
Der Frankfurter Stadtteil Ostend mausert sich vom ehemaligen Arbeiter- zum In-Viertel. Mieterinitiativen befürchten, Anwohner könnten durch steigende Mieten und Luxusmodernisierungen vertrieben werden. Mit Auflagen beim Umbau von Wohnungen will die Stadt das verhindern.
Dem Mieterverein "Mieter helfen Mietern" gehen die geltenden Milieuschutz-Satzungen der Stadt Frankfurt am Main nicht weit genug. Er fordert, dass die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen in so beliebten Stadtteilen wie dem Ostend grundsätzlich verboten werden sollte. Das ehemalige Arbeiterviertel mausert sich immer mehr zum In-Viertel für die wohlhabende Mieter- und Käuferklientel.
Milieuschutz-Satzungen gegen Luxusmodernisierungen
Mit Hilfe von Milieuschutz-Satzungen kann die Bauaufsicht Luxusmodernisierungen untersagen. Frankfurt hat Ende 2018 die Satzungen auf 15 Gebiete ausgeweitet, darunter sind erstmals auch Straßen im beliebten Ostend. Sie gelten für den Bau von übergroßen Balkonen oder Terrassen sowie den Bau von Aufzügen zu einzelnen Stockwerken. Die Stadt kann in Gebieten mit Milieuschutz außerdem ein Vorkaufsrecht wahrnehmen: Der Käufer muss sich dann in einer "Abwendungserklärung" dazu verpflichten, auf größere bauliche Modernisierungen am Gebäude zu verzichten.
Aus Sicht des Verbands VdW Südwest sind solche restriktiven Eingriffe nicht zielführend. Eine ausreichende Zahl von Wohnungen sei der beste Mieterschutz. Der Verband plädiert für mehr Neubau.
Steigende Mieten durch Ansiedlung der EZB?
Seitdem die Europäische Zentralbank (EZB) im Jahr 2013 im Frankfurter Ostend den 1,3 Milliarden Euro teuren Doppelturm gebaut hat, geht die Angst vor steigenden Mieten um. "Kein Frankfurter Stadtteil hat sich so stark verändert", sagt Mark Gellert, Sprecher des städtischen Planungsdezernats.
Mieterinitiativen befürchten, dass im Ostend ähnlich wie in anderen Frankfurter Stadtteilen die angestammte Wohnbevölkerung Schritt für Schritt durch steigende Mieten und Luxusmodernisierungen vertrieben wird. "Das Ostend hat durch den Umzug der EZB eine große symbolische Aufwertung erfahren", sagt Conny Petzold vom Verein "Mieter helfen Mietern". Das Viertel sei so in den Blickwinkel gut verdienender Schichten geraten.
Planungsdezernat Gellert wiederum meint, dass das Ostend schon vor der Ansiedlung der EZB seinen Charakter verändert habe. Deshalb sei die EZB ja dort hingezogen. In der Tat: Seit dem Jahr 2000 schon wandelten Investoren entlang der Hanauer Landstraße verlassene Fabrikhallen und alte Kontorhäuser in trendige Lokale, Ateliers oder Hotels um.
Ostend: Jahrelang Sanierungsgebiet
In drei Jahrzehnten sind rund 70 Millionen Euro ins Ostend geflossen, etwa für den Kauf und die Aufbereitung von Grundstücken. Inzwischen sind dort mehr als 1.000 neue Wohnungen gebaut worden.
Auch andere Stadtteile in Frankfurt haben durch hohe Mieten und Preise für Eigentumswohnungen ihre Struktur verändert. In Folge hat die Bauaufsicht innerhalb der vergangenen drei Jahre 59 Fälle in den Schutzzonen geprüft, wie ein Sprecher des Baudezernats berichtet. In zwölf Fällen seien Abwendungsvereinbarungen geschlossen worden. In 13 Fällen habe die Stadt ihr Vorkaufsrecht geltend gemacht. Doch letztlich gekauft habe die Stadt bisher nur drei Häuser für rund sieben Millionen Euro. In anderen Fällen hat man sich mit den Käufern anderweitig geeinigt.
Weniger Sozialwohnungen im Ostend
Für das Ostend gibt es noch keine Erfahrungen mit dem Vorkaufsrecht, da die Satzung dort erst seit wenigen Monaten gilt. Doch allzu viele Hoffnungen setzt Petzold nicht in das neue Instrument: "Der Kriterienkatalog in Frankfurt ist zu lasch." Außerdem sei nur ein sehr kleiner Teil des Ostends als Milieu geschützt.
Das Ostend hat noch ein anderes Problem. Ende 2020 wird dort nach Angaben der Mieterschützer ein größerer Komplex von Wohnungen an der Kreuzung Waldschmidtstraße / Wittelsbacher Allee aus der Sozialbindung herausfallen. Den Zahlen der Stadt zufolge gab es vor 20 Jahren noch mehr als 40.000 Sozialwohnungen. Inzwischen ist der der Bestand auf rund 30.000 gesunken. Die Mieterinitiativen kommen nur noch auf etwas mehr als 26.000.