den der helle, von der Beklagten zu 1) gewählte Farbton nicht mehr nach Maßgabe obiger Ausführungen auffallend wirkt und dadurch die erhebliche optische Veränderung des Gebäudes entfällt, haben die Beklagten hier nicht vorgetragen.
(11) Den Beklagten ist die Erfüllung des Beseitigungs- bzw. Wiederherstellungsanspruchs auch nicht unzumutbar im Sinne von § 275 Abs. 2 BGB. Es ist zwar anerkannt, dass diese Regelung auch im Rahmen von § 1004 BGB Anwendung findet (BGH, NJW 2010, 2341, Tz. 9, m.w.N.). Selbst wenn, wie die Beklagten unter Bezugnahme auf die von den Klägern vorgelegte „Sachverständige Begutachtung“ des Sachverständigen im Malerhandwerk K vorgetragen haben, die Kosten der Maßnahme von etwa € 2.500,- einem Beseitigungsaufwand von mehr als € 16.000,- gegenüberstünden, so könnten sich die Beklagten vorliegend nicht darauf berufen: Die Beklagte zu 1) hat die bauliche Veränderung in dem Wissen vorgenommen, dass die Kläger mit der Farbwahl nicht einverstanden gewesen sind. Dazu heißt es im Protokoll der Eigentümerversammlung vom 4. Dezember 2009 zu TOP 7 : „Die Gesellschafter [der Beklagten zu 1)] kündigen an, die Dachunterschläge im Bereich ihrer SNR-Fläche im Frühjahr mit einem weißen Pflegefarbstrich versehen zu lassen. Über die Pflegbedürftigkeit besteht Einigkeit, über die Farbgebung nicht. Der TOP wird ohne Beschluss verlassen.“ Demgemäß konnten sich die Beklagte zu 1) bzw. ihre auf der vorgenannten Versammlung auch anwesenden Gesellschafter, die Beklagten zu 2) und 3), nicht darauf verlassen, dass die Kläger die beabsichtigte Maßnahme in ihrer konkreten Ausgestaltung billigen werden; das Risiko, auf Rückbau bzw. auf Wiederherstellung in Anspruch genommen zu werden, war bekannt (vgl. dazu OLG Köln, NZM 2000, 764; BayObLG, NZM 1999, 1150, 1152).
c) Die von der Beklagten zu 1) auch in II. Instanz weiterhin noch verfolgte Hilfswiderklage, über die nur dann entschieden werden soll, wenn den Klägern ein Leistungsanspruch zugesprochen wird, ist ebenfalls begründet. Die Beklagte zu 1) kann von den Klägern nach Maßgabe der §§ 1004 Abs. 1 S. 1 BGB, 15 Abs. 3 WEG verlangen, dass diese – jeder für sich – an der Haushälfte …a des die Parteien verbindenden Objekts den grauen Anstrich der Metallabdeckung auf der Dachfläche rund um die zwei Dachgauben vorn und hinten sowie den grauen Farbanstrich auf der Metallabdeckung auf der Dachflächenkante vorn und hinten bis in den Bereich der Dachfläche K.straße … hinein entfernen. Die Kläger haben insoweit eine unberechtigte bauliche Veränderung, die nicht durch den Inhalt der Teilungserklärung gedeckt ist (s. o.), vorgenommen, die für die Beklagte zu 1) einen nicht mehr hinnehmbaren Nachteil im Sinne von § 14 Ziff. 1 WEG begründet.
Die Beklagte zu 1 ) hat dazu bereits mit ihrer Hilfswiderklage geltend gemacht, dass die neu aufgebrachte „graue Farbe auf den Metallabdeckungen (...) durch keinerlei Umgebungsparamater forciert” sei und „das einheitliche Erscheinungsbild” störe. Dies haben die Kläger in Abrede genommen, woraufhin die Beklagte zu 1) betreffend den „von schwarz auf dunkelgrau ‚aufgehellten’ Anstrich” auf den Inhalt der zur Akte gereichten Lichtbilder verwiesen hat. Diesem entnimmt die Kammer auch, dass der farbliche Unterschied, wie er in Bezug auf die Metallabdeckungen auf der Haushälfte der Kläger im Gegensatz zu denen auf der Seite der Beklagten zu 1) zu erkennen ist, nicht nur unerheblich ist und dementsprechend auch einen Nachteil im Sinne von § 14 Ziff. 1 WEG begründet.
B.
2. Die Beklagte zu 1) kann von dem Kläger zu 2) verlangen, dass dieser es unterlässt, Personenkraftwagen auf der gemeinsamen Grundstücksauffahrt außerhalb der sich aus der geradlinigen Verlängerung der markierten Stellplatzfläche im Carport ergebenen Fläche abzustellen. Dieser Unterlassungsanspruch ergibt sich hier aus den §§ 1004 Abs. 1 S. 2 BGB, 15 Abs. 3 WEG.
a) Zwischen den Klägern und der Beklagten zu 2) gilt die Gebrauchsregelung in Bezug auf einen Teil des gemeinschaftlichen Eigentums – hier: die gemeinsame Grundstückszufahrt –, wie sie sich nach Maßgabe des einstimmig gefassten Beschlusses der Eigentümerversammlung vom 4. Dezember 2009 zu TOP 5 (Beschluss 7/09) darstellt. Danach darf „auf der Gemeinschaftsfläche vor den Stellplätzen (...) jede Wohnungseigentumseinheit ein weiteres Kfz parken. Dabei ist die fiktive Verlängerung der Grenze (weiße Pflastersteine) zwischen den Stellplätzen (nach vorne gedacht) einzuhalten (...)“. Dieser Beschluss, dessen Inhalt nach den identischen – objektiv-normativen – Auslegungsgrundsätzen wie dingliche Vereinbarungen zu bestimmen ist (vgl. BGH, NJW 2010, 3093, Tz. 9), gibt nach seinem eindeutigen und klaren Wortlaut im Sinne von § 15 Abs. 2 WEG vor, wie die Fläche vor den Stellplätzen, die ausweislich von § 2 TE in Verbindung mit dem Lageplan nicht mit Sondernutzungsrechten zugunsten einzelner Wohnungseigentümer belegt ist, zu nutzen ist. Danach steht jeder Einheit eine weitere Stellplatzfläche zur Verfügung, die sich – was ihre Begrenzung zur Mitte hin betrifft – aus der geradlinigen Verlängerung der durch weiße Pflastersteine markierten „Grenze“ im Carport nach vorne zur Straße hin ergibt. Diese, an den örtlichen Begebenheiten orientierte Nutzungsregelung ist auch durchführbar. ...
b) Der Beschluss Nr. 7/09 ist gültig. Die Kläger habe ihre Abstimmung in der Eigentümerversammlung vom 4. Dezember 2009, die mit der Stimmabgabe und dem Zugang beim Versammlungsleiter wirksam geworden ist (vgl. BGH, NJW 2012, 3372, Tz. 8), weder nach materiellem Recht (§§ 119 ff. BGB) noch prozessual (§§ 23 Abs. 4 S. 2, 43 Nr. 4, 46 WEG) angefochten.
Ein Eingriff durch das Gericht in bestehende Regelungen der Wohnungseigentümer, insbesondere aber auch deren Abänderung oder Ersetzung durch eine andere Regelung, kommt jedenfalls nur dann in Betracht, wenn außergewöhnliche Umstände ein Festhalten an einem Beschluss als grob unbillig und damit als gegen Treu und Glauben verstoßend erscheinen lassen (vgl. nur OLG Frankfurt/Main, NZM 2009, 440; NJW-RR 2007, 377). Daraus folgt ein Anspruch eines jeden Wohnungseigentümers auf Abänderung einer – wie hier – beschlossenen Gebrauchsregelung unter ähnlichen Voraussetzungen, wie sie in § 10 Abs. 2 S. 3 WEG enthalten sind (so etwa OLG München, NZM 2009, 132, 133; Dötsch, in: Timme, a.a.O., § 15, Rn. 105). Unabhängig davon, ob den Klägern ein solcher Änderungsanspruch vorliegend überhaupt zusteht, ist es ihnen aber ohnehin verwehrt, diesen einredeweise dem Anspruch der Beklagten zu 1) entgegenzuhalten (vgl. etwa BayObLG, NJOZ 2002, 2579, 2582). Dies folgt insbesondere aus dem Umstand, dass es nach dem Vortrag der Kläger schon nicht erkennbar ist, dass alleinig eine einzige Gebrauchsregelung zur Zufahrtsfläche den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht, den Eigentümern also bei deren Bestimmung kein Ermessen zusteht.
c) Der vorgenannte Beschluss ist nicht nichtig. Er ist insbesondere nicht unbestimmt (s. o.). ..
d) Die weiteren Voraussetzungen eines Unterlassungsanspruchs sind erfüllt. Im Rahmen eines Anspruchs nach den §§ 1004 Abs. 1 S. 2 BGB, 15 Abs. 3 WEG hält es die Kammer für erforderlich, dass neben der unzulässigen Nutzung als solcher noch weitere – konkrete – Beeinträchtigungen vorliegen oder ernsthaft zu besorgen sein müssen, und zwar etwa solche im Sinne von § 14 Ziff. 1 WEG (vgl. nur BGH, NJOZ 2005, 3210, 3211; NZM 2010, 365, 367, Tz. 24).
Solche Beeinträchtigungen hat die Beklagte zu 1) hier vorgetragen und durch Lichtbilder belegt. Danach sind die Platzverhältnisse auf den dem gemeinsam genutzten Carport vorgelagerten Stellplätzen, auch dem der Beklagten zu 1), vergleichsweise beengt, weswegen jede auch nur geringfügige Überschreitung der nach § 15 Abs. 2 WEG beschlossenen Nutzungsfläche zur Seite hin eine Beeinträchtigung des jeweils anderen Nutzers in seinen Rechten nach sich zieht …
Bedeutung für die Praxis
Während in der Regel bauliche Veränderungen im Sinne des § 22 Abs. 1 WEG mit Substanzeingriffen verbunden sind, kann dies im Einzelfall auch mal entbehrlich sein. Bewirkt die neue Farbgebung (z. B. statt der bisherigen einheitlichen und unauffälligen Farbgebung nunmehr kräftige Farbtöne) eine störende Veränderung des architektonisch-ästhetischen Gesamteindrucks der Rückfassade, so stellt dies eine nachteilige bauliche Veränderung dar, die die übrigen Wohnungseigentümer nicht hinzunehmen haben (vgl. OLG Hamburg ZMR 2005, 394).
Dr. Olaf Riecke, Hamburg