
Bis 2025 müssen die Länder die Grundsteuer neu berechnen. Nach langem Gezerre hat sich Schleswig-Holstein nun wohl doch gegen einen Sonderweg und für das von SPD-Finanzminister Olaf Scholz entwickelte Bundesmodell entschieden. Innerhalb der Landes-CDU ist darüber ein heftiger Streit entbrannt.
Bis 2025 müssen die Länder die Grundsteuer neu berechnen. Nach langem Gezerre hat sich Schleswig-Holstein nun wohl doch gegen einen Sonderweg und für das von SPD-Finanzminister Olaf Scholz entwickelte Bundesmodell entschieden. Innerhalb der Landes-CDU ist darüber ein heftiger Streit entbrannt.
Länder, die für die Neuberechnung der Grundsteuer das Bundesmodell wählen, müssen nichts weiter tun. Wer den Sonderweg gehen will, muss ein eigenes Gesetz verabschieden. Bayern hatte im Bundesgesetz zur Grundsteuer-Reform, das Ende 2019 verabschiedet worden ist, die sogenannte Öffnungsklausel durchgesetzt, die es überhaupt erst möglich macht, dass die Länder vom Bundesmodell von Finanzminister Olaf Scholz (SPD) abweichen können.
Etwa die Hälfte der Bundesländer arbeitet an einem eigenen Modell für die Neuberechnung der Grundsteuer. Doch nur Baden-Württemberg hat bisher ein entsprechendes Gesetz beschlossen. Wenn die Steuer ab 2025 greifen soll, bleibt nicht mehr viel Zeit, denn die Vorbereitungen könnten Jahre dauern. Die erste Hauptfeststellung soll nach derzeitigem Planungsstand am 1.1.2022 erfolgen – das heißt, das Finanzamt legt den Wert des Grundbesitzes fest, den er Ende 2021 hat. Für die Umsetzung der Neubewertung durch alle Länder gilt eine Frist bis Ende 2024.
Streit um Grundsteuer-Entscheidung in der CDU Schleswig-Holstein
Die Jamaika-Koalition von Schleswig-Holstein hat sich nach langem Hin und Her nun offenbar doch auf die Berechnungsmethode des Bundesfinanzministeriums geeinigt. "Es wird auf das Bundesmodell hinauslaufen", sagte CDU-Finanzpolitiker Ole-Christopher Plambeck am 21. Januar. Dass bedeutet, dass sich die Grünen gegen CDU und FDP durchsetzen konnten.
Finanzministerin Monika Heinold (Die Grünen) hatte immer auf der wertbasierten Komponente beharrt. Die FDP hatte für ein eigenes Modell geworben, das außer der Fläche auch die Lage eines Grundstücks berücksichtigt, so wie Hessen es plant. Der Wirtschaftsrat der CDU Schleswig-Holstein warnte eindringlich vor dem Bundesmodell, das sich auf den Wert und auf die Fläche einer Immobilie stützt: Innerhalb der Partei hätte man sich das komplett wertunabhängige Modell Bayerns vorstellen können, wie Plambeck sagte.
Grundsteuer-Reform: Diese Länder wählen auch das Bundesmodell
"Das Modell unseres Bundesfinanzministers, der zugleich Kanzlerkandidat für die SPD ist, wäre für das Eigentum in Deutschland ein weiterer Sargnagel", erklärte der Landesvorsitzende des CDU-Wirtschaftsrates, Christian von Boetticher. "Ich erwarte insbesondere von der CDU-Landtagsfraktion, dass sie immer noch für Eigentum und Freiheit steht und nicht für sozialistische Experimente."
Auch Berlin, Thüringen, Rheinland-Pfalz, Bremen, Sachsen-Anhalt und Brandenburg wollen das Konzept des Bundes übernehmen. Das heißt, sie müssen ab 2022 alle Grundstücke – orientiert an Grundstücksfläche und Bodenrichtwert, Immobilienart, Nettokaltmiete, Gebäudefläche und Gebäudealter – neu berechnen, danach alle sieben Jahre wieder.
Sachsen-Anhalt gab vor allem praktische Gründe an für seine Wahl: Die Zeit drängt. Vor der Landtagswahl im Sommer 2021 ein alternatives Rechenmodell zu verabschieden, sei nicht mehr zu schaffen, erklärte Finanzminister Michael Richter (CDU). Unentschlossen sind weiterhin noch Nordrhein-Westfalen und Mecklenburg-Vorpommern. Hier stehen Gespräche noch aus.
Nur Baden-Württemberg: eigenes Grundsteuer-Gesetz schon verabschiedet
Als erstes Bundesland hat Baden-Württemberg ein eigenständiges Landesgesetz zur Grundsteuer verabschiedet. Der Landtag in Stuttgart hatte am 4.11.2020 mit den Stimmen der grün-schwarzen Regierungsmehrheit zugestimmt. Grundlage für die Neuberechnung der Grundsteuer nach einem "modifizierten Bodenwertmodell" sollen im Südwesten künftig die Grundstücksfläche und der Bodenrichtwert sein. Eigentümer von Wohngebäuden sollen so weniger belastet, Brachflächen in Wohngebieten hingegen höher besteuert werden.
Kritik kommt vom Steuerzahlerbund, der in der steuerlichen Bewertung nur nach Grund und Boden einen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz sieht. Die FDP-Fraktion befürchtet, dass das Gesetz zu starken Mehrbelastungen führen könnte – insbesondere von Menschen in Ein- und Zweifamilienhäusern, selbst wenn die Kommunen über die Hebesätze versuchten, die Steueränderung aufkommensneutral umzusetzen.
Grundsteuer-Konzept in Bayern: "rein" nach Fläche
Bayern geht – wie von Anfang an angekündigt – den Sonderweg mit seinem "reinen" Flächen-Modell. Der Gesetzentwurf wurde vom Kabinett in einer Sondersitzung am 6.12.2020 beschlossen. Thema war Medienberichten zufolge auch die "Grundsteuer C", die es Kommunen erlauben würde, einen erhöhten Grundsteuerhebesatz für brachliegende, aber baureife Grundstücke zu erheben: Diese ist aber offenbar vom Tisch.
Das bayerische Grundsteuer-Konzept sieht vor, die Steuerlast unabhängig vom Wert des Grundstücks und der Immobilie zu ermitteln. Die Höhe der Steuer soll sich nur nach Grundstücksfläche (vier Cent pro Quadratmeter) und Gebäudefläche (50 Cent pro Quadratmeter), der Nutzung und dem von den Kommunen festgesetzten Hebesatz berechnen. Neben einem Abschlag für Wohnflächen von 30 Prozent sind zusätzliche Abschlagmöglichkeiten für besonders große Grundstücke, Denkmäler und den sozialen Wohnungsbau vorgesehen.
Die Immobilienbranche bevorzugt das bayerische Modell, das von der reinen Grundstücksfläche ausgeht, weil es als einfacher und "bürokratieärmer" gilt – denn viele Daten liegen nicht den Steuer-, sondern anderen Behörden vor, etwa bei den Liegenschafts-, Grundbuch- und Bauämtern.
Hamburger Grundsteuer: Fläche und Wohnlage
Der Stadtstaat Hamburg hatte am 1.9.2020 zumindest schon einmal die Eckpunkte für ein Landesgesetz zur Grundsteuer vorgestellt: Parameter sind hier Fläche und Wohnlage, letzteres, weil der Wohnungsmarkt als angespannt gilt und gerade die Bodenwerte in die Höhe schießen. Nach den Plänen von Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) soll unabhängig von der Nutzung die Grundstücksfläche mit 0,02 Euro und die Gebäudefläche mit 0,40 Euro je Quadratmeter bewertet werden. Wohnanlagen sollen steuerlich begünstigt werden.
Zur Berechnung der Lage orientiere man sich am Mietspiegel, der die Grundstücke in "normale" und "gute" Wohnlagen einteilt. Bodenspekulation will Dressel mit der "Grundsteuer C" verhindern: Für brachliegende Grundstücke, für die eine Baugenehmigung vorliegt, soll künftig ein höherer Hebesatz berechnet werden.
Sachsen und Hessen planen mit Öffnungsklausel
Sachsen hat am 14.7.2020 einen eigenen Gesetzentwurf zur Grundsteuerreform zur Anhörung im Landtag freigegeben. Beschlossen werden soll das Gesetz der Regierung zufolge noch 2021. Hessen hat bisher nur angekündigt, von der Öffnungsklausel Gebrauch machen zu wollen: Dort will man auf ein "Verfahren auf der Basis der Grundstücks- und Gebäudeflächen – ergänzt um einen Lagefaktor" setzen.
In Niedersachsen wurde der Gesetzentwurf aus Bayern "dringend erwartet", da er als Basis für die Entwicklung des eigenen Gesetzentwurfs als Vorlage dienen soll, hieß es etwa aus dem Haus des niedersächsischen Finanzministers Reinhold Hilbers (CDU), der "anhand der Fläche, ergänzt um wertbildende innerkommunale Lagefaktoren" berechnen will. Doch endgültig abgenickt ist auch bisher nichts.
Welche Methode am Ende die beste ist, ist umstritten. Der Augsburger Steuerrechtler Gregor Kirchhof hält das Bundesgesetz sogar für verfassungswidrig, wie er in einem Gutachten für den Zentralen Immobilien Ausschuss (ZIA) schreibt. Er wirbt für das Flächenmodell, das um einen pauschalen Lagewert ergänzt wird.
Wie teuer wird die neue Grundsteuer für Eigentümer und Mieter?
Gezahlt wird die Grundsteuer von den Immobilieneigentümern, die sie auf die Mieter umlegen dürfen. Profiteure der alten wie der neuen Grundsteuer sind die Kommunen: Die kassierten zuletzt insgesamt zirka 14 Milliarden Euro pro Jahr. Wäre die Reform vom Bund nicht bis Ende 2019 beschlossen worden, wie im April 2018 vom Bundesverfassungsgericht gefordert, hätten die Kommunen seit Anfang 2020 keine Grundsteuer mehr erheben dürfen.
Bis 2025 gelten noch die alten Grundstückswerte von 1935 (Ostdeutschland) und 1964 (Westdeutschland): Erst wird der Wert eines Gebäudes oder Grundstücks ermittelt, dann der Grundsteuerwert mit der Steuermesszahl und schließlich mit dem von den Kommunen festgelegten Hebesatz multipliziert.
Die Kommunen werden mit ihren Hebesätzen die Höhe der Abgabe auch nach dem Stichtag 1.1.2025 bestimmen – unabhängig vom gewählten Modell. So kann sich die Grundsteuer für die gleiche Immobilie je nach Wohnort zum Teil um mehrere Hundert Euro unterscheiden. Eigentümer von Mietshäusern müssen oft vierstellige Beträge berappen. Die Hebesätze können jederzeit geändert werden.
Die Bundesregierung setzt darauf, dass die Kommunen fair bleiben, damit die Bürger im Schnitt künftig nicht mehr Steuern zahlen müssen. Zwingen kann der Bund die Kommunen aber nicht. Denen hat Bundesfinanzminister Scholz mit der Wiedereinführung der Grundsteuer C noch ein "Druckmittel" für den Wohnungsneubau an die Hand gegeben.
Das könnte Sie auch interessieren:
Interview: "Wir brauchen so etwas wie die Grundsteuer C"
Bodenwertzuwachssteuer spaltet die Gemüter
Wie kann man sich nur so eine Bewertungsmethode ausdenken?
Das ist am Ende doch nur ein Beschäftigungsprogramm für Steuerberater, Rechtsanwälte und Gerichte. Den tatsächlichen Wert eines Hauses gibt es so wenig wie für ein Gemälde!
Soll jede Mieterhöhung, die in der Regel bei einem Wohnungswechsel erfolgt dem Steueramt der Gemeinde gemeldet werden? Dann haben wir in einer Wohnanlage bei gleichen Wohneinheiten unterschiedliche Grundsteuersätze. Wer versucht seine Wohnung stets auf dem neuesten Stand zu halten, zahlt dafür höhere Grundsteuer. Ich müsste meinem Mieter sagen, ich kann das Bad erneuern, sie müssen dann aber mit einer höheren Grundsteuer rechnen. Ist das ein Beitrag zum Erhalt von Wohnraum?
Jede Kommune entscheidet letztendlich selbst über seine Grundsteuer und Gewerbesteuer. Dieser Wettbewerb unter den Kommunen muss auch weiterhin bestehen. Glaubt eine Kommune eine Reihe vergleichbarer Häuser in einer Straße zu haben, dann kann das an Ort und Stelle von der Kommune beschlossen werden.
Aber ein Beschäftigungsprogramm für kommunale Mitarbeiter sollten sich die Politideologen in Berlin nicht ausdenken dürfen.
Möglicherweise führt das sogar zur Angabe falscher Mieten, damit einerseits bei der Steuer für Vermietung und Verpachtung und andererseits bei der Grundsteuer gespart werden kann.