Neues Materialkataster für nachhaltiges Bauen

Knapp 45 Prozent des weltweiten Ressourcenverbrauchs entfallen auf die Bauindustrie. Die ist außerdem einer der größten Verursacher von Treibhausgasen wie CO2 – bei der Herstellung und dem Transport von Baumaterialien, beim Bauen selbst und beim Heizen oder Kühlen der Gebäude. Dazu kommen enorme Mengen an Materialien, die beim Abriss als Bauabfall anfallen. In Deutschland waren das 2022 mehr als 200 Millionen Tonnen, mehr als die Hälfte des gesamten Abfallaufkommens.
Um das zu ändern, müssten mehr Baumaterial recycelt und Bauteile wiederverwendet werden. Das Leibniz-Institut für ökologische Raumentwicklung (IÖR) hat als Grundlage für das kreislauffähige Bauen das "Materialkataster Deutschland" veröffentlicht.
Zirkuläres Bauen: IÖR-Materialkataster liefert Daten
Mit dem "Materialkataster Deutschland" stellt das Institut eine zentrale Datenbasis – flächendeckend für jede deutsche Kommune – bereit. Die Berechnungen für 2022 zeigen: In den 51,6 Millionen Gebäuden stecken rund 20,8 Milliarden Tonnen Baustoffe. Mit einem Anteil von 46 Prozent ist Beton der dominierende Baustoff, gefolgt von Kalksandstein und Ziegeln mit jeweils knapp zehn Prozent. Der Anteil nachwachsender Baumaterialien wie Holz, Schilf oder Stroh beträgt nur etwa ein Prozent der Gesamtmasse.
Auch Aussagen zur Höhe der Treibhausgase, die bei der Herstellung der Baumaterialien entstehen, lassen sich treffen. Hochgerechnet auf den Gebäudebestand 2022 stecken etwa 2,86 Milliarden Tonnen CO2-Äquivalent in den verbauten Materialien – so viel wie Deutschland insgesamt in vier Jahren emittiert.
In Verbindung mit Informationen zum regionalen Abriss- und Neubaugeschehen in den Städten und Gemeinden lässt sich mit der Datenbasis abschätzen, welches Material beim Abriss für ein Recycling zur Verfügung steht und welcher Materialbedarf für den Neubau und die Sanierung damit gedeckt werden könnte. Auch die Mengen zu erwartender Bauabfälle lassen sich mithilfe des Materialkatasters ermitteln.
Materialkataster: Vom Gebäudetyp zur Baustoffart
Grundlage für den Aufbau des Materialkatasters sind 3D-Gebäudemodelle des gesamten deutschen Bauwerksbestandes, die das Bundesamt für Kartographie und Geodäsie (BKG) zur Verfügung stellt. Die Modelle werden mit Informationen und Daten angefüttert.
Die Gebäude werden typisiert. Den einzelnen Gebäudetypen können Materialkennzahlen zugeordnet werden; die sind ein Ergebnis von Forschungsarbeiten am IÖR. Je nach Gebäudetyp kommen mal mehr Beton wie bei Werkhalle oder Bürohochhaus oder mehr Ziegel und Holz wie bei Wohnhäusern zum Einsatz. Die typische Zusammensetzung von unterschiedlichen Gebäuden spiegeln die entwickelten Materialkennzahlen wider.
Die Materialkennzahlen sind über das "Informationssystem Gebaute Umwelt (ISBE)" des IÖR abrufbar – und bilden eine entscheidende Basis für die Aussagekraft des nationalen Materiakatasters.
Zum IÖR-Materialkataster Deutschland
Digitales Materialkataster von Madaster
In dem digitalen Materialkataster von Madaster, das sich an alle Unternehmen der Immobilienbranche richtet, die Interesse an der Kreislaufwirtschaft haben, werden Gebäudedaten während des gesamten Lebenszyklus zentral gespeichert und verwaltet. Seit Ende November 2021 ist die Online-Plattform in Deutschland offen.
Um die Datengrundlage zu verbessern, hat sich Madaster Ende 2022 mit der Environmental Protection Encouragement Agency (EPEA) zusammengetan, um die CO2-Emissionen und die Kreislauffähigkeit von Immobilien einfacher zu berechnen. Das Ziel: Eine Kreislaufwirtschaft im Immobiliensektor nach dem Cradle-to-Cradle-Prinzip.
Systematisch erfasst wird bei Madaster nicht nur, was verbaut wurde, sondern auch in welchen Mengen und wie viel davon bei Rück- oder Umbau wiederverwertbar ist. Dazu wird das BIM (Building Information Modeling)-Modell einer Immobilie auf die Plattform hochgeladen, maschinell ausgelesen und kann bei Bedarf um weitere Informationen ergänzt werden. Für die Identifizierung und Klassifizierung der Materialien werden alle Daten mit den Herstellerinformationen verglichen.
Nach dem Einpflegen der Gebäudedaten erstellt Madaster einen individuellen Material-Passport, der Auskunft über den finanziellen und zirkulären Wert, Toxizität, Herkunft sowie Qualität und Recyclingpotenzial der verwendeten Baustoffe gibt. Der Eigentümer kann die Daten mit Dritten teilen.
Madaster und EPEA: Hintergrund
Madaster kommt ursprünglich aus den Niederlanden. Im Januar 2021 startete in Deutschland die erste Phase für 33 Unternehmen, die aus unterschiedlichen Bereichen der Immobilienwirtschaft nominiert wurden.
Neben großen Wohnungskonzernen wie Vonovia beteiligten sich auch Beratungsunternehmen wie Drees & Sommer und Asset Manager wie Commerz Real an dem sogenannten "Kennedy-Programm". Am 30.11.2021 ging Madaster in Deutschland für alle online. EPEA entwickelt als Innovationspartner Lösungen für die Circular Economy.
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