Digitalisierung: Erst testen, dann Prozess umstellen

An Möglichkeiten, ihr Geschäft innovativer zu gestalten, mangelt es der Immobilienwirtschaft nicht. Vielleicht fällt gerade deswegen manchen Unternehmen der Einstieg oder der nächste Schritt schwer. Wichtig ist es, einen konkreten Anknüpfungspunkt zu finden.

Noch längst sind nicht alle Unternehmen der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft auf dem Weg in die digitale Transformation. Das zeigt die jüngste Digitalisierungsstudie von ZIA und EY Real Estate. Zwar sehen sich schon knapp die Hälfte (47 Prozent) der befragten Unternehmen bereits in der Entwicklungsphase. Doch 19 Prozent orientieren sich noch, stehen also ganz am Anfang.

Interessant ist auch, dass als Einstiegshürde für 78 Prozent der Befragten fehlende Fachkompetenz gilt. Es mangelt an Klarheit über die Einsatzmöglichkeiten digitaler Prozesse im Geschäftsmodell, aber auch am Bewusstsein, was IT und Digitalisierung unterscheidet. Ergo: Aufklärung tut immer noch Not.

Innovation entsteht durch Leidensdruck – oder den Wunsch nach mehr Komfort

Was man sich vergegenwärtigen muss: Digitalisierung ist kein Prozess, der sich von heute auf morgen bewerkstelligen lässt; zu vielfältig sind die Themen, von der Technologie über die Strategie bis zur Einbindung der Mitarbeiter. Vielmehr führt der Wandel in einen komplexen Lernprozess. Kleinere Unternehmen, die für das Thema kaum Ressourcen bereitstellen können, brauchen umso mehr Orientierung – zum Beispiel durch Best-Practice-Beispiele.

"Da wir mit unserem kleineren Familienunternehmen in Sachen Digitalisierung noch am Anfang stehen, ist es sehr interessant zu sehen, wie andere Firmen damit angefangen haben", bestätigt Stefanie Irgang von der AVB Gesellschaft zur Aufbereitung, Verwertung und Betreuung von Immobilien mbH, am Rande der Innovationstage in München; auf dieser Veranstaltungsreihe des VDIV Deutschland und der Haufe Group referieren Vorreiter der Branche über ihren Weg in die Digitalisierung. Den "Link" zum digitalen Einstieg findet man jedoch nur im eigenen Unternehmen. Dabei geht die Saat der Veränderung meist dort gut auf, wo der Leidensdruck hoch ist:

  • Welche Prozesse lösen bei Ihren Mitarbeitern Frust aus?
  • Wo wünschen Sie sich als Führungskraft weniger Reibungsverlust?
  • Was macht der Mitbewerber längst besser?
  • Wo erwarten Ihre Kunden mehr Komfort?

Denn, wie Ralf Michels, Präsidiumsmitglied des VDIV und Inhaber der Hamburger A.S. Hausverwaltungs- & Projektentwicklungs-GmbH, betont: "Das Wesentliche darf man bei der Digitalisierung nicht aus den Augen verlieren: Wir verwalten nicht nur die Gebäude, sondern betreuen vor allem Menschen".

Erste Schritte in klassischen Abteilungen

Wenn Ihr Unternehmen noch "hybrid", also sowohl mit (unterschiedlichen) EDV-Systemen als auch mit Papierakten arbeitet, könnte die erste Veränderung in der Buchhaltung und / oder Abrechnung stattfinden. Mehr Effizienz erreichen Sie etwa durch eine stärkere Automatisierung der Buchhaltungsprozesse – was eventuell einen Softwarewechsel nach sich zieht – und der Vernetzung mit Ihren Bankpartnern.

Schon der integrierte Zahlungsverkehr, noch stärker eine Lösung für virtuelle Konten, reduziert die Aufwände und auch die Fehlerquote bei Buchungsroutinen drastisch. Auch ein elektronischer Rechnungseingang wird Ihre Mitarbeiter schnell entlasten. Bei der Betriebs- und Heizkostenabrechnung gelten die händische Zuordnung und der Postversand als enorme Zeitfresser – die leicht zu überwinden sind, wenn Ihr System mit denen Ihrer Messdienstleister Daten tauschen und elektronische Abrechnungen einlesen kann. All das mag nicht besonders neu sein, aber für manche Unternehmen waren genau das die ersten Schritte, digitaler, schlanker, mit weniger Medienbrüchen zu arbeiten.

Was viele, insbesondere wachsende Unternehmen inzwischen erkennen: Wie ihre Aktenregale zu einem ernsten Platzproblem werden – und junge Fachkräfte geradezu abschrecken. Ein Dokumentenmanagement-System (DMS) sorgt für Abhilfe. Akten werden damit revisionssicher elektronisch archiviert, die Dokumente sind schnell auffindbar. Wichtig ist, dass das System branchengerechte Ablagestrukturen bietet. Und wenn Sie Ihre Altakten ebenfalls digitalisieren wollen: Dafür gibt es spezialisierte Dienstleister.

Grundlegende Entscheidungen vorab treffen

Doch zu solchen Schritten sind Vorentscheidungen nötig, wie Ralf Michels zu bedenken gibt. "Bevor man sich mit einzelnen Umstellungen beschäftigt, sollte man sich grundlegende Gedanken machen", riet er den Besuchern der Innovationstage. "Ganz wichtig sind Fragen wie: Wem gehören die Daten oder Dokumente? Was passiert bei einer Objektabgabe?" Auch technische Aspekte sind zu berücksichtigen: "Wo liegen die Grenzen der Datenbank? Geht man besser mit den Daten in die Cloud? Wie komfortabel gestaltet sich das Wiederauffinden von Informationen?"

Mit steigender Datenmenge werden die Fragen nach dem Datenhandling virulenter. So wertet Ralf Michels in seiner bereits stark digitalen Immobilienverwaltung Daten aus den Objekten für das Objektcontrolling aus. Metadaten, wie die Anzahl der zu einem Objekt erbrachten E-Mails oder Buchungen, aber auch Bearbeitungszeiten verweisen auf die Rentabilität einzelner Liegenschaften. Was das Vorgehen betrifft, so lohnt es sich nach Michels' Erfahrung, solche neuen digitalen Prozesse erst an einem Objekt zu testen, bevor man den Prozess komplett umstellt. "Wenn sich die Innovation im Gebrauch und Nutzen bewiesen hat", erläutert er, "dann überträgt man sie auf weitere Objekte". Genau das scheint im Lernprozess Digitalisierung der richtige Ansatz.

Wenn Sie sich für die praktische Umsetzung digitaler Errungenschaften interessieren: Hier finden Sie weitere Informationen zur Veranstaltungsreihe "Innovationstage – Die Zukunft der Immobilienverwaltung" des VDIV und der Haufe Group.

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