
Bundesbauministerin Klara Geywitz will den Neubau von Einfamilienhäusern in Deutschland eindämmen, um den Flächenverbrauch zu reduzieren. Sie schlägt stattdessen staatliche Anreize für junge Familien vor, die alte Häuser kaufen und sanieren.
Es sei "ökonomisch und ökologisch unsinnig", wenn jede Generation neue Einfamilienhäuser baue, sagte Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) der "taz am Wochenende". Anfangs werde noch zu fünft auf 150 Quadratmetern gewohnt, "dann ziehen die Kinder aus – und das Haus schrumpft in dem Moment nicht". Seit den 1950er Jahren seien Hunderttausende Einfamilienhäuser gebaut worden. "In denen leben meist keine Familien mehr, sondern ein oder zwei Senioren."
Die Lösung wäre nach Auffassung von Geywitz ein anderer Nutzungszyklus: "Gut wäre, wenn die nächste Generation von jungen Familien alte Häuser erwirbt und saniert." So könne Fläche gespart und der Wunsch vom Eigenheim möglich werden. Dafür schlug die Ministerin staatliche Anreize vor.
Bauministerin will Debatte über "gutes Wohnen"
In den vergangenen Jahrzehnten sei die Wohnfläche pro Person immer weiter gestiegen. Es müsse heute anders gebaut werden, schon um die Klimaschutzziele zu erreichen: Mit kleineren Wohnflächen, aber größeren Gemeinschaftsflächen, sagte Geywitz. Nötig sei eine Debatte über "gutes Wohnen". Im Jahr 2020 gab es laut Umweltbundesamt rund 42,8 Millionen Wohnungen, rund fünf Prozent mehr als 2011. Im gleichen Zeitraum stieg die genutzte Wohnfläche aber deutlich stärker um 6,5 Prozent.
Gut wäre es aus Sicht der Ministerin zudem, mehr mit Holz und Lehm zu bauen. "Das wäre mein Wunsch. Für die Verbesserung der CO2-Bilanz des Gebäudesektors ist Holz eine super Möglichkeit, man kann auch mehrgeschossig damit bauen."
Streit um neue Einfamilienhäuser in Hamburg
Die Debatte ist so neu gar nicht in Deutschland. Die Grünen und die SPD in Hamburg hatten 2019 in ihrer Koalitionsvereinbarung ausgemacht, dass in neuen Bebauungsplänen keine Einfamilien- und Reihenhäuser mehr ausgewiesen werden sollen. "Um die wertvolle Ressource Boden effizient zu nutzen, soll zukünftig höher gebaut werden", hieß es. Das setzt der grüne Bezirksamtsleiter Michael Werner-Boelz im Norden der Stadt um, einem Bezirk, der durch Einfamilienhäuser mit Gärten geprägt ist.
Der Bezirk habe entschieden, Wohnraum für viele statt für wenige zu schaffen, erklärte Werner-Boelz. Auf freien oder frei werdenden Flächen müsse der Bau von mehr bezahlbaren Geschosswohnungen – auch durch Nachverdichtung – im Vordergrund stehen. "In Hamburg-Nord werden aber keine Einfamilienhäuser verboten. Überall dort, wo es gültiges Planrecht gibt, können diese auch weiter gebaut werden", erklärte der Kommunalpolitiker gegenüber der Haufe Online Redaktion.
Überall dort, wo ein gültiger Bebauungsplan Einfamilienhäuser ausweist, können diese auch weiter beantragt werden, lautete die Mitteilung aus dem Bezirksamt. Und es stellte sich die Frage, warum das Häuschen mit Garten im Hamburger Norden dann plötzlich zur Schlagzeile wurde.
Wohnungspolitische Debatte: Was brodelt da?
"Wollen die Grünen Einfamilienhäuser verbieten?", fragte im Februar 2021 der "Spiegel" den damaligen Grünen-Fraktionschef im Bundestag, Anton Hofreiter. Platzraubend und schlecht fürs Klima seien Einfamilienhäuser, von "Donut-Dörfern" und dem Mythos vom Eigenheim als Altersvorsorge sprach der Politiker.
Kommunen sollten mit ihren Bebauungsplänen dafür sorgen, dass der knappe Raum in urbanen Ballungsgebieten bestmöglich genutzt werde, um bezahlbare Wohnungen zu schaffen. Einparteienhäuser verbrauchten viele Baustoffe, viel Energie und eben viel Fläche. Der ehemalige Parteichef der Grünen und heutige Wirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck sprang seinem Parteikollegen später zur Seite und sagte, ein pauschales Verbot von Einfamilienhäusern habe nie zur Debatte gestanden.
Bei den Bebauungsplänen in bestimmten Gebieten auf Mietwohnungsbau zu setzen, sei ein wirksames Mittel, erklärte Axel Gedaschko, Präsident des Spitzenverbands der Wohnungswirtschaft GdW, vor einiger Zeit: "Pauschale, gar bundesweite Verbote haben aber keinen Platz." Andreas Ibel, Präsident des Bundesverbands Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen (BFW), ergänzte: "Vier von fünf Deutschen wollen Eigentum bilden und damit auch in Einfamilienhäusern leben." Diesen Wunsch müsse die Politik ernst nehmen.
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