Zusammenfassung

 
Begriff

Die modernen Genossenschaften erstrecken sich auf eng umgrenzte und in ihrer Satzung festgelegte Ziele. So sind auf die Nutzungsverträge das Wohnraummietrecht anzuwenden. Jedoch gilt hier die Besonderheit, dass die Genossenschaft ihre Mitglieder gleich behandeln muss. Die Anforderungen an diesen Gleichheitsgrundsatz, an den Umgang mit Geschäftsanteilen der Mitglieder oder an die Kündigung bei Unterbelegung oder bei Ende der Mitgliedschaft sind in diesem Beitrag zusammengefasst.

1 Gleichbehandlungsgrundsatz

Die Nutzungsverträge der Wohnungsgenossenschaften sind Mietverträge, auf die Wohnraummietrecht Anwendung findet.[1] Es gilt die Besonderheit, dass die Genossenschaft ihre Mitglieder gleich behandeln muss.[2] Jedoch wird der Gleichbehandlungsgrundsatz nur verletzt, wenn die Genossenschaft gleiche Gegebenheiten unterschiedlich behandelt.

 
Praxis-Beispiel

Kein Verstoß gegen Gleichbehandlungsgrundsatz

Lässt eine Wohnungsgenossenschaft an einem Mehrfamilienhaus Modernisierungs- und Instandsetzungsarbeiten durchführen und hat ein Teil der Mieter wegen der damit verbundenen Beeinträchtigungen die Miete gemindert und ein anderer Teil hierauf verzichtet, so ist der genossenschaftsrechtliche Grundsatz der Gleichbehandlung der Mitglieder nicht verletzt, wenn die Genossenschaft die jeweiligen Mietergruppen hinsichtlich der Mieterhöhung unterschiedlich behandelt.[3]

Enthalten die Nutzungsverträge eine unwirksame Renovierungsklausel, kann die Genossenschaft die Miete gegenüber denjenigen Mitgliedern erhöhen, die den Abschluss einer wirksamen Nachtragsvereinbarung abgelehnt haben.[4]

[1] OLG Karlsruhe, RE 21.1.1985, WuM 1985 S. 77 = ZMR 1985 S. 122; LG Dresden, Urteil v. 14.10.1997, 15 S 316/97, WuM 1998 S. 216.
[2] BGH, Urteil v. 11.7.1960, II ZR 24/58, NJW 1960 S. 2142.
[4] AG Berlin-Schöneberg, Urteil v. 3.6.2009, 7a C 357/08, GE 2009 S. 1195 m. Anm. Börstinghaus, jurisPR-MietR 24/2009, Anm. 4.

2 Dauerschuldverhältnis

Nach den Grundsätzen des Genossenschaftsrechts hat das Mitglied der Genossenschaft als Mitträger des genossenschaftlichen Betriebs Anspruch auf ein Dauerschuldverhältnis mit quasi dinglichem Charakter; aufgrund dieses Dauernutzungsvertrags genießt das Mitglied einen weitergehenden Kündigungsschutz als der gewöhnliche Mieter.

2.1 Kündigung bei Beendigung der Mitgliedschaft

Nach der Rechtsprechung des BGH[1] kann eine Genossenschaftswohnung nach § 573 Abs. 1 BGB gekündigt werden, wenn 2 Voraussetzungen gegeben sind:

  1. Zum einen muss die Mitgliedschaft in der Genossenschaft durch freiwilligen Austritt oder durch Ausschluss nach § 68 GenG beendet sein.
  2. Zum anderen ist erforderlich, dass die Wohnung für die Versorgung eines anderen Mitglieds benötigt wird. Insoweit genügt es, wenn Wartelisten geführt werden.

Ebenso liegt ein Kündigungsgrund vor, wenn dem Rechtsnachfolger eines verstorbenen Mieters nach § 563 BGB die Mitgliedschaft vergeblich angeboten worden ist und der Genossenschaft durch die Vermietung an ein Nichtmitglied steuerliche oder sonstige Nachteile entstehen.

 
Hinweis

Umstände sind zu berücksichtigen

Es kommt letztlich auf die Umstände des Einzelfalls an.

2.2 Kündigung bei Unterbelegung

Nach dem Rechtsentscheid des OLG Stuttgart vom 11.6.1991[1] soll eine Wohnungsgenossenschaft ein berechtigtes Interesse an der Beendigung eines Mietverhältnisses haben, wenn eine erheblich unterbelegte Genossenschaftswohnung an eine größere Familie mit entsprechendem Wohnbedarf überlassen werden soll. Diese Ansicht ist zweifelhaft, weil der Nutzungsberechtigte einer Genossenschaftswohnung hinsichtlich des Bestandsschutzes jedenfalls nicht schlechter gestellt werden darf, als andere Mieter nach der gesetzlichen Regelung stehen. Wegen einer Unterbelegung kann einem Mieter aber nicht gekündigt werden, weil die Vorschrift des § 573 BGB keine Maßnahmen der Wohnraumbewirtschaftung rechtfertigt.

[1] WuM 1991 S. 379 = ZMR 1991 S. 297.

2.3 Kündigung bei Pflichtverletzungen des Mitglieds

In den Nutzungsverträgen der Wohnungsgenossenschaften findet sich regelmäßig folgende Klausel:

"Während des Fortbestehens der Mitgliedschaft wird die Genossenschaft von sich aus das Nutzungsverhältnis grundsätzlich nicht auflösen. Sie kann jedoch in besonderen Ausnahmefällen das Nutzungsverhältnis schriftlich unter Einhaltung der gesetzlichen Fristen kündigen, wenn wichtige berechtigte Interessen der Genossenschaft eine Beendigung des Nutzungsverhältnisses notwendig machen."

Hierzu vertritt der BGH[1] die Ansicht, dass sich die Klausel nur auf die ordentliche Kündigung bezieht. Diese soll nur im Ausnahmefall möglich sein. Die gesetzlichen Vorschriften über die außerordentliche fristlose Kündigung werden durch die Vertragsregelung dagegen nicht ausgeschlossen oder beschränkt.

Ein Auflösungsgrund kann insbesondere im Fall eines der Genossenschaft schädlichen Verhaltens des Mitglieds gegeben sein. Nach § 68 Abs. 1 Satz 1 GenG müssen die Ausschlussgründe in der Satzung bestimmt sein. Außerdem ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Ausschließung i. d. R. mit wesentlichen Nachteilen für das Mitglied ver...

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