Wohnungswirtschaft: Urteile zur Obhutspflicht des Mieters

Der Hund hat das Parkett verkratzt, High-Heels haben den Dielenboden versaut, während des Urlaubs leckt das Wasserrohr – ein Mieter muss Schäden von der gemieteten Wohnung fernhalten. Wie weit diese Obhutspflicht geht, entscheiden oft die Gerichte. Was Vermieter wissen müssen.

Die Obhutspflicht des Mieters beschränkt sich nicht auf das Unterlassen von Beschädigungen der Wohnung, sondern setzt – im zumutbaren und gebotenen Umfang – auch das Handeln des Mieters zur Vermeidung oder Abwendung von Schäden voraus. Kommt er der Pflicht nicht nach, haftet er für Schäden. Das gilt auch, wenn der Mieter in den Urlaub fährt oder längere Zeit nicht in der Wohnung ist. Im Streitfall müssen die Gerichte über Haftung und Höhe der zu erstattenden Kosten entscheiden.

(§§ 280 Abs. 1, 535 , 538, 812 BGB)

Tiefe Kratzspuren im Parkett: Mieter muss zahlen

Ein Mieter (Kläger) musste nach Beendigung des Mietverhältnisses für die Instandsetzung des Parkettbodens in der Wohnung aufkommen. Sein (vom Vermieter genehmigter) Hund verursachte mit den Krallen erhebliche, teilweise zirka zehn Zentimeter lange Kratzer auf der gesamten Bodenfläche. Das Landgericht (LG) Leipzig entschied, dass er für die Instandsetzung der Schäden nicht ohne Rechtsgrund gezahlt hat. Der Vermieter (Beklagte) hatte Anspruch auf Zahlung des Betrages gemäß § 280 Abs. 1 BGB, denn der Kläger hat schuldhaft gegen seine Obhutspflicht verstoßen.

Eine Verletzung dieser Obhutspflicht und damit auch ein Schadensersatz kommt dann nicht in Betracht, wenn es sich um eine Abnutzung der Mietsache im Sinne des § 538 BGB gehandelt hätte. Im konkreten Fall hätte der Mieter Gegenmaßnahmen ergreifen müssen. Es war dem Mieter laut Gericht zumutbar, den Aufenthalt des Hundes auf einzelne Räume zu beschränken oder den Parkettboden zu schützen. Dadurch wäre er in seinem Recht zur Benutzung der Wohnung nur unwesentlich eingeschränkt gewesen.

(LG Koblenz, Urteil v. 6.5.2014, 6 S 45/14)

Das Amts­gericht (AG) Köpenick ist der Meinung: Wenn Hunde im Mietvertrag ausdrücklich erlaubt sind, sind Krallenspuren auf dem Parkett üblich.

(AG Köpenick, Urteil v. 23.3.1999, 8 C 126/98).

Stiletto-Spuren auf Holzböden: Mieter muss Schaden beseitigen

Nicht immer müssen Mieter beim Auszug für Schäden am Parkett zahlen – nicht, wenn die Schäden durch die übliche Nutzung der Wohnung entstanden sind. Nach zehn Jahren sind Gebrauchs­spuren normal, befand das Land­gericht (LG) Osnabrück. Hier trug der Vermieter die Last.

(LG Osnabrück, Urteil v. 6.6.2001, 1 S 1099/00)

Kratzer und Schmarren im Parkett des Eingangsbereichs sind grundsätzlich eine vertragsgemäße Abnutzung, urteilte das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf.

(OLG Düsseldorf, Urteil v. 16.10.2003, I-10 U 46/03)

Bei Druckspuren auf Holzböden, die durch Stilettos entstanden sind, ist die Rechtsprechung ganz anderer Ansicht. Das Landgericht (LG) Mannheim meint: Wenn durch das Begehen eines weichen Holzfußbodens mit spitzen Metallabsätzen ersichtlich Löcher im Fußboden zurückbleiben, stellt das keinen ordnungsmäßigen Gebrauch der Mietsache dar. Mieter müssen im Rahmen der Obhutspflicht solche Spuren verhindern und Schäden vermeiden.

(LG Mannheim, Urteil v. 14.6.1973, 12 S 9/72)

Urlaub entbindet Mieter nicht von der Obhutspflicht

Auch bei Urlaub oder längerer Abwesenheit haben die Mieter eine Obhutspflicht. Zu den Schäden, die vor Reiseantritt vermieden werden können, zählen etwa Brände, Wasserschäden, Schimmelbefall sowie Schäden durch von außen eindringende Feuchtigkeit. Der Vermieter muss im Notfall eine Zutrittsmöglichkeit zur Wohnung haben, entschied der Bundesgerichtshof (BGH).

(BGH, Urteil v. 20.10.1971, VIII ZR 164/70)

Besteht ein Recht des Vermieters auf Besichtigung  der Wohnung, kann das Besichtigungsrecht unter Umständen gerichtlich mit einer einstweiligen Verfügung durchgesetzt werden. Dazu muss laut Landgericht (LG) Duisburg ein sachlicher Grund nachgewiesen werden. Es muss ebenso eine besondere Dringlichkeit für das Betreten dargelegt werden.

(LG Duisburg, Urteil v. 11.6.2008, 13 T 81/06)

Vertrauensperson: Mieter haftet in der Regel für Dritte

Es gibt keinen Anspruch darauf, von Mieterpflichten vorübergehend befreit zu werden. Der Mieter kann zum Beispiel eine Vertrauensperson beauftragen, der er die Wohnungsschlüssel aushändigt. Auch ein kurzfristiges Überlassen der Wohnung an Freunde ist erlaubt.

Wenn diese Person die Obhutspflicht verletzt und dem Vermieter den Zutritt zur Wohnung nicht gewährt, haftet der Mieter auch für Schäden, die aus diesem Verhalten entstanden sind, wie das Landgericht (LG) Berlin in einem Einzelfall entschieden hat.

(LG Berlin, Urteil v. 19.1.1981, 61 S 344/80)

Das Amtsgericht (AG) Hamburg-Blankenese entschied, dass eine Vertrauensperson nicht verpflichtet ist, ständig in der Wohnung zu sein. Wenn die Kontrollen der Mietsache "genügend häufig" erfolgen, ist die Obhutspflicht erfüllt und kein Schadensersatz des Vermieters begründet.

(AG Hamburg-Blankenese, Urteil v. 21.3.2012, 531 C 283/11)

Ich bin dann mal in den Winterferien: Falsches Heizen

Ein Mieter hat grundsätzlich die Pflicht, die ihm überlassene Wohnung nicht nur ausreichend zu lüften, sondern im Winter auch angemessen zu heizen – auch bei Abwesenheit. Wer weg fährt, kann eine Vertrauensperson damit beauftragen, sich um die Wohnung zu kümmern. Bei Schäden haftet der Mieter auf Schadensersatz. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat aber auch entschieden, dass die Wohnung nur so viel geheizt werden muss, dass die Leitungen nicht einfrieren.

(BGH, Urteil v. 9.10.1968, VIII ZR 173/66)

Wenn die Kontrollen „genügend häufig“ erfolgen, kommen diese der Obhutspflicht nach (AG Hamburg-Blankenese, Urteil vom 21.3.2012, Az. 531 C 283/11).

Wasserschaden: Wann handelt der Mieter grob fahrlässig?

Kommt es während der Abwesenheit des Mieters zu einem Wasserschaden, weil der Zulaufschlauch zur Waschmaschine oder Geschirrspülmaschine unter Druck gehalten wurde und das Wasser wegen eines Defekts freien Lauf hatte, ist das grob fahrlässig. Hier kann der Vermieter nach Auffassung des Oberlandesgerichts (OLG) Schadenersatz verlangen kann.

(OLG Oldenburg, Urteil v. 18.10.1995, 2 U 135/95)

Ist der Wasserhahn zwar zugedreht, bleibt aber bei Druckschwankungen nicht dicht, haftet nach einer Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Stuttgart ebenfalls der Mieter.

(OLG Stuttgart, Urteil v. 27.10.2005, 7U 135/05)

Schadens­ersatz­anspruch des Vermieters: Keine Fristsetzung nötig

Ein Vermieter hat auch dann Anspruch auf Schadensersatz bei einer Verletzung der Obhuts- und Sorgfaltspflichten durch den Mieter, wenn er ihm zuvor keine angemessene Frist zur Beseitigung der Schäden gesetzt hat. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden.

Die auf den Schadensersatz gerichtete Klage des Vermieters hatte Erfolg. Der ehemalige Mieter (Beklagte) hatte unter anderem Schimmelbefall in mehreren Räumen zu verantworten. Bei der Pflicht des Mieters, die ihm überlassene Wohnung schonend und pfleglich zu behandeln, handelt es sich um eine nicht leistungsbezogene Nebenpflicht (§ 241 Abs. 2 BGB). Deren Verletzung begründet einen Schadensersatzanspruch bereits bei Vorliegen der in § 280 Abs. 1 BGB genannten Voraussetzungen.

BGH: Schadensersatz ohne Fristsetzung, wenn Mieter Wohnung beschädigt

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Schlagworte zum Thema:  Mietrecht, Wohnungswirtschaft