Digital Detox: Einfach mal abschalten

Die wohl meisten Menschen sind „always on“. Bis zum letzten Wochenende war ich das auch. Dann verabschiedete sich mein Smartphone, und ich brachte es nicht zum Laufen. Das Wochenende war ich im Off. Nachträglich kann ich sagen: Super-Erfahrung! Ein Plädoyer für die Weiterentwicklung der Smartphone-Kultur.

Vor knapp 20 Jahren wusste noch kaum jemand, was ein Smartphone ist. Heute müssen wir uns oft genug die Frage stellen, wer wen steuert: wir das Smartphone oder ist es umgekehrt? Wir checken auch am Wochenende mal schnell unsere beruflichen Mails. Wir lesen nach Feierabend die WhatsApps unserer Geschäftspartner. Wir müssten all das nicht, machen es aber trotzdem. Warum?

Ich glaube, die kleinen, nützlichen Geräte haben die Steuerung in unserem Leben übernommen. Sie machen uns quasi willenlos. Zu groß ist die Verlockung nachzusehen, was sich so tut in der Welt da draußen, man könnte ja Spannendes verpassen. Höchste Zeit, wieder selbst das Ruder zu übernehmen, denn das permanente Online-Sein stresst. Das belegen auch diverse Studien.

Ungewolltes Digital-Detox-Experiment: Zwei Tage ohne Smartphone

Ich hatte oft von jener Art Experimente gelesen, deren Ratschlag ich beständig in den Wind schlug: „Schalten Sie am Freitagabend Ihr Mobiltelefon aus und verordnen Sie sich ein Wochenende ganz ohne digitale Nachrichten.“  Zwei Tage ohne Handy? Absurde Vorstellung. So lange, bis ich mich selbst in so einer Situation wiederfand. Unfreiwillig, denn mein Mobiltelefon funktionierte nicht mehr. Ich wohne auf dem Land. Idylle pur. Freitagnachmittag. Zu spät. Anderthalb Stunden bis zum nächsten Service-Shop.

Ich wurde nervös – aber später immer ruhiger. Denn ich konnte überhaupt nichts tun. Und irgendwann entspannte ich mich. Zum ersten Mal seit Langem. Während die Familie um mich herum immer wieder auf das Display ihrer Geräte sah, um neue Nachrichten zu checken, saß ich tatenlos daneben. Ich spürte, wie gut mir dieses Nichtstun tat, wie fokussiert ich plötzlich auf meine Gesprächspartner am Tisch war, wie sehr ich das Beisammensein ohne Ablenkung genoss. Plötzlich war ich mit meinen Gedanken ganz im Hier und Jetzt – und nicht beim Meeting von morgen oder beim Kundengespräch von vorgestern.

Das brachte mich zum Nachdenken. Ich reflektierte meine Handy-Gewohnheiten – und beschloss, sie zu verändern. Seitdem beginnt für mich jeder Feierabend mit dem Lautlos-Stellen meines Telefons. Zudem lege ich es außer Sichtweite, denn auch das kurze Aufblinken einer Push-Nachricht verführt zum schnellen Check. Was zunächst ungewohnt war, ist jetzt schon zum Ritual geworden. Es hilft mir vor allem im Homeoffice, die Grenzen zwischen Job und Freizeit klarer zu ziehen.

Multitasking im Berufsleben? Besser nicht!

Ein bewussterer Umgang mit dem Smartphone ist nicht nur relevant, wenn es um unser persönliches Wohlbefinden geht. Auch im Berufsleben sollten wir reflektieren, ob die Always-on-Mentalität zielführend ist. Multitasking ist gut, und oft scheint es auch nicht anders zu gehen. Aber ich kann mich nicht zu 100 Prozent auf die Arbeit oder ein Meeting konzentrieren, wenn mein Smartphone eingeschaltet in Griffweite liegt.

Ich bekam Studien zur Konzentrationsforschung in die Hand, die mir das zu belegen schienen, was ich lange Zeit nicht wahrhaben wollte: dass natürlich die Effizienz leidet, wenn meine Aufmerksamkeit immer wieder zu anderen Dingen abschweift. Und auch das wurde mir klar: Wer während eines Gesprächs auf dem Handy tippt, suggeriert seinem Gegenüber eher Desinteresse statt Wertschätzung. 

Die Lösung ist auch hier wieder ziemlich simpel: Gehen Sie offline, zumindest für eine begrenzte Zeit. Besonders gut funktioniert das, wenn Sie es gemeinsam tun, so beispielsweise im Meeting. Etablieren Sie handyfreie Phasen und Zonen, die für alle gelten – natürlich auch für vielbeschäftigte Führungskräfte, deren Vorbildfunktion nicht zu unterschätzen ist.

Ich habe es ausprobiert, und ich kann Ihnen versichern: Es lohnt sich!

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