Neue Wohngemeinnützigkeit: Eckpunkte, Kritik und Zeitplan

Für die Einführung einer neuen Wohngemeinnützigkeit gibt es drei Optionen. Eine gesetzliche Grundlage hat die SPD-Bundestagsfraktion auf der Klausurtagung vage für den Jahreswechsel angekündigt. Das Vorhaben wird in der Wohnungswirtschaft kritisch gesehen.

Auf der Klausurtagung der SPD-Fraktionsspitzen am 28. und 29. August in Wiesbaden wurde unter anderem die Wiedereinführung der Wohngemeinnützigkeit beraten. Man erwarte, dass die gesetzliche Grundlage "2023 / 2024 abgeschlossen" und die neue Wohngemeinnützigkeit mit notwendigen Investitionszuschüssen ausgestattet sein wird, heißt es in einem Positionspapier vage zum weiteren Zeitplan für das Vorhaben.

Ursprünglich sollte bereits Ende März 2023 ein Gesetzentwurf vorliegen. Der Termin sei aber wegen komplexer und aufwändiger Rechtsgebiete und der erforderlichen Abstimmungen nicht zu halten gewesen, hieß es Anfang Mai aus dem Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (BMWSB).

Neue Wohngemeinnützigkeit: Drei Optionen

Am 14.6.2023 hat das federführende Bundesbauministerium Eckpunkte für die Einführung der neuen Wohngemeinnützigkeit vorgelegt. Das Kabinett muss sich noch damit befassen. Wann, ist offen. Das ebenfalls federführende Bundesministerium für Finanzen (BMF) hat das BMWSB-Eckpunkte-Papier nicht mitgezeichnet. Das stellt drei Umsetzungsoptionen vor:

  • Option 1: Eigenständige unternehmensbezogene NWG mit Zulagen. Dieses Konzept sieht vor, dass ein Wohnungsunternehmen als Ganzes in die NWG überführt oder als NWG-Unternehmen gegründet wird. Die finanziellen Nachteile der Unternehmen in der NWG, insbesondere als Auswirkung der preisgedämpften Vermietung, würden durch Steuerbefreiungen und eine Erleichterung bei der Grundsteuer sowie Zulagen (Neubau und Bestand) ausgeglichen.
  • Option 2: Lösung ohne Zulagen innerhalb der AO-Gemeinnützigkeit ("AO-Lösung"). Eine NWG ohne Zulagenkomponente ließe sich innerhalb des bestehenden Steuerrechts durch eine
  • Ausweitung der jetzt bereits steuerbegünstigten Zwecke gemäß § 52ff. Abgabenordnung (AO) durch einen speziellen "wohngemeinnützigen" Zweck umsetzen.
  • Option 3: Flexibler leistungsbezogener Ansatz für Unternehmen. Alternativ oder zusätzlich zu diesen Konzepten wäre es laut BMWSB denkbar, ein Modell anzubieten, bei dem die Bindung und Privilegierung auf einen bestimmten Unternehmensteil oder bestimmte Wohnungen beschränkt ist. Gefördert werden damit auch Wohnungen profitorientierter Unternehmen.

Eckpunkte aus dem BMWSB: Neue Wohngemeinnützigkeit (NWG)

Wohngemeinnützigkeit: Hintergrund

Die Gemeinnützigkeit für Wohnungsunternehmen gab es schon einmal – Anfang 1990 wurde das Gesetz aber abgeschafft. Die Grünen wollen die Idee seit Jahren wiederbeleben: Ihrem Entwurf für ein "Gesetz zur neuen Wohngemeinnützigkeit" und einem entsprechenden Antrag der Linken-Fraktion erteilte der Bauausschuss im "alten" Bundestag am 19.5.2021 eine Absage.

Das Konzept kam Mitte des 19. Jahrhunderts mit der Gründung von Baugesellschaften und -genossenschaften auf. Ihre Hochzeit erlebte die Idee in den 1920er- und in den 1950er- bis 1970er-Jahren. 1930 wurde mit der Gemeinnützigkeitsverordnung eine einheitliche Rechtsgrundlage geschaffen, ab 1940 galt das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz (WGG) – bis Ende 1989.

Im Ampel-Koalitionsvertrag wurde vereinbart, dass eine neue Wohngemeinnützigkeit (NWG)mit steuerlicher Förderung und Investitionszulagen wieder eingeführt werden soll. "Die NWG soll die Struktur der etablierten Wohnungswirtschaft ergänzen, ohne diese zu benachteiligen. Ziel ist, weitere Potenziale zur Schaffung und dauerhaften Sicherung von bezahlbarem Wohnraum
zu aktivieren", heißt es einer im Juli 2023 veröffentlichten Projektliste aus dem BMWSB.

DMB: Gutachten pro neue Wohngemeinnützigkeit

Der Deutsche Mieterbund (DMB) fordert die Wiedereinführung einer Wohngemeinnützigkeit – das heißt: Unternehmen werden steuerlich oder durch Investitionszulagen gefördert, wenn sie sich auf dauerhaft günstige Mieten verpflichten – seit Jahren. Der Verband hat in Zusammenarbeit mit Jan Kuhnert, Geschäftsführer KUB Kommunal- und Unternehmensberatung GmbH, ein Gutachten erarbeitet, das am 28.11.2022 in Berlin vorgestellt wurde. "Die neue Wohngemeinnützigkeit ist eine Antwort auf den dramatischen Mangel an preiswerten Wohnungen und dem ständigen Steigen der Mieten", sagte DMB-Präsident Lukas Siebenkotten.

DMB-Gutachten "Konzept für eine Neue Wohngemeinnützigkeit"

Wohnungswirtschaft lehnt Wohngemeinnützigkeit ab

Bei einer Anhörung im Bundestag im Oktober 2020 sagte Axel Gedaschko, Präsident des Spitzenverbandes der Wohnungswirtschaft GdW, dass ein starres staatliches System wie die Wohngemeinnützigkeit mit Preisfestlegungen, die mit dem tatsächlichen Preisgefüge nichts zu tun haben, nicht funktionieren könne.

Die aktuellen Ergebnisse der SPD-Fraktionsklausur bewertete der GdW als desaströs und für nahezu wirkungslos für die Zukunft des bezahlbaren Wohnens. "Die Mietrechtsvorschläge der SPD werden in der aktuellen Krise die ohnehin nur noch wenigen möglichen Bemühungen um bezahlbaren, zukunftsfähigen Wohnraum in Deutschland endgültig beerdigen", so Gedaschko.

Wenn den sozial orientierten Wohnungsunternehmen die einzige Einnahmequelle mehr oder weniger genommen werde, dann seien die – einzeln betrachtet vielen richtigen – Vorschläge der SPD für mehr Wohnungsbau reine Makulatur.

Stärkere Kappung bei Mieterhöhungen: Neues von der Ampel


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