- ZPO § 256 Abs. 1 Feststellungsklage auf Ersatz künftigen Schadens
- BGB §§ 242, 858, 862 Abs. 1 Satz 2, § 906 Abs. 1 Rauchen auf dem Balkon eines Mehrfamilienhauses
- Ablehnung eines Mietvertragsabschlusses wegen gleichgeschlechtlicher Partnerschaft
- BGB § 573 Abs. 1 i.V.m Abs. 2 Nr. 1 Ordentliche Kündigung; nächtliche Ruhestörung

AGG §§ 2 Abs. 1 Nr. 8, 19 Ablehnung eines Mietvertragsabschlusses wegen gleichgeschlechtlicher Partnerschaft, AG Köln, Urteil vom 17.6.2014, 147 C 68/14
Auch wenn zwischen den Parteien noch kein Vertrag zustande gekommen ist, weil durch die Mitteilung des potenziellen Vermieters, er bestätige eine Option auf den Tag x, dieser lediglich zum Ausdruck gebracht habe, diesen Termin zu reservieren, ohne dass hiermit eine Verpflichtung einer Partei zum Vertragsschluss begründet wurde, hat der potentielle Vermieter dennoch, indem der Beklagte einen Vertragsschluss wegen der gleichgeschlechtlichen Partnerschaft abgelehnt hat, gegen das Benachteiligungsverbot des § 19 Abs. 1 AGG verstoßen.
Sachverhalt
Die Kläger machen gegen den Beklagten Ansprüche nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (im Folgenden: "AGG") geltend. Bei den Klägern handelt es sich um ein gleichgeschlechtliches Paar, das beabsichtigte, Mitte des Jahres 2014 eine gleichgeschlechtlich eingetragene Lebenspartnerschaft einzugehen. Der Beklagte vermietet als Veranstalter die Villa E. in L. für Veranstaltungen aller Art, insbesondere auch für Hochzeitsfeiern. Bei Hochzeitsfeiern wird die Villa dem Brautpaar für drei Tage zur Verfügung gestellt. Dem Brautpaar wird dabei kostenlos ein "Hochzeitszimmer" mit Bad zur Verfügung gestellt. Bei der Villa E. handelt es sich auch um das private Wohnhaus der Familie des Beklagten, das zugleich teilweise vermietet ist. Der Beklagte wohnt selbst in der Villa E. und zieht für die Dauer der Vermietung derselben an eine Hochzeitsgesellschaft aus. Das Brautpaar übernachtet in dem ansonsten von ihm genutzten Schlafzimmer. Die Mutter des Beklagten, die Eigentümerin des Hauses ist, bleibt währenddessen im Gartenhaus wohnen. Auch die Söhne des Beklagten verbleiben im Haus und teilen sich mit dem Hochzeitspaar das Bad und die Küche.
Die Kläger wurden durch die Internetpräsenz des Beklagten auf die Villa E. aufmerksam. Dort wird die Villa E. als Veranstaltungsort für Veranstaltungen verschiedenster Art, insbesondere auch für Hochzeitsfeiern, mit einer Kapazität von 100 (Innenbereich) bzw. 150 Personen (Außenbereich) angeboten. Der Kläger zu 1) richtete am 11.7.2013 eine Anfrage per E-Mail an den Beklagten, ob im Jahre 2014 Termine für eine Hochzeitsfeier frei seien und mit welchen Kosten zu rechnen sei. Der Beklagte antwortete mit E-Mail vom 17.7.2013, dass die Wochenenden im August mit Ausnahme zweier Optionen frei seien, und benannte die Konditionen für eine Vermietung. Nach einer weiteren Anfrage des Klägers teilte der Beklagte mit, dass der 30. August noch frei sei. Eine Besichtigung des Objekts sollte im September 2013 stattfinden. Mit weiterer E-Mail vom 17.8.2013 schlug der Kläger zu 1) verschiedene konkrete Termine für die Besichtigung vor. In der genannten E-Mail heißt es weiter: "Eine Sache wollte ich noch ansprechen, da das aus unserer Namenskonstellation nicht unbedingt hervorgeht. Bei mir und meinem Verlobten handelt es sich um zwei Männer, ich hoffe das stellt für Sie kein Problem dar." Der Beklagte antwortete hierauf mit E-Mail vom 20.8.2013: "Sehr gut, dass Sie das noch erklärt haben. Denn in der Tat ist das hier nicht so einfach, denn das Haus gehört meiner Mutter und diese kann sich mit den neuen Gegebenheiten noch nicht so recht anfreunden …". Nach weiterer E-Mail-Korrespondenz antwortete der Beklagte auf die Frage des Klägers zu 1), ob dies als Absage zu verstehen sei: "Ja. Die Kölner sagen dazu liebevoll: Et is, wie et is."
Die Kläger forderten den Beklagten mit anwaltlichem Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 11.9.2013 zur Zahlung einer angemessenen Entschädigung in Höhe von 5.000 € auf. Die Kläger sind der Ansicht, es liege ein Verstoß des Beklagten gegen §§ 2 Abs.1 Nr.8, 19 AGG vor. Die vorliegende Überlassung von Räumen über das Internet sei als Massengeschäft bzw. vergleichbares Schuldverhältnis zu qualifizieren.
Begründung
Die Klage ist teilweise begründet. Den Klägern steht gegen den Beklagten ein Anspruch auf Entschädigungszahlung gemäß § 21 Abs. 2 Satz 3 AGG in Höhe von jeweils 750 € zu.
Zwar ist durch die E-Mail-Korrespondenz der Parteien noch kein Vertrag zustande gekommen. Durch die Mitteilung des Beklagten, er bestätige eine Option auf den 30. August 2014, hat dieser lediglich zum Ausdruck gebracht, diesen Termin für die Kläger zu reservieren, ohne dass hiermit eine Verpflichtung einer Partei zum Vertragsschluss begründet wurde. Indem der Beklagte einen Vertragsschluss mit den Klägern wegen deren gleichgeschlechtlicher Partnerschaft abgelehnt hat, hat er jedoch gegen das Benachteiligungsverbot des § 19 Abs. 1 AGG verstoßen.
Der Anwendungsbereich des § 19 Abs. 1 AGG ist vorliegend eröffnet, da es sich bei dem angestrebten Schuldverhältnis um ein solches handelt, das zu vergleichbaren Bedingungen in einer Vielzahl von Fällen zustande kommt und bei welchem das Ansehen der Person nach der Art des Schuldverhältnisses eine nachrangige Bedeutung hat (§ 19 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 AGG). Das Zurverfügungstellen der Villa E. für Veranstaltungen durch den Beklagten gegen Entgelt begründet ein gewerbliches Mietverhältnis. Selbst wenn man dem Vortrag des Beklagten folgend von einer Vermietung für ähnliche Veranstaltungen an lediglich 8 Wochenenden im Jahr ausgeht, was angesichts des Mailverkehrs zwischen den Parteien und der dort vom Beklagten angegebenen Auslastung allein im August 2014 zweifelhaft erscheint, handelt es sich doch bereits um ein Mietverhältnis, das in einer Vielzahl von Fällen zu vergleichbaren Bedingungen zustande kommt. Denn die diesbezügliche Tätigkeit des Beklagten ist, wie sich aus dem Vortrag der Parteien und dem Internetauftritt der Villa E. ergibt, auf Dauer angelegt, so dass nicht allein auf die jährliche Zahl der Vertragsabschlüsse, sondern auf deren Regelmäßigkeit abzustellen ist. Dass die Vermietung jeweils zu vergleichbaren Bedingungen erfolgt, folgt ebenfalls aus dem Internetauftritt des Beklagten sowie dessen E-Mail vom 17.7.2013, wonach die Konditionen für alle Hochzeitspaare seit Jahren gleich bleibend seien.
Darüber hinaus handelt es sich auch um ein Schuldverhältnis, bei welchem das Ansehen der Person nach Art des Schuldverhältnisses eine nachrangige Bedeutung hat. Ob das Ansehen einer Person von Bedeutung ist, bestimmt sich nicht nach den tatsächlichen Gegebenheiten, sondern nach der Art des Schuldverhältnisses. Das Ansehen der Person hat nachrangige Bedeutung, wenn es zwar bei der Entscheidungsfindung Berücksichtigung findet, aber anderen Faktoren ein erheblich höheres Gewicht zukommt. Bei der Abwägung im Einzelfall ist es also ein Kriterium, aber eines, das durch viele andere Kriterien aufgehoben werden kann. Hierbei kommt es nicht auf die Sicht des Anbietenden, sondern auf die eines neutralen Dritten unter Berücksichtigung der Art des Schuldverhältnisses an (Thüsing in Münchener Kommentar zum BGB, 6. Aufl. 2012, § 19 AGG Rz. 39 ff.).
Aus dem Internetauftritt des Beklagten folgt, dass dieser die Villa E. für eine Vielzahl von Veranstaltungen wie festliche Dinner, Seminare, Pressekonferenzen, Produktpräsentationen, Modeschauen und Hochzeiten vermietet. Dabei wird mit einer Kapazität von 100 Personen (innen) und 150 Personen (außen) geworben. Die Kläger weisen zutreffend darauf hin, dass der Beklagte bei Vermietung für Veranstaltungen dieser Größenordnung keinen Einfluss und keine Kontrollmöglichkeit hat, welche Personen sich im Laufe der durchgeführten Veranstaltungen auf seinem Grundstück befinden. Bereits hieraus folgt, dass das Ansehen der Person des Mieters nach der Art des hier vorliegenden Schuldverhältnisses lediglich von nachrangiger Bedeutung ist.
Etwas anderes folgt auch nicht daraus, dass der Beklagte dem Hochzeitspaar sein Schlafzimmer als Hochzeitszimmer kostenlos für die Übernachtung zur Verfügung stellt und seine Söhne und Mutter auf dem Grundstück verbleiben. Selbst wenn man davon ausgeht, dass der Vertrag im Hinblick hierauf Elemente eines Beherbergungsvertrages enthalten mag, folgt daraus nicht die Unanwendbarkeit des § 19 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 AGG. Zum einen liegt der Schwerpunkt des Vertrages auch unter Berücksichtigung dieses Umstandes weiterhin in einer gewerblichen Miete. Zum anderen erscheint die Annahme einer Unanwendbarkeit bei Beherbergungsverträgen allenfalls dann gerechtfertigt, wenn es sich um ein kleineres Familienhotel handelt, nicht aber im Falle eines großen Hotels mit zahlreichen Zimmern und großer Gästefluktuation (Bauer, Göpfert, Krieger, Kommentar zum AGG, 3. Aufl. 2011, § 19 Rz. 8; offengelassen von BGH, Urteil v. 9.3.2012 – V ZR 115/11 = MDR 2012, 570). Mit der Vermietung von Zimmern eines kleinen Familienhotels ist die vorliegende Vertragsgestaltung aber schon deshalb nicht vergleichbar, weil die private Villa im Rahmen der Veranstaltung einer Vielzahl von Gästen des Mieters zugänglich gemacht wird, auf deren Auswahl der Beklagte keinerlei Einfluss hat.
Der Anspruch ist auch nicht nach § 20 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Nr. 2 AGG ausgeschlossen. Ein sachlicher Grund für die unterschiedliche Behandlung gleichgeschlechtlicher Paare liegt nicht wegen dem Bedürfnis des Beklagten nach Schutz seiner Intimsphäre vor. Es ist bereits nicht erkennbar, dass die Intimsphäre des Beklagten durch die kostenlose Zurverfügungstellung seines Schlafzimmer an ein Hochzeitspaar im Rahmen eines gewerblichen Mietverhältnisses berührt wird, da auch hier letztlich nur die entsprechenden Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt werden und davon auszugehen ist, dass der Beklagte seine Intimsphäre betreffende Gegenstände zuvor aus dem Schlafzimmer entfernt. Jedenfalls aber erfordert der Schutz der Intimsphäre des Beklagten insoweit keine weiteren Maßnahmen als bei der Zurverfügungstellung an ein heterosexuelles Hochzeitspaar.
Die Frist des § 21 Abs. 5 AGG ist durch das anwaltliche Schreiben vom 11.9.2013 gewahrt worden.
Der Höhe nach erscheint der geltend gemachte Entschädigungsanspruch von jeweils 2.500 € allerdings deutlich übersetzt. Die Erheblichkeit der Verletzung hängt von Bedeutung und Tragweite des Eingriffs, Anlass und Beweggrund des Verletzers, dem Grad des Verschuldens und der Wiederholung bzw. Hartnäckigkeit des Handelns ab (PWW-Lingemann, BGB-Kommentar, 8. Aufl. 2013, § 21 AGG Rz.4). Dabei können auch präventive Elemente in die Bemessung einfließen (Thüsing in Münchener Kommentar, a.a.O., § 21 Rz. 63).
Unter Berücksichtigung dieser Umstände hat das Gericht sich bei der konkreten Bemessung des Entschädigungsanspruchs von folgenden Erwägungen leiten lassen: Bei der Feier aus Anlass der Eingehung einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft handelt es sich um ein für die Kläger als Betroffene wichtiges und mit vielen Emotionen behaftetes Ereignis, so dass der Eingriff für sie besonders schwer wiegt und nachhaltig ist. Auf der anderen Seite handelt es sich auf Seiten des Beklagten – soweit ersichtlich – um einen erstmaligen Verstoß, so dass weder ein wiederholtes noch ein hartnäckiges Verhalten festzustellen ist. Auch unter Berücksichtigung einer präventiven Wirkung erscheint die Zuerkennung eines Entschädigungsanspruchs in Höhe von jeweils 750 € einerseits erforderlich, andererseits aber auch ausreichend, den Klägern die erforderliche Genugtuung zu verschaffen.
Den Klägern steht nach § 21 Abs. 2 Satz 1 AGG auch ein Anspruch auf Erstattung der durch die vorgerichtliche Tätigkeit ihres Prozessbevollmächtigten entstandenen Kosten zu, ohne dass es insoweit auf das Vorliegen der Verzugsvoraussetzungen ankommt.
Bedeutung für die Praxis
Der Anwendungsbereich des § 19 Abs.1 AGG ist eröffnet, da es sich bei dem angestrebten Schuldverhältnis um ein solches handelt, das zu vergleichbaren Bedingungen in einer Vielzahl von Fällen zustande kommt und bei welchem das Ansehen der Person nach der Art des Schuldverhältnisses eine nachrangige Bedeutung hat. Ob das Ansehen einer Person von Bedeutung ist, bestimmt sich nicht nach den tatsächlichen Gegebenheiten, sondern nach der Art des Schuldverhältnisses. Das Ansehen der Person hat nachrangige Bedeutung, wenn es zwar bei der Entscheidungsfindung Berücksichtigung findet, aber anderen Faktoren ein erheblich höheres Gewicht zukommt. Ein sachlicher Grund für die unterschiedliche Behandlung gleichgeschlechtlicher Paare liegt nicht vor. Die Erheblichkeit der Verletzung hängt von Bedeutung und Tragweite des Eingriffs, Anlass und Beweggrund des Verletzers, dem Grad des Verschuldens und der Wiederholung bzw. Hartnäckigkeit des Handelns ab. Es können auch präventive Elemente in die Bemessung einfließen. Unter Berücksichtigung dieser Umstände hat das Gericht sich bei der konkreten Bemessung des Entschädigungsanspruchs von folgenden Erwägungen leiten lassen: Bei der Feier aus Anlass der Eingehung einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft handelt es sich um ein für die Kläger als Betroffene wichtiges und mit vielen Emotionen behaftetes Ereignis, so dass der Eingriff für sie besonders schwer wiegt und nachhaltig ist. Auf der anderen Seite handelt es sich auf Seiten des Beklagten – soweit ersichtlich – um einen erstmaligen Verstoß, so dass weder ein wiederholtes noch ein hartnäckiges Verhalten festzustellen ist. Auch unter Berücksichtigung einer präventiven Wirkung erscheint die Zuerkennung eines Entschädigungsanspruchs in Höhe von jeweils 750 € einerseits erforderlich, andererseits aber auch ausreichend, den Klägern die erforderliche Genugtuung zu verschaffen.