Urteil: Cannabis und Betäubungsmittel in der Wohnung
Nachdem der Mieter eines Mehrfamilienhauses über den Zeitraum von Monaten seine Nachbarn durch Schlagen von Türen selbst während der Ruhezeit, Bedrohen und Eintreten einer Wohnungstüre tyrannisiert und zudem Cannabis in seiner Mietwohnung konsumiert hatte, mahnte ihn der Vermieter ab – und kündigte ihn mehrfach fristlos sowie hilfsweise ordentlich wegen erheblicher Störung des Hausfriedens. Sodann verklagte er ihn auf Räumung der Mietwohnung.
Das AG Brandenburg (Havel) hat entschieden, dass der Vermieter gegen den Mieter einen Anspruch auf Räumung der Mietwohnung hat.
Gegen das Urteil wurde keine Berufung eingelegt.
(AG Brandenburg, Urteil v. 30.4.2024 – 30 C 196/23)
Fristlose Kündigung wirksam
Das Gericht begründete das damit, dass die fristlose Kündigung des Vermieters wirksam gewesen ist gemäß § 543 Abs. 1 BGB, § 569 Abs. 2 BGB.
Zunächst einmal gaben die Richter zu bedenken, dass der Mieter durch die Aufbewahrung von 25 Gramm Cannabis und 14,45 Gramm netto Amphetamin in seiner Mietwohnung gegen vertragliche Obhutspflichten verstoßen hatte. Denn er hatte dadurch – auch seit Inkrafttreten des Konsumcannabisgesetzes am 1.4.2024 – gegen das Betäubungsmittelgesetz verstoßen.
Störung des Hausfriedens
Erhebliche Geruchsbelästigung
Auf jeden Fall kommt laut AG Brandenburg eine fristlose Kündigung wegen erheblicher Störung des Hausfriedens durch den Konsum von Cannabis in der Mietwohnung gemäß § 543 Abs. 1 BGB, § 569 Abs. 2 BGB infrage, wenn das mit einer hohen beziehungsweise sogar gesundheitsbeeinträchtigenden Geruchsbelästigung im Treppenhaus verbunden ist.
Diese wäre hier vor allem vor dem Hintergrund bedenklich, weil minderjährige Kinder im Haus gewohnt haben, die an der Wohnungstüre vorbeigehen mussten. Vorliegend komme eine Belästigung aufgrund der Umstände zumindest in Betracht.
Handeln mit Betäubungsmitteln
Eine Störung des Hausfriedens ergab sich laut AG Brandenburg jedenfalls daraus, dass der Mieter in seiner Wohnung mit Betäubungsmitteln gehandelt hatte. Das ergab sich neben der beigezogenen Strafakte unter anderem daraus, dass in der Wohnung eine Feinwaage und Bargeld in Höhe von 2.000 Euro vorgefunden worden war. Denn das ist mit erheblichen Auswirkungen für die gesamte Nachbarschaft verbunden. Jedenfalls hierdurch hat der Mieter erheblich gegen seine Pflichten aus dem Mietvertrag verstoßen, was der Vermieter nicht hinnehmen muss.
Tyrannisieren von Wohnungsnachbarn
Eine erhebliche Störung des Hausfriedens ergab sich in besonderem Maße daraus, dass der Mieter andere Nachbarn erheblich bedroht und beleidigt hatte.
Was bedeutet das Urteil für Mieter und Vermieter?
Cannabis zum Eigenverbrauch: Das ist erlaubt
Aus dieser Entscheidung ergibt sich, dass Vermieter nicht ohne Weiteres einem Mieter kündigen dürfen, wenn dieser Cannabis in der Mietwohnung besitzt. Denn aus § 3 Abs. 2 des am 1.4.2024 in Kraft getretenen KCanG ergibt sich, dass Mietern zum Eigengebrauch an ihrem Wohnsitz bis zu 50 Gramm Cannabis und von drei lebenden Cannabispflanzen erlaubt ist. Ebenso wenig stellt der Konsum von Cannabis innerhalb der Mietwohnung mangels vertragswidriger Nutzung keinen Kündigungsgrund dar, wenn er sich nicht außerhalb der Wohnung auswirkt.
Teillegalisierung von Cannabis ist kein Freibrief
An diesem bislang einzigen Urteil zum Konsum von Cannabis in der Wohnung des Mieters seit der Teillegalisierung wird deutlich, dass Vermieter sich nicht alles gefallen lassen müssen. Das gilt vor allem, wenn Nachbarn durch den Konsum des Cannabis belästigt werden. Ab wann die Belästigung erheblich ist, kann dieser Entscheidung mangels konkreter Angaben zur Intensität nicht entnommen werden und hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Bisher nicht geklärt ist, ob die Rechtsprechung sich an der Rechtsprechung zum Rauchen in der Mietwohnung unter dem Gesichtspunkt des Nichtraucherschutzes orientiert oder wegen der Suchtprävention strengere Maßstäbe anlegt.
Praxistipps für Vermieter und Mieter
Vermieter sollten daher genau dokumentieren, inwieweit der Konsum von Cannabis in der Mietwohnung mit einer Belästigung verbunden ist. Vor allem stellt das Bedrohen und Schikanieren anderer Mieter einen hinreichenden Grund für eine fristlose Kündigung dar, bei der eine Abmahnung ausnahmsweise entbehrlich ist. Mieter sollten darauf achten, dass sie durch den Konsum von Cannabis in ihrer Mietwohnung nicht andere belästigen, um nicht eine ordentliche oder sogar fristlose Kündigung zu riskieren.
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die Überschrift und auch die Zwischenüberschriften sind maximal irreführend!
Da hat jemand mit Cannabis und Amphetaminen gehandelt und seine Nachbarn "tyrannisiert".
Der grundsätzlich erlaubte Konsum von Cannabis hat da ja wohl hoffentlich eine sehr geringe Rolle für das Urteil gespielt.
Ist das Clickbaiting?
Journalistisch seeeehr fragwürdig.