Schönheitsreparaturen; Parkettklausel, salvatorische Klausel

Abgrenzung zu Individualvereinbarung, BGH, Beschluss vom 5.3.2013, VIII ZR 137/12

Salvatorische Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen/Formularmietverträgen können jedenfalls dann nicht wirksam vereinbart werden, wenn die Rechtslage – wie hier hinsichtlich der Parkettklausel der Fall – nicht zweifelhaft ist. Selbst wenn es sich bei einer Klausel zur Vertragslaufzeit um eine Individualvereinbarung handeln sollte, folgt hieraus noch nicht, dass davon auch hinsichtlich der Schönheitsreparaturklauseln auszugehen wäre.

Begründung
1. Soweit die Beklagte meint, es liege ein Revisionszulassungsgrund vor, trifft dies nach wie vor nicht zu, zumal der Senat auch schon über die Verwendung einer salvatorischen Klausel in einem Wohnraummietvertrag entschieden hat (Senatsurteil vom 20. Januar 1993 – VIII ZR 10/92, NJW 1993, 1061 unter II 1 c – zur Klausel „soweit gesetzlich zulässig”). Es ist eine weitere Entscheidung des Revisionsgerichts auch nicht deshalb erforderlich, weil die in § 11 Nr. 3 des vorliegenden Mietvertrags in der „Parkettklausel” enthaltene salvatorische Klausel im Anschluss an die Formulierung „sofern dies die Gesetzeslage bzw. die Rechtsprechung erlauben” die Formulierung enthält:
„was nach dem heutigen Stand nicht der Fall ist, so dass der Mieter die Versiegelung momentan auch nicht schuldet. Hintergrund dafür, dass dieser Satz dennoch in den Vertrag aufgenommen wird, ist Folgendes: Zunächst ist nicht ausgeschlossen, dass sich die Gesetzeslage oder die Rechtsprechung ändern könnte[n]. …”
Zur Beurteilung dieser salvatorischen Klausel, die das Berufungsgericht zutreffend wegen Verstoßes gegen das Verständlichkeitsgebot als unwirksam angesehen hat, bedarf es keiner weiteren höchstrichterlichen Entscheidung. Denn es besteht weitgehend Einigkeit darüber, dass salvatorische Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen jedenfalls dann nicht wirksam vereinbart werden können, wenn die Rechtslage – wie hier hinsichtlich der Parkettklausel der Fall – nicht zweifelhaft ist (vgl. nur Ulmer/Habersack in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 11. Aufl., § 305 BGB Rn. 153; MünchKommBGB/Basedow, 6. Aufl., § 305 Rn. 75; jeweils m.w.N.).


2a) Der Senat hält an seiner Auffassung fest, dass das Berufungsgericht in tatrichterlicher Würdigung ohne Rechtsfehler angenommen hat, dass sich im vorliegenden Fall sowohl aus der Erscheinungsform des Textes des streitgegenständlichen Mietvertrags als auch aus dessen Inhalt ein erster Anschein für das Vorliegen Allgemeiner Geschäftsbedingungen ergibt. Ebenso bleibt der Senat bei seiner Einschätzung, dass die Beurteilung des Berufungsgerichts, das Vorbringen der Beklagten sei nicht geeignet, diesen ersten Anschein zu widerlegen, aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden ist.


b) Soweit die Beklagte (erneut) geltend macht, das Berufungsgericht hätte zumindest über ihren Vortrag zum Aushandeln der Mietvertragsbedingungen Beweis durch Vernehmung der von ihr benannten damaligen Mitarbeiterin erheben müssen, verhilft auch diese Rüge der Revision nicht zum Erfolg. Denn das Berufungsgericht durfte verfahrensfehlerfrei von einer Vernehmung der Zeugin absehen, weil nach seiner aus Rechtsgründen nicht zu beanstandenden Beurteilung bereits das unter Beweis gestellte Vorbringen der Beklagten nicht ausreicht, um den ersten Anschein des Vorliegens Allgemeiner Geschäftsbedingungen zu widerlegen.


c) Hieran ändert der in der Stellungnahme der Beklagten hervorgehobene Gesichtspunkt nichts, dass nach den Feststellungen des Berufungsgerichts sowohl in § 2 als auch in § 11 der Endfassung des Mietvertrags Änderungen gegenüber dem ursprünglichen Vertragsentwurf vorgenommen worden sind. Die Revision vertritt die Auffassung, diese Änderungen seien als ein „Gesamtpaket” zu betrachten. Die Änderungen in § 11 des Mietvertrags seien erfolgt, nachdem die Beklagte zwar bereit gewesen sei, von ihrer eigentlichen Vorstellung einer Mindestvertragslaufzeit von 48 Monaten zu Gunsten der Kläger abzuweichen und so das Risiko einzugehen, auf anderenfalls garantierte Mieteinnahmen für den Differenzzeitraum zu verzichten, in diesem Zusammenhang aber klargestellt habe, dass sie hierzu nur dann bereit sei, wenn Einigkeit über die Verpflichtung der Mieter zur Durchführung von Schönheitsreparaturen und zur Übernahme diesbezüglicher anteiliger Kosten bei Auszug vor Fälligkeit solcher Arbeiten herrsche.


aa) Es kann offen bleiben, ob die Auffassung zutrifft, dass es sich auch bei der Regelung über die Mindestvertragslaufzeit in § 2 des Mietvertrags trotz des festgestellten Änderungswunschs der Kläger um eine Allgemeine Geschäftsbedingung handelt. Denn selbst wenn es sich um eine Individualvereinbarung handeln sollte, folgt hieraus noch nicht, dass davon auch hinsichtlich der Schönheitsreparaturklauseln auszugehen wäre (vgl. BGH, Urteile vom 17. Mai 1982 – VII ZR 316/81, BGHZ 84, 109, 112; vom 6. März 1986 – III ZR 195/84, BGHZ 97, 212, 215; vom 19. Juni 1996 – VIII ZR 189/95, ZIP 1996, 1997 unter II 1 c bb; ebenso OLG Düsseldorf, NJW-RR 1997, 628, 629; Erman/Roloff, BGB, 13. Aufl., § 305 Rn. 22; Ulmer/Habersack, a.a.O., Rn. 55; vgl. auch MünchKommBGB/Basedow, a.a.O., § 305 Rn. 41 und 44).


bb) Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht auch die Änderungen des § 11 Nr. 4 des Mietvertrags nicht zum Anlass genommen, die Regelung über die Schönheitsreparaturen insgesamt als Individualvereinbarung anzusehen. Hieran ändert der vorgebrachte Gesichtspunkt, mit der auf Wunsch der Kläger vorgenommenen Verkürzung der Mindestvertragslaufzeit sei eine Erhöhung ihres finanziellen Risikos verbunden, nichts. Denn in den Veränderungen der Regelung in § 11 Nr. 4 des Mietvertrags ist gleichwohl keine Änderung des wesentlichen Inhalts der Klausel, sondern lediglich eine unselbständige Ergänzung in Gestalt einer Änderung der Formulierung zu sehen, die den Charakter der Klausel als Allgemeine Geschäftsbedingung nicht in Frage stellt (vgl. BGH, Urteile vom 30. Oktober 1987 – V ZR 174/86, BGHZ 102, 152, 158; vom 18. Mai 1995 – X ZR 114/93, WM 1995, 1455 unter 1 b).


cc) Das Urteil des XII. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs vom 18. März 2009 (XII ZR 200/06, NJW-RR 2009, 947) führt zu keiner anderen Beurteilung. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob die dort angestellten Überlegungen ohne Weiteres auf das Wohnraummietrecht übertragen werden können. Denn es unterscheidet sich der Streitfall wesentlich von der Fallkonstellation, die der Entscheidung des XII. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs zugrunde lag. Dort war auf Wunsch des Mieters eine Änderung der formularvertraglich vorgesehenen Endrenovierungspflicht in einem Punkt durch Aufnahme einer zusätzlichen Klausel in den Mietvertrag vorgenommen worden. Der XII. Zivilsenat hat hierin eine Verhandlung über den Umfang der dem Mieter bei Ende des Mietvertrags auferlegten Schönheitsreparaturen insgesamt gesehen. So liegt der Fall hier indes nicht. Denn hier ist die geringfügige, lediglich ein vorhandenes Rechenbeispiel betreffende Änderung des § 11 Nr. 4 des Mietvertrags als solche nicht von den Klägern verlangt worden, sondern lediglich eine (notwendige) Folge der auf deren Wunsch vorgenommenen Verringerung der Mindestlaufzeit des Mietvertrags.


dd) Selbst wenn es sich bei den Klägern um Richter handeln sollte, änderte dies nichts an der Geltung der strengen Anforderungen, die nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. hierzu BGH, Urteile vom 30. Oktober 1987 – V ZR 174/86, BGHZ 102, 152, 158 m.w.N.; vom 3. April 1998 – V ZR 6/97, NJW 1998, 2600 unter II 2 b; Erman/Roloff, a.a.O. Rn. 58) an ein Aushandeln von Vertragsbedingungen zu stellen sind.

Anm: Vgl. auch Beschluss des BGH vom 20.11.2012 in selber Sache

Bedeutung für die Praxis
Es besteht weitgehend Einigkeit darüber, dass salvatorische Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen jedenfalls dann nicht wirksam vereinbart werden können, wenn die Rechtslage nicht zweifelhaft ist. Es kann offen bleiben, ob die Auffassung zutrifft, dass es sich auch bei der Regelung über die Mindestvertragslaufzeit des Mietvertrags trotz des festgestellten Änderungswunschs der Mieter um eine Allgemeine Geschäftsbedingung handelt. Denn selbst wenn es sich um eine Individualvereinbarung handeln sollte, folgt hieraus noch nicht, dass davon auch hinsichtlich der Schönheitsreparaturklauseln auszugehen wäre. Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht auch die Änderungen des Mietvertrags nicht zum Anlass genommen, die Regelung über die Schönheitsreparaturen insgesamt als Individualvereinbarung anzusehen. Denn in den Veränderungen ist gleichwohl keine Änderung des wesentlichen Inhalts der Klausel, sondern lediglich eine unselbständige Ergänzung in Gestalt einer Änderung der Formulierung zu sehen, die den Charakter der Klausel als Allgemeine Geschäftsbedingung nicht in Frage stellt

Rechtsanwalt Heiko Ormanschick, Hamburg

Schlagworte zum Thema:  Wohnungswirtschaft, Mietrecht