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Nachwuchskräfte: Jung, talentiert, ehrgeizig – und gesucht

Die Wohnungswirtschaft bietet vielfältige Berufsbilder mit Aufstiegsmöglichkeiten und guter Bezahlung. Trotzdem läuft die Suche nach neuem Personal in manchen Sparten und Regionen schleppend – eine Situation, die sich angesichts von demografischem Wandel und der Konkurrenz mit anderen Wirtschaftszweigen verschärfen könnte.

Symbolhaft verdeutlichen die derzeitige Lage die Immobilienverwalter und damit eine Branche, die ähnlich wie die gesamte Wohnungswirtschaft eine enorme Bandbreite an Berufs-, Einstiegs- und Weiterbildungsmöglichkeiten unter einem Begriffsdach sammelt.

"Die Immobilienverwalterbranche hat ein Nachwuchsproblem", bekräftigt der Geschäftsführer des Dachverband Deutscher Immobilienverwalter (DDIV), Martin Kaßler. 1,6 junge Menschen bilden seine Mitgliedsunternehmen im Durchschnitt pro Jahr aus, so hat es die letzte Branchenumfrage ergeben. Das sei in Zeiten des Fachkräftemangels deutlich zu wenig, zumal in den kommenden Jahren eine Vielzahl an Mitarbeitern altersbedingt ausscheiden werde, sagt Kaßler.

Dabei gilt die Aus- und Weiterbildung als Schlüssel für ein solides Personal-Fundament und damit ein erfolgreiches Unternehmen. Denn auf das Abwerben erfahrener Fachkräfte auszuweichen, reicht auf Dauer nicht – auch dort wirkt sich das Ringen um Talente längst aus.

"Der Markt ist extrem heiß umkämpft. Gerade wenn man jemanden mit mehr Berufserfahrung möchte, wird die Suche richtig hart." Annegret Kirchner, Geschäftsführerin von HIH Property Management

War for Talents mit regionalen Besonderheiten

Darüber, wie regional unterschiedlich sich die Herausforderung gestaltet, gibt es zweierlei Perspektiven: Die einen stöhnen unter Verweis auf den geballten Bedarf über die Situation an Top-Standorten, also dort, wo die Konkurrenz im Buhlen um talentierte und motivierte Berufseinsteiger besonders groß ist. Die anderen wiederum erklären, dass dort allerdings auch das Angebot an Nachwuchskräften noch hoch ist, während sich die Suche nach passenden und qualifizierten Auszubildenden in dünner besiedelten Gegenden schwierig gestalten kann. Nadine Ibing, Personalleiterin und Bildungsreferentin beim VdW Verband der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft Rheinland Westfalen e.V., stellt dies zunehmend in Gesprächen mit Mitgliedsunternehmen fest. "Die Unternehmen im Sauerland haben andere Probleme als die in Düsseldorf", sagt Ibing.  

Auch in den beruflichen Vertiefungen unterscheiden sich die Ausgangslagen. Die Herausforderungen beträfen vor allem den technischen Bereich, erklärt etwa der Geschäftsführer Real Estate Management bei Strabag Property and Facility Services, Marko Bohm. "Eine kaufmännische Ausbildung mit ein bisschen Technik reicht nicht." VdW-Expertin Ibing stimmt dem zu: "Offensichtlich werden schon heute die Probleme im technischen Bereich und im Rechnungswesen."

Personalmarketing wird notwendig

Die Gründe dafür liegen im wirtschaftlichen Umfeld genauso wie in der Branche selbst: In der Wohnungswirtschaft, der Immobilienverwaltung und damit verbundenen Berufen wirken sich Entwicklungen wie der demografische Wandel, Wanderungsbewegungen und Digitalisierung genauso aus wie anderswo. "Wir spüren, wie der allgemeine Bedarf etwa im Handwerk zu uns überschwappt", sagt Ibing.

Erschwerend komme hinzu, dass die Wohnungswirtschaft als Arbeitgeber wenig bekannt sei. "Große Unternehmen betreiben inzwischen intensives Personalmarketing", sagt die VdW-Expertin. Um den Bekanntheitsgrad des Wirtschaftszweiges Wohnungswirtschaft als attraktiver Arbeitergeber zu steigern und die Vielfalt an Karrieremöglichkeiten darzustellen, sei indes ein branchenübergreifendes Marketing notwendig. Für die Immobilienverwalter bekräftigt dies Kaßler vom DDIV und spricht von einem "mausgrauen Image".

Vielfältige Berufsbilder gefragt

Viele junge Leute wüssten gar nicht, welche vielseitigen und interessanten Tätigkeiten sich hinter der Berufsbezeichnung Immobilienverwalter verbergen, sagt auch Sandra Lenzenhuber, Geschäftsführerin beim Bundesfachverband der Immobilienverwalter BVI. Dabei sei es gar nicht schwer auf Berufe zu stoßen, die fast jedes Interesse und Talent abbilden. Die klassische Grundlage für den Einstieg bildet nach wie vor der Ausbildungsberuf der Immobilienkaufleute. Von diesem Sockel aus könne man sein Wissen und seine Kompetenzen durch unterschiedliche Fachweiterbildungen und Studiengänge vertiefen, erklärt Ibing – vom kaufmännischen oder technischen Experten bis hin zum Quartiersmanager. Gefragt sind auch Handwerker und Datenspezialisten, genauso wie Architekten und Bauingenieure.

Wegen der fordernden Aus- und Weiterbildung suchten Unternehmen derzeit vor allem noch Abiturienten beziehungsweise Fachabiturienten, sagt Ibing und ergänzt selbstkritisch: "Vielleicht müssen wir unsere Zielgruppe hier aber ausweiten und auch guten Realschülerinnen und -schülern eine Chance geben, um kein Potenzial zu verlieren." Auch Studienabbrecher aus anderen Professionen könnten wertvolle zukünftige Mitarbeitende sein.

Mitbringen müssten Aspiranten neben Begeisterung und Talent auch eine ausgeprägte soziale Kompetenz – an der es leider immer häufiger mangele, merkt Ibing kritisch an. In der Wohnungs- und Verwaltungswirtschaft zählen diese Faktoren mehr als nur zur Etikette. DDIV-Geschäftsführer Kaßler beispielsweise verweist darauf, dass ein Teil der Verwalterarbeit auch Verhandlungen mit Kunden, Dienstleistern und Versorgern bedeute, bei denen neben organisatorischem Geschick auch mediatorische Fähigkeiten gefragt sind. "Durchhaltevermögen, Überzeugungskraft, Flexibilität und Kommunikationsstärke", fasst Lenzenhuber vom BVI die Anforderungen abseits des Fachlichen zusammen. Je nachdem, wie ein Unternehmen aufgestellt ist, gehören Englischkenntnisse zum Repertoire; im Property Management etwa kommt ein Großteil der Kunden aus dem englischsprachigen Raum. Entscheidend jedoch ist nach Ansicht von Ibing grundsätzlich die persönliche Einstellung.

"Die Unternehmen wollen jemanden, der Lust hat auf den Job und sich engagiert." Nadine Ibing, Personalleiterin und Bildungsreferentin beim VdW Verband der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft Rheinland Westfalen e.V.

Fachliche Kompetenzen könne man beeinflussen, die innere Einstellung nicht.