WEG § 12 Abs.4 Beschlusskompetenz für die  Aufhebung

OLG Hamm, Beschluss vom 13.6.2012, 15 W 368/11

1. Die Beschlusskompetenz zur Aufhebung einer Veräußerungsbeschränkung (§ 12 Abs. 4 S. 1 WEG) steht nach der gesetzlichen Regelung nur der Eigentümerversammlung der Gesamtgemeinschaft zu.
2. Die Regelung einer Teilungserklärung, durch die Untergemeinschaften für die Verwaltung der Wohnungen in bestimmten Gebäudeteilen der Anlage begründet werden, kann ohne weitergehende Anhaltspunkte nicht dahin ausgelegt werden, dass auch die Befugnis zur Aufhebung der Veräußerungsbeschränkung auf die Mitglieder der jeweiligen Untergemeinschaft übertragen werden soll.

Sachverhalt
Gegenstand der Beschwerde ist die Zwischenverfügung vom 13.07.2011, die inhaltlich zwar an die früheren Zwischenverfügungen anknüpft, verfahrensrechtlich jedoch selbstständig ist, nachdem die ursprünglich gestellten Anträge zurückgewiesen worden sind. Die Zwischenverfügung bezog sich allein auf den Antrag auf Umschreibung des Eigentums. Der Antrag war nicht erfolgreich.

Begründung
Das Grundbuchamt hat den Vollzug des Umschreibungsantrages in der Sache zu Recht von der Vorlage der Zustimmung eines Verwalters der Gemeinschaft abhängig gemacht, dessen Bestellung entweder durch Vorlage einer Versammlungsniederschrift in der Form des § 26 Abs. 3 WEG oder durch Vorlage einer inhaltlich entsprechenden, öffentlich beurkundeten oder beglaubigten Erklärung aller Miteigentümer nachzuweisen ist.


1) Eine solche Verwalterzustimmung ist weder aufgrund der Zustimmungserklärung der Miteigentümer der Untergemeinschaft des Hauses B 14 vom 18.11.2009 noch aufgrund der in derselben Erklärung beschlossenen Aufhebung der Veräußerungsbeschränkung entbehrlich.
Allerdings kann der Zustimmungsvorbehalt gemäß § 12 Abs. 4 S. 1 WEG auch durch Mehrheitsbeschluss aufgehoben werden. Durch einen solchen Beschluss wird das Grundbuch hinsichtlich der Eintragung des Zustimmungsvorbehalts unrichtig. Der Unrichtigkeitsnachweis kann gemäß § 12 Abs. 4 S. 5 WEG in der Form des § 26 Abs. 3 WEG geführt werden.
Das Problem liegt hier aber darin, dass eine Aufhebung des Zustimmungsvorbehalts lediglich durch die Untergemeinschaft des Hauses B 14 beschlossen worden ist. Dieser Eigentümerbeschluss der Untergemeinschaft reicht materiell-rechtlich nicht für die Aufhebung der Veräußerungsbeschränkung aus.


Grundlage des Zustimmungsvorbehalts ist die dahingehende Vereinbarung der Miteigentümer bzw. die diesen gleichstehende Teilungserklärung (§ 12 Abs. 1 WEG). Da insoweit der Grundsatz der Vertragsfreiheit gilt, ist es durchaus möglich, den Zustimmungsvorbehalt auf bestimmte Einheiten zu beschränken oder zwischen diesen zu differenzieren. Zu erwägen ist auch die Möglichkeit, durch die Gemeinschaftsordnung eine Beschlusskompetenz der Mitglieder einer gebildeten Untergemeinschaft für die ihr zugeordneten Wohnungseigentumseinheiten zu begründen. Da die Untergemeinschaft jedoch gesetzlich nicht geregelt ist und ihre Zulässigkeit allein aus dem Grundsatz der Vertragsfreiheit folgt, bedarf es hierfür einer hinreichend klaren Regelung in der Gemeinschaftsordnung.


Erforderlich ist daher, dass eine Auslegung der Gemeinschaftsordnung nach den dafür geltenden Maßstäben des Grundbucheintragungsverfahrens zu dem Ergebnis führt, dass eine solche Beschlusskompetenz der Miteigentümer einer Untergemeinschaft begründet worden ist. Deshalb ist unabhängig von der subjektiven Willensrichtung des Erklärenden allein auf den nächstliegenden Wortsinn abzustellen ist, wie er sich für einen unbefangenen Dritten erschließt. Außerhalb der Erklärung liegende Umstände können dabei nur insoweit berücksichtigt werden, als sie für jedermann ohne weiteres erkennbar sind. Zudem muss die Auslegung zu einem eindeutigen Ergebnis führen (vgl. etwa BGHZ 129, 4 = NJW 1995, 1081; Senat FGPrax 2005, 240).
Nach diesen Maßstäben lässt sich vorliegend nicht feststellen, dass abweichend vom gesetzlichen Leitbild hier die Untergemeinschaft befugt sein sollte, über eine Aufhebung des Zustimmungsvorbehalts zu entscheiden. § 6 Abs. 2 der Teilungserklärung vom 28.12.1993 weist die Zustimmungsbefugnis hier dem Verwalter zu.


Da es keinen Verwalter der Untergemeinschaft, sondern immer nur einen Verwalter der Gesamtgemeinschaft geben kann, sprechen bereits der Wortlaut und der systematische Zusammenhang der Regelung dafür, dass die Erteilung der Zustimmung und damit korrespondierend diejenige zu einer Aufhebung der Veräußerungsbeschränkung in der Kompetenz des Verwalters, ersatzweise der Beschlussfassung der Gesamtgemeinschaft liegt. Dies entspricht auch dem Zweck des Zustimmungsvorbehalts, der nach allgemeinem Verständnis darin besteht, die Gemeinschaft vor dem Beitritt unzuverlässiger Miteigentümer zu schützen. Danach werden aber, auch wenn die Untergemeinschaften wie hier in den §§ 7, 8 und 12 der genannten Teilungserklärung mit weitgehenden Befugnissen ausgestattet sind, durch die Veräußerung eines Wohnungseigentums nicht nur die Interessen der Miteigentümer der jeweiligen Untergemeinschaft, sondern zugleich auch sämtlicher Miteigentümer betroffen. Denn der Gesamtgemeinschaft verbleiben immer Restzuständigkeiten, etwa hinsichtlich der Grundstücksfläche. Haftungsrechtlich müssen die Miteigentümer im Außenverhältnis auch immer für die andere Untergemeinschaften eintreten (§ 10 Abs. 8 WEG).


Ebenso können sie in Sachen, die allein eine andere Untergemeinschaft betreffen, mit Beschlussanfechtungsklagen überzogen werden (vgl. BGH NJW 2012, 1224). All dies zeigt, dass jeder Miteigentümer ein deutliches Interesse daran hat, dass der Schutz des Zustimmungsvorbehalts auch dann greift, wenn der Erwerb sich auf eine Einheit aus einer anderen Untergemeinschaft bezieht.
Daraus folgt zugleich, dass auch die Veräußerungszustimmung der Miteigentümer Untergemeinschaft Am B 14 nicht hinreicht, um die Zustimmung des Verwalters zu ersetzen.


2) Der vorgelegte Umlaufbeschluss ist nicht hinreichend, die Verwaltereigenschaft des Zustimmenden nachzuweisen, da nicht alle Unterschriften der Form des § 29 GBO genügen. Es entspricht, soweit ersichtlich, einhelliger Auffassung in Rechtsprechung und Literatur, dass ein Umlaufbeschluss im Grundbuchverfahren nur dann ein taugliches Nachweismittel ist, wenn die Zustimmung jedes Miteigentümers öffentlich beurkundet oder unterschriftsbeglaubigt ist (BayObLG NJW-RR 1986, 565; BeckOK-GBO/Otto, Stand 2012, § 29 Rdn.114; Bauer/v.Oefele, GBO, 2. Aufl., AT V Rdn. 288; Kuntze/Ertl/Herrmann, GBO, 6. Aufl., § 29 Rdn.20; Beck-OK-BGB/Hügel, Stand 2012, § 26 WEG Rdn.23; MK-BGB/Engelhardt, 5.Aufl., § 26 WEG Rdn.48; Staudinger/Bub, BGB, 13.Bearb., § 26 WEG Rdn. 521 m.w.N.).


Auch der Senat hält diese Auffassung für richtig. § 29 GBO soll sicherstellen, dass schriftliche Eintragungsunterlagen tatsächlich von den Personen herrühren, deren Erklärung erforderlich ist. Hiervon macht § 26 Abs. 3 WEG für den Regelfall der Verwalterbestellung durch Mehrheitsbeschluss in der Eigentümerversammlung eine Ausnahme, die sich daraus rechtfertigen lässt, dass andernfalls, da keine schriftlichen Erklärungen vorliegen, zu jeder Eigentümerversammlung ein Notar hinzugezogen werden müsste. Das Gesetz begnügt sich daher mit der Beglaubigung der Unterschriften derjenigen Personen, denen es in § 24 Abs. 6 S. 2 WEG die Verantwortung für die inhaltliche Richtigkeit der Versammlungsniederschrift übertragen hat. Diese Aspekte sind auf eine schriftliche Beschlussfassung nicht übertragbar. Hinzu kommt, dass die Teilnehmer einer Eigentümerversammlung das Abstimmungsergebnis zur Kenntnis nehmen und mit dem Protokollinhalt vergleichen werden, wodurch eine zusätzliche Kontrolle gewährleistet erscheint. Hingegen kann bei einem Umlaufverfahren allenfalls der letzte Miteigentümer die Echtheit der Unterschriften der anderen prüfen, wobei bereits bei einer mittleren Anlage zweifelhaft erscheinen muss, ob ihm diese überhaupt alle bekannt sind.

Bedeutung für die Praxis
Nur wenn eine Auslegung der Gemeinschaftsordnung zu dem Ergebnis führt, dass eine solche Beschlusskompetenz der Miteigentümer einer nicht rechtsfähigen Untergemeinschaft zukommen soll, reicht deren Zustimmung aus. Da die Untergemeinschaft jedoch gesetzlich nicht geregelt ist und ihre Zulässigkeit allein aus dem Grundsatz der Vertragsfreiheit folgt, bedarf es hierfür einer hinreichend klaren Regelung in der Gemeinschaftsordnung.

RiAG Dr. Olaf Riecke, Hamburg