
In unserer neuen Serie stellen wir regelmäßig ein Wohnungsunternehmen mit seinen Zukunftsvisionen vor. Diesmal: Das landeseigene Berliner Wohnungsunternehmen Degewo, das in einem Pilotprojekt den Spagat zwischen dem energetischen Sanieren eines Gebäuderiegels mit 64 Wohnungen und dem Garantieren sozialverträglicher Mieten gewagt hat. Es wird wohl beim Modell bleiben – erhellend sind die Erkenntnisse gleichwohl.
Hinter der unscheinbaren, weißen Fassade in der für das Viertel typischen Nachkriegsarchitektur im Berliner Süden versteckt sich ein Pilotprojekt in gleich mehreren Dimensionen: Die Wohnungsbaugesellschaft Degewo experimentiert hier nicht nur mit neuen Technologien für mehr Klimaschutz und Energiesparmaßnahmen. Das landeseigene Unternehmen probt auch den Spagat, ein Bestandsgebäude so umzurüsten, dass die Mieten sozialverträglich bleiben und arbeitet daran, die Bewohner bei solchen Infrastruktur-Umwälzungen mitzunehmen.
Das #Zukunftshaus soll modellhafte Lösungen nicht nur für die #Degewo liefern, sondern auch für andere #Wohnungsbauunternehmen, die innovative, klimafreundliche und soziale Aspekte gleichwertig behandeln müssen. #Berlin
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Die Degewo zählt mit 73.000 Wohnungen und mehr als 155.000 Quadratmetern vermieteter Gewerbeflächen bundesweit zu den "Schwergewichten". Mehr als 1.100 Mitarbeiter arbeiten für den Konzern. Tochterunternehmen von der Wohneigentumsverwaltung bis hin zu technischen Dienstleistungen sorgen für zusätzliche Einnahmen.
100 Prozent der Wärmeenergie werden selbst bereitgestellt
Die Idee zum "Zukunftshaus" entstand vor sechs Jahren bei einer Klausurtagung. Nach längerer Suche nach einem für das Unternehmen typische Objekt fiel die Wahl auf den Achtstöcker mit 64 Wohnungen im Stadtteil Lankwitz, einer bürgerlichen Wohngegend abseits der Szenekieze. Neben Größe, Lage und Mieterstruktur spielten dabei auch technische Rahmendaten eine Rolle – der Gebäude- und Wasserschutz musste beachtet werden, und vor dem Haus brauchte es Platz für einen Wärmespeicher auf 700 Quadratmetern Fläche.
Der Gebäuderiegel sollte so umgerüstet werden, dass er sich quasi selbst mit Energie versorgen kann – 100 Prozent der Wärmeenergie und fast die Hälfte der Stromversorgung werden selbst bereitgestellt. Dafür sorgen neben großflächigen Solarmodulen Strom- und eine geothermische Wärmespeicherung, entsprechende Pumpen, eine Deckenheizung und eine Lüftung mit Wärmerückgewinnung.
"Die Strom- und Wärmespeicherung ist wichtig, um schwankende Erträge zwischen Tag und Nacht sowie zwischen den Jahreszeiten auszugleichen." (Projektleiterin Martina Lindebaum)
Als Wärmespeicher kommt ein Tank vor dem Haus zum Einsatz – er speichert überschüssige Wärme im Erdreich. Die Energie kommt dann bei Bedarf als Heizung zurück ins Haus, im Sommer als Kühlung. Dabei ersetzen Flächenheizungen an der Decke gängige Heizkörper. Außen hat die Degewo die Dämmung erweitert, die bei einer früheren Sanierung angebracht worden war. Die Fenster sind dreifach verglast, die Gebäudehülle insgesamt auf Passivhaus-Standard gehoben.
Wissenschaftler werten Energiebilanz bis 2020 aus
Wissenschaftler einer Berliner Hochschule begleiteten den Umrüstungsprozess und werten die Erfahrungen sowie die Energiebilanz bis 2020 aus. Auf dieser Basis will das Unternehmen die Wärmeversorgung gegebenenfalls optimieren.
Zu den #Investitionskosten äußert sich die #Degewo nicht und erklärt nur, die übliche #KfW-#Förderung für eine #Sanierung zum #Effizienzhaus55 in Anspruch genommen zu haben sowie Mittel für die Baubegleitung.
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"Trotz intensiver Recherche haben wir keine weiteren Fördermöglichkeiten gefunden", erklärt die zuständige Degewo-Kundenzentrumsleiterin Elke Benkenstein. Auch wenn das Unternehmen die Betriebskosten für 2017 noch nicht abgerechnet habe, komme eine schwarze Null dabei heraus.
Mieten nach Sanierung um drei Euro pro Quadratmeter gestiegen
Der überwiegende Teil der Bewohner zog nach der Sanierung neu ein. Die Mieten sind nach Unternehmensangaben in Folge des Umbaus um durchschnittlich drei Euro pro Quadratmeter gestiegen, damit liegt die Nettokaltmiete bei 7,87 Euro pro Quadratmeter.
Dem gegenüber steht eine Einsparung von etwa 61 Cent pro Quadratmeter – theoretisch. Denn einigen der Mieter fällt es offenbar schwer, sich mit dem neuen System vertraut zu machen und auf das Lüften mit gekippten Fenstern zu verzichten. "Hier ist stete Aufklärung notwendig", so Benkenstein.
Auch solche Erfahrungen fließen neben denen mit Technik und Bauprozess in künftige Umbauprojekte ein, bei denen sich die Degewo jedoch eher auf Einzelmaßnahmen beschränken will: Das Lankwitzer Zukunftshaus soll ein Unikat bleiben.
Serie Wohnungsunternehmen:
Teil 1: Digitalisieren für den Mehrwert: Die Wohnungsgenossenschaft Neue Lübecker
Teil 2: Alles andere als konservativ: Die katholische Joseph-Stiftung
Teil 3: Nassauische Heimstätte/Wohnstadt: Geburtshelfer für Startups
Teil 5: Kommunale Wohnungsgesellschaft Erfurt: Innovation in Serie
Teil 6: Spar- und Bauverein Dortmund: Nachhaltigkeit als Fundament und Rahmen
Teil 7: Hilfswerk-Siedlung GmbH: Im Einklang mit der Schöpfung
Teil 8: Frohen Mutes fürs Gemeinwohl: Die Hamburger Baugenossenschaft dhu
Teil 9: Clever dämmen mit Hanf: die Darmstädter Bauverein AG
Teil 10: Baukulturelles Erbe: Die Stuttgarter SWSG
Teil 11: Wertorientiertes Personalmanagement: Die Bremer Gewoba