Nachwuchskräfte: Recruiting im Klassenzimmer

Darauf zu warten, dass junge Menschen von sich aus auf die Wohnungswirtschaft aufmerksam werden, reicht heute nicht mehr. Die Branche hat Kampagnen zur Rekrutierung von Nachwuchskräften gestartet. Sie zeigen: Das Gewinnen von Fachkräften beginnt bereits in den Schulen.

Es sind eher Zähnchen, die aus dem Haifischmaul hervorlugen, und überhaupt sieht das Tier ganz possierlich aus. Trotzdem hat der GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilien-unternehmen sicherheitshalber ein dickes, grünes Verbotsschild darüber gelegt und mit dem Satz unterlegt: "No Hai! Nur Immobilienprofi." Das Symbol ist Markenzeichen der Ausbildungskampagne, mit der der Branchenverband seit zehn Jahren um Ansehen und Nachwuchs wirbt.

Die zielgruppengerechte Ansprache ist dabei aktueller denn je, wie Matthias Zabel vom GdW verdeutlicht: "Wir wollen die Schüler abholen, bevor sie sich für einen Ausbildungsweg entscheiden." Vielfach gehe es dabei auch darum, sich als Wirtschaftszweig mit seinen Facetten und Möglichkeiten überhaupt erst bekannt zu machen. Andere Branchenvertreter wie der Bundesfachverband der Immobilienverwalter BVI bestätigen, es sei wichtig, an junge Menschen in der Findungsphase heranzutreten. Es gehe darum, als Branche auf sich aufmerksam zu machen, solange junge Menschen dabei sind, sich zu orientieren, sagt BVI-Geschäftsführerin Sandra Lenzenhuber.

Image der Immobilienbranche bei Schülern häufig schwach

Wie eine solche Imagebildung aussehen könnte, zeigt ein Blick zu den Nachbarn: In der Schweiz hat der Verband der Wohnungsbaugenossenschaften das Projekt "Genossenschaften machen Schule" gestartet, mit dem Schüler überhaupt erst auf Themen rund um Wohnen und Genossenschaften aufmerksam gemacht werden sollen. Der Dachverband hat dazu Module für den Schulunterricht erarbeitet, die durch Besichtigungen von Siedlungen vor Ort oder den Besuch von Fachleuten im Klassenzimmer um eine praktische Komponente ergänzt wird.

"Der Wissensstand ist sehr gering. Mit Ausnahme derjenigen Schülerinnen und Schülern, die vielleicht mit ihrer Familie selbst bei einer Wohnbaugenossenschaft wohnen, wissen die jungen Menschen kaum Bescheid über das Thema." Rebecca Omoregie, Sprecherin des Verbands der gemeinnützigen Wohnbauträger

Es werde im Unterricht auch kaum behandelt.

Schweizer Projekt will Schüler sensibilisieren

"Genossenschaften machen Schule" wendet sich an Berufsschulen. Eine erste Hürde sei, überhaupt die Lehrer auf sich aufmerksam zu machen und für das Thema zu begeistern, sagt Omoregie. Es brauche einen langen Atem. "Wir waren uns bewusst, dass das die größte Herausforderung ist." Erste Erfahrungen mit dem mittlerweile preisgekrönten Projekt zeigten, dass sich der Einsatz lohnt:

"Diejenigen Klassen, die die Plattform getestet und bisher damit gearbeitet haben, sind begeistert." Rebecca Omoregie, Sprecherin des Verbands der gemeinnützigen Wohnbauträger

Der Schweizer Verband setzt auf eine Mischung aus stetiger Kommunikationsarbeit von seiner Seite und dem stetigen Weitersagen von Teilnehmern aus Schüler- und Lehrerschaft. Perspektivisch diene dieser Einsatz auch der Nachwuchsförderung, bekräftigt Omoregie. Wer einmal über Hintergründe und Wirkungsweise einer Genossenschaft Bescheid wisse, engagiere sich später eher – ob privat oder beruflich.

Direkte Ansprache von Nachwuchskräften

In Deutschland versucht die Wohnungswirtschaft bislang, auf direktem Weg junge Menschen für eine Ausbildung in der Branche zu begeistern. Gleichwohl sei das Schweizer Projekt interessant und einen genauen Blick wert, sagt GdW-Referatsleiter Zabel – auch wenn es wegen inhaltlicher und struktureller Unterschiede in den Lehrsystemen beider Länder nicht direkt übertragbar wäre. Der GdW setzt mit seiner Kampagne darauf, über Social-Media-Kanäle und Influencer sowie mit verstärkter Präsenz auf Ausbildungsmessen Besucher auf das Portal www.immokaufleute.de zu locken. Dort erfahren Interessierte Grundlegendes zu dem Wirtschaftszweig, wie die Ausbildung strukturiert ist, wo es freie Stellen gibt und sie können sich von jungen Menschen in verschiedenen Lehrstufen erzählen lassen, warum sich eine Wahl für die Wohnungswirtschaft lohnt.

Auffällig ist dabei, wie deutlich die Sinnhaftigkeit der Tätigkeit neben Spaß, Verdienst- und Aufstiegsmöglichkeiten betont wird – der Wohnungswirtschaft ging es auch und gerade wegen ihrer historischen Wurzeln in der Gemeinnützigkeit nie nur darum Geld zu verdienen. Soziale Verantwortung und ein Gestalten des Umfelds über das Objekt hinaus zählen zu den Werten, die auch künftig das Berufsverständnis prägen sollen: "No Hai! Nur Immobilienprofi."


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