
Wickelt der Vermieter ein Mietverhältnis nach Scheidung und Auszug des alleinigen Mieters 27 Jahre lang allein mit der in der Wohnung verbliebenen (Ex-)Ehefrau des Mieters ab, hat er den Ehemann konkludent aus dem Mietverhältnis entlassen.
Hintergrund
Die Vermieterin einer Wohnung verlangt vom (ehemaligen) Mieter die Zahlung rückständiger Miete sowie Herausgabe der Wohnung. Der Mieter (im Folgenden: Ehemann) hatte die Wohnung zum 1.6.1982 angemietet und gemeinsam mit seiner Ehefrau bezogen. Im Jahr 1983 ließen sich die Eheleute scheiden und der Ehemann zog aus der Wohnung aus. Dies wurde der Vermieterin mitgeteilt. In den folgenden 27 Jahren wohnte die Ehefrau in der Wohnung und zahlte ununterbrochen die Miete. Die Betriebskosten rechnete die Vermieterin mit der Ehefrau ab. Eine Kündigung der Wohnung erklärte der Ehemann nie.
Im Jahr 2010 verstarb die Ehefrau und die Mietzahlungen blieben aus. Daraufhin kündigte die Vermieterin das Mietverhältnis gegenüber dem Ehemann und verlangt von diesem Zahlung der Rückstände sowie Räumung der Wohnung.
Entscheidung
Die Klage hat keinen Erfolg.
Die Vermieterin hat den Ehemann jedenfalls stillschweigend aus dem Mietverhältnis entlassen, indem sie ihn in Kenntnis der Umstände in den 27 Jahren nach dem Auszug unbehelligt ließ. Sie wäre verpflichtet gewesen, dem Ehemann ihr etwaiges Sicherungsinteresse und den damit verbundenen Fortbestand des Mietverhältnisses anzuzeigen. Dies hat sie zu keinem Zeitpunkt getan, sondern sich erst wieder nach dem Tod der Ehefrau an den Ehemann gewandt.
Zwar hat der Ehemann das Mietverhältnis nicht förmlich gekündigt. Das Sicherungsinteresse der Vermieterin, statt der Ehefrau, die faktisch die Miete gezahlt hat, einen weiteren Schuldner zu haben, währt nicht endlos, sondern erlischt regelmäßig nach Ablauf von 10 bis 20 Jahren, wenn in diesem Zeitraum keinerlei Kontakt zum eigentlichen Mieter besteht. Mit Rücksicht darauf ist davon auszugehen, dass die Vermieterin spätestens nach Ablauf von 20 Jahren stillschweigend ihr Einverständnis zu dem Ausscheiden aus dem Mietverhältnis gegenüber dem Ehemann erteilt hat.
Jedenfalls ist es nach 27 Jahren treuwidrig, wenn die Vermieterin nunmehr aufgrund einer möglicherweise formalen Rechtsposition von dem Ehemann die Räumung der Wohnung und den Ausgleich der Zahlungsrückstände verlangt.
(AG Bonn, Urteil v. 4.8.2011, 201 C 34/11)
Schlagworte zum Thema: Mietvertrag
- WEG kann unzulässige Gaststätte auch nach Jahren schließen lassen
- Hecke muss nicht auf Verdacht gekürzt werden
- Fortbildung von Verwaltern und Maklern: Bundesrat will Meldepflicht entschärfen
- Streitwert der Klage auf Veräußerungszustimmung
- DDIV-Stipendienprogramm für EBZ-Zertifikatslehrgänge gestartet
- Digital und hausgemacht: Softwaretools für die Immobilienverwaltung
- Reduzierte Kappungsgrenze für Berlin gilt weiter
- Jahresabrechnung bei Verwalterwechsel
- DDIV sucht Immobilienverwalter des Jahres 2018
- Auf dem Weg zum Technology Leader der Zukunft
- Teilungserklärung und Aufteilungsplan
- Zulässige und unzulässige Renovierungklauseln im Mietvertrag
- Aufgaben und Pflichten des Verwaltungsbeirats
- Indexmiete: Miethöhe an die Preisentwicklung koppeln
- Einberufung der Eigentümerversammlung
- Rechtsfolgen des Eigentümerwechsels
- Vermieterbescheinigung seit November 2015 wieder Pflicht
- DSGVO in der Immobilienbranche: Was Wohnungsunternehmen beachten müssen
- Verbilligte Vermietung an Angehörige: So wird die ortsübliche Miete berechnet
- Wertsicherungsklausel im Gewerbemietvertrag
Um einen Kommentar zu schreiben, melden Sie sich bitte an.
Jetzt anmelden