Grundsteuer: Finanzminister wollen Wohneigentümer entlasten

Millionen Hauseigentümer warten besorgt auf den Bescheid, wie hoch die nach der Reform neu bemessene Grundsteuer ab 2025 ausfallen wird. Einige Länderfinanzminister fordern eine Änderung des Bundesgesetzes – sie wollen differenzierte Hebesätze für Wohnen und Gewerbe. 

Der Vorstoß zur Grundsteuerreform kommt aus Nordrhein-Westfalen (NRW): Finanzminister Marcus Optendrenk (CDU) hat angesichts der schon jetzt absehbaren Mehrbelastungen von Wohneigentum noch einmal eindringlich für eine Öffnungsklausel im Bundesgesetz plädiert. Die Kommunen sollen die Möglichkeit erhalten, die Hebesätze für Wohnen und Gewerbe zu differenzieren.

"Eine andere Lösung haben wir jetzt zum 1.1.2025 nicht", sagte Optendrenk – auch Vorsitzender des Finanzausschusses im Bundesrat  – am 20. März in einer Aktuellen Stunde im Landtag. Er hat mit einer Mehrheit der Länderkollegen in einem Brief an Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) um eine Änderung des Bundesgesetzes gebeten. Ziel sei es, den Kommunen noch vor Inkrafttreten der neuen Grundsteuer die Möglichkeit zu geben, überproportionale steuerliche Verschiebungen zulasten von Wohneigentümern abzufangen. Notfalls werde er die Öffnungsklausel im Alleingang umsetzen.

Reform der Grundsteuerreform? Kommunen sind verärgert

Kommunale Spitzenverbände warnen seit Monaten vor unzumutbaren Belastungen für Wohneigentümer und Mieter. Von dem Vorschlag Optendrenks fühlen sich die Kommunen jetzt aber überrumpelt und warnen, dass er nicht mehr rechtzeitig umzusetzen sei. Den Vorwurf, er handele zu spät, wies er zurück. Erst durch die fortschreitenden Berechnungen bei der Grundsteuer habe sich jetzt gezeigt, dass die Werte für Wohngrundstücke in einigen Kommunen anstiegen.

Das Bundesverfassungsgericht hatte die bisherige Einheitsbewertung bei der Grundsteuer 2018 als verfassungswidrig eingestuft. Bundesweit muss der gesamte Grundbesitz durch die Finanzämter neu bewertet und die Steuer neu festgesetzt werden. NRW wendet dabei wie die meisten anderen Länder auch die Bundesregelung an und hatte auf eine eigene Landeslösung zunächst verzichtet.

Die Bundesregierung hatte den Ländern im Zuge der Grundsteuerreform das Recht eingeräumt, eigene Regelungen zu verabschieden, die vom Grundsteuer-Modell von Ex-Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) abweichen. Bayern hatte die sogenannte Öffnungsklausel überhaupt erst durchgeboxt.

Neue Grundsteuer: Bundesländer mit eigenem Gesetz

Bayern

Das Gesetz in Bayern wurde am 23.11.2021 verabschiedet und sieht vor, dass die Grundsteuer künftig nur noch anhand der Fläche des Grundstücks und der Gebäude sowie der Nutzung berechnet wird. Der Wert des Grundstücks und der Immobilien keine Rolle. Laut einem Rechtsgutachten des Potsdamer Juraprofessors Thorsten Ingo Schmidt im Auftrag der Grünen-Fraktion verstößt die Novelle gegen die Verfassung. Er sieht den Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes nicht ausreichend berücksichtigt.

Baden-Württemberg

Baden-Württemberg hatte als erstes Bundesland am 4.11.2020 ein eigenes Gesetz verabschiedet. Grundlage für die Neuberechnung nach dem "modifizierten Bodenwertmodell" sind Grundstücksfläche und Bodenrichtwert. Zur Mobilisierung von Bauland kommt die Grundsteuer C zum Einsatz.

Hessen

Hessen hat sich am 14.12.2021 für ein "Flächen-Faktor-Verfahren" entschieden, dabei werden künftig neben der Größe von Grundstücken und Häusern und der Nutzung der Immobilien auch die Lage auf die Neuberechnung der Steuerhöhe auswirken.

Hamburg

Hamburg verabschiedete am 18.8.2021 ein eigenes Gesetz: Das "Wohnlagenmodell" berücksichtigt neben der Fläche des Grundstücks und der genutzten Fläche der Gebäude auch die Wohnlage der Immobilie. Zur Berechnung der Lage will sich der Senat am Mietspiegel orientieren, der die Grundstücke in "normale" und "gute" Wohnlagen einteilt. Auch Hamburg will Bodenspekulationen mit der Grundsteuer C verhindern: Für brachliegende Grundstücke, für die eine Baugenehmigung vorliegt, kann ein höherer Hebesatz berechnet werden.

Niedersachsen

Auch Niedersachsen hat sich für eine eigene Regelung entschieden. Dem Gesetz stimmte der Landtag am 7.7.2021 abschließend zu. Die Grundsteuer soll künftig anhand der Fläche, ergänzt um die Lage – "durchschnittlich", "besser" oder "schlechter" – innerhalb der Kommunen bemessen werden. Erst bei "gravierenden Änderungen" der Lageverhältnisse, die automatisiert von der Verwaltung überprüft werden, kommt es zu neuen Steuerbescheiden in den betroffenen Gebieten. Als Indikator für die Lage sollen die flächendeckend für Bauflächen vorhandenen Bodenrichtwerte für das jeweilige Grundstück genutzt werden. Der Bodenrichtwert des Grundstücks wird mit dem Gemeindedurchschnitt verglichen.

Sachsen

In Sachsen hat das Grundsteuerreformgesetz den Landtag am 3.2.2021 passiert. Hier soll künftig zwischen den Nutzungsarten "Wohnen", "Gewerbe" und "unbebaut" unterschieden werden: Für unbebaute Grundstücke und Wohngrundstücke wird die Steuermesszahl bei 0,36 Promille liegen, für Geschäftsgrundstücke bei 0,72 Promille. So soll die Mehrbelastung des Wohnens verhindert werden.

Saarland

Das Saarland will weitgehend das Bundesmodell übernehmen, aber trotzdem von der Öffnungsklausel Gebrauch machen: So soll bei der Besteuerung des Grundvermögens im Bereich der Steuermesszahlen eine Differenzierung nach Grundstücksarten vorgenommen werden.

Bundesgesetz oder Sonderweg: Welches Modell ist besser?

Die Grundsteuer-Novelle – die Ende 2019 im Bund verabschiedet worden ist – soll am 1.1.2025 in Kraft treten. Länder, die das Bundesmodell wählten, mussten kein eigenes Gesetz beschließen.

Beim Bundesmodell ist Grundlage das Ertragswertverfahren: In die Berechnung fließen Bodenrichtwert, Fläche der Immobilie, Nettokaltmiete und Alter des Hauses ein. Daraus wird von den Finanzämtern der Steuermessbetrag ermittelt, der mit dem individuell festgelegten Hebesatz der Gemeinden multipliziert wird.

Die erste Hauptfeststellung erfolgte am 1.1.2022 – das heißt, das Finanzamt sollte dann den Wert des Grundbesitzes festlegen, den er Ende 2021 hatte. Für die Umsetzung der Neubewertung durch alle Bundesländer gilt eine Frist bis Ende 2024.

Welche Berechnungsmethode die beste ist, ist umstritten. Der Augsburger Steuerrechtler Gregor Kirchhof etwa hält das Bundesgesetz für verfassungswidrig, wie er in einem Gutachten für den Zentralen Immobilien Ausschuss (ZIA) schreibt.

Wie teuer wird die neue Grundsteuer für Eigentümer?

Gezahlt wird die Grundsteuer von den Eigentümern, die sie (noch) auf die Mieter umlegen dürfen. Profiteure sind die Kommunen: Die kassierten zuletzt insgesamt zirka 14 Milliarden Euro pro Jahr. Wäre die Reform vom Bund nicht bis Ende 2019 beschlossen worden, wie im April 2018 vom Bundesverfassungsgericht gefordert, hätten die Kommunen seit Anfang 2020 keine Grundsteuer mehr erheben dürfen.

Bis zum 31.12.2024 gelten weiterhin die alten Grundstückswerte von 1935 (Ostdeutschland) und 1964 (Westdeutschland): Erst wird der Wert eines Gebäudes oder Grundstücks ermittelt, dann der Grundsteuerwert mit der Steuermesszahl und mit dem Hebesatz der Kommunen multipliziert.

Die Kommunen werden mit ihren Hebesätzen die Höhe der Abgabe auch nach dem Stichtag 1.1.2025 bestimmen – unabhängig vom gewählten Modell. Dadurch kann sich die Grundsteuer für die gleiche Immobilie je nach Wohnort zum Teil um Hunderte Euro unterscheiden. Eigentümer von Mietshäusern müssen oft vierstellige Beträge berappen. Die Hebesätze können außerdem jederzeit geändert werden. Den Kommunen hat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) mit der Wiedereinführung der Grundsteuer C zudem ein "Druckmittel" für den Wohnungsneubau an die Hand gegeben.

Grundsteuer 2022: Einfach digital erledigt mit Software & Fachwissen von Haufe!

Die Grundsteuerreform stellt Wohnungsunternehmen vor eine große Aufgabe. Profitieren Sie jetzt von den Haufe Lösungen: Mit der intuitiven Partnersoftware setzen Sie den Grundsteuerprozess in nur drei Schritten digital um. Plus Fachwissen zu Fristen & Ländermodellen, mit Erklärvideos und Online-Seminaren.

Hier mehr erfahren: Grundsteuerreform einfach digital erledigt


Das könnte Sie auch interessieren:

Teilerlass der Grundsteuer: Frist endet am 2. April

Die Hebesätze steigen: Vorzeichen der Grundsteuer 2025?

Grundsteuer: Finanzämtern drohen Klagen wegen Untätigkeit

Grundsteuer: Jurist erwartet Klagewelle gegen Bundesmodell

dpa
Schlagworte zum Thema:  Grundsteuer, Grundsteuerreform