Grundsteuer: Lindner lehnt Änderung des Bundesgesetzes ab

Der Bund will trotz Länderkritik die neue Grundsteuer nicht mehr anfassen. Das Gesetz biete genügend Spielraum, die Steuerberechnung selbst an regionale Bedürfnisse anzupassen, schreibt Finanzminister Christian Lindner (FDP) in einem Brief.

Millionen Hauseigentümer warten auf den Bescheid, wie hoch die neu bemessene Grundsteuer ab 2025 ausfallen wird. In einem Brief nach Berlin forderten einige Finanzminister der Länder noch Änderungen des Bundesgesetzes – sie wollen differenzierte Hebesätze für Wohnen und Gewerbe –, wurden aber enttäuscht.

Eine Reform durch den Bund sei in der Kürze der Zeit nicht rechtssicher umsetzbar, schreibt Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) in einem Brief an die Kollegin aus Rheinland-Pfalz, Doris Ahnen (SPD), und den Kollegen aus Nordrhein-Westfalen, den CDU-Politiker Marcus Optendrenk. Das Gesetz gebe den Ländern genügend Spielraum, die Steuerberechnung selbst an regionale Bedürfnisse anzupassen. Auf X ergänzte Lindner, er teile die Sorge, dass Hauseigentümer durch die Grundsteuerreform teilweise stärker belastet werden könnten. Der Bund könne dieses Problem aber nicht mehr heilen. Die Bundesländer seien in der Pflicht.

Neue Grundsteuer: Überproportionale Belastung bei Wohnimmobilien

 Die Schieflage zwischen Wohn- und Gewerbegrundstücken vor allem in größeren Städten kommt dadurch zustande, dass Gewerbegrundstücke seit 1960 oft deutlich weniger im Wert gestiegen sind als Wohngrundstücke. Dort, wo es einen hohen Wertzuwachs bei Wohngrundstücken gab, ist nun eine überproportionale Grundsteuerbelastung zu erwarten. Lindner ermunterte die Länder, "notwendige Änderungen im Landesrecht aktiv auszuschöpfen".

Neue Abwägungen wären zudem auch mit einer Änderung der Bundesregelung nicht vermeidbar – genauso wie in den fünf Bundesländern, die zur Berechnung der Grundsteuer eigene Formeln nutzten, heißt es in der Antwort weiter, die Optendrenk kritisierte: "Lindner lässt Länder, Kommunen und ganz besonders Eigentümer von Einfamilienhäusern bei der Grundsteuer im Stich", sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Das Argument, keine Zeit mehr für eine Gesetzgebung zu haben, sei "fadenscheinig".

Nordrhein-Westfalen wendet wie die meisten anderen Länder das Bundesmodell an und hat im Zuge der Grundsteuerreform auf eine eigene Lösung verzichtet. Bayern hatte die Öffnungsklausel für die Bundesländer durchgeboxt.

Neue Grundsteuer: Bundesländer mit eigenem Gesetz

Bayern

Das Gesetz in Bayern wurde am 23.11.2021 verabschiedet und sieht vor, dass die Grundsteuer künftig nur noch anhand der Fläche des Grundstücks und der Gebäude sowie der Nutzung berechnet wird. Der Wert des Grundstücks und der Immobilien spielt keine Rolle. Laut einem Rechtsgutachten des Potsdamer Juraprofessors Thorsten Ingo Schmidt im Auftrag der Grünen-Fraktion verstößt die Novelle gegen den Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes.

Baden-Württemberg

Baden-Württemberg hatte als erstes Bundesland am 4.11.2020 ein eigenes Gesetz verabschiedet. Grundlage für die Neuberechnung nach dem "modifizierten Bodenwertmodell" sind Grundstücksfläche und Bodenrichtwert. Zur Mobilisierung von Bauland kommt die Grundsteuer C zum Einsatz.

Hessen

Hessen hat sich am 14.12.2021 für ein "Flächen-Faktor-Verfahren" entschieden, dabei werden künftig neben der Größe von Grundstücken und Häusern und der Nutzung der Immobilien auch die Lage auf die Neuberechnung der Steuerhöhe auswirken.

Hamburg

Hamburg verabschiedete am 18.8.2021 ein eigenes Gesetz: Das "Wohnlagenmodell" berücksichtigt neben der Fläche des Grundstücks und der genutzten Fläche der Gebäude auch die Wohnlage der Immobilie. Zur Berechnung der Lage will sich der Senat am Mietspiegel orientieren, der die Grundstücke in "normale" und "gute" Wohnlagen einteilt. Auch Hamburg will Bodenspekulationen mit der Grundsteuer C verhindern: Für brachliegende Grundstücke, für die eine Baugenehmigung vorliegt, kann ein höherer Hebesatz berechnet werden.

Niedersachsen

Dem Gesetz für Niedersachsen stimmte der Landtag am 7.7.2021 zu. Die Grundsteuer soll anhand der Fläche, ergänzt um die Lage – "durchschnittlich", "besser" oder "schlechter" – innerhalb der Kommunen bemessen werden. Erst bei "gravierenden Änderungen" der Lageverhältnisse, die automatisiert von der Verwaltung überprüft werden, kommt es zu neuen Steuerbescheiden in den betroffenen Gebieten. Als Indikator für die Lage sollen die für Bauflächen vorhandenen Bodenrichtwerte für das jeweilige Grundstück genutzt werden. Der Bodenrichtwert des Grundstücks wird mit dem Gemeindedurchschnitt verglichen.

Sachsen

In Sachsen hat das Grundsteuerreformgesetz den Landtag am 3.2.2021 passiert. Hier soll künftig zwischen den Nutzungsarten "Wohnen", "Gewerbe" und "unbebaut" unterschieden werden: Für unbebaute Grundstücke und Wohngrundstücke wird die Steuermesszahl bei 0,36 Promille liegen, für Geschäftsgrundstücke bei 0,72 Promille. So soll die Mehrbelastung des Wohnens verhindert werden.

Saarland

Das Saarland will weitgehend das Bundesmodell übernehmen, aber trotzdem von der Öffnungsklausel Gebrauch machen: So soll bei der Besteuerung des Grundvermögens im Bereich der Steuermesszahlen eine Differenzierung nach Grundstücksarten vorgenommen werden.

Bundesgesetz oder Sonderweg: Welches Modell ist besser?

Die Grundsteuer-Novelle – die Ende 2019 im Bund verabschiedet worden ist – soll am 1.1.2025 in Kraft treten. Länder, die das Bundesmodell wählten, mussten kein eigenes Gesetz beschließen.

Beim Bundesmodell ist Grundlage das Ertragswertverfahren: In die Berechnung fließen Bodenrichtwert, Fläche der Immobilie, Nettokaltmiete und Alter des Hauses ein. Daraus wird von den Finanzämtern der Steuermessbetrag ermittelt, der mit dem individuell festgelegten Hebesatz der Gemeinden multipliziert wird.

Die erste Hauptfeststellung erfolgte am 1.1.2022 – das Finanzamt legte den Wert des Grundbesitzes fest, den er Ende 2021 hatte. Für die Umsetzung der Neubewertung durch alle Bundesländer gilt eine Frist bis Ende 2024.

Welche Berechnungsmethode die beste ist, ist umstritten. Der Augsburger Steuerrechtler Gregor Kirchhof hält das Bundesgesetz für verfassungswidrig, wie er in einem Gutachten schreibt.

Wie teuer wird die neue Grundsteuer für Eigentümer?

Gezahlt wird die Grundsteuer von den Eigentümern, die sie (noch) auf die Mieter umlegen dürfen. Profiteure sind die Kommunen: Die kassieren insgesamt zirka 14 Milliarden Euro pro Jahr. Wäre die Reform vom Bund nicht bis Ende 2019 beschlossen worden, wie im April 2018 vom Bundesverfassungsgericht gefordert, hätten die Kommunen seit Anfang 2020 keine Grundsteuer mehr erheben dürfen.

Bis zum 31.12.2024 gelten weiterhin die alten Grundstückswerte von 1935 (Ostdeutschland) und 1964 (Westdeutschland): Erst wird der Wert eines Gebäudes oder Grundstücks ermittelt, dann der Grundsteuerwert mit der Steuermesszahl und mit dem Hebesatz der Kommunen multipliziert.

Die Kommunen werden mit ihren Hebesätzen die Höhe der Abgabe auch nach dem Stichtag 1.1.2025 bestimmen – unabhängig vom gewählten Modell. Dadurch kann sich die Grundsteuer für die gleiche Immobilie je nach Wohnort zum Teil um Hunderte Euro unterscheiden. Eigentümer von Mietshäusern müssen oft vierstellige Beträge zahlen. Die Hebesätze können jederzeit geändert werden. Den Kommunen hat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) mit der Wiedereinführung der Grundsteuer C zudem ein "Druckmittel" für den Wohnungsneubau an die Hand gegeben.

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Schlagworte zum Thema:  Grundsteuer, Grundsteuerreform