Nach der Bestimmung des § 57a ZVG ist der Ersteher berechtigt, das Mietverhältnis unter Einhaltung der Kündigungsfrist zu kündigen. Maßgeblich ist hier stets die knapp 3-monatige Grundkündigungsfrist des § 573c Abs. 1 Satz 1 BGB, unabhängig davon, wie lange das Mietverhältnis bestanden hatte. Allerdings ist diese privilegierte Kündigung nur zum ersten Termin möglich. Hierbei handelt es sich in aller Regel um den 3. Werktag des auf den Zuschlag folgenden Monats.

 
Praxis-Beispiel

Fristberechnung

Der Bieter erhält den Zuschlag am 15.6.2023. Will er von seinem Sonderkündigungsrecht Gebrauch machen, muss dem Mieter die Kündigung am 3. Werktag des Monats Juli 2023 zugegangen sein, also am 4.7.2023.

Freilich ist aber zu berücksichtigen, dass dem Ersteher auch ein gewisser Zeitraum zuzubilligen ist, die Sach- und Rechtslage zu überprüfen und sich über Umstände zu informieren, die für oder gegen ein Verbleiben des Mieters sprechen.[1] Je näher der Zuschlagstermin und der erste Kündigungstermin beieinanderliegen, kann die Kündigung auch noch zum nächsten Termin möglich sein.

 

Wochenfrist aber wohl ausreichend

Nach Auffassung des OLG Oldenburg soll aber eine Überlegungs-/Prüffrist von einer Woche ausreichend sein.[2]

Der Ersteher in der Zwangsversteigerung kann aber auch nur dann das Sonderkündigungsrecht ausüben, wenn er ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses hat, also entweder Eigenbedarf geltend machen kann oder das Objekt angemessen wirtschaftlich verwerten möchte. Eine Kündigung wegen Pflichtverletzungen des Mieters dürfte hier nur im Ausnahmefall einmal eine Rolle spielen. Entsteht das berechtigte Interesse des Erstehers erst nach Ablauf der ersten Kündigungsmöglichkeit, kann er selbstverständlich das Mietverhältnis kündigen. Er hat dann aber abhängig von der bisherigen Dauer des Mietverhältnisses die verlängerten Kündigungsfristen des § 573c Abs. 1 Satz 2 BGB zu beachten.

 

Musterschreiben: Ordentliche Kündigung des Mietverhältnisses durch den Ersteher in der Zwangsversteigerung

Herrn/Frau/Firma

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Mietverhältnis Bahnhofplatz 10, 2. Obergeschoss in 82139 Starnberg

Hier: Kündigung nach Erstehen in der Zwangsversteigerung gemäß § 57a ZVG

Sehr geehrte(r) Frau/Herr _________,

leider sehe ich mich gezwungen, das von Ihnen mit dem Voreigentümer der Wohnung begründete Mietverhältnis über die Wohnung in der Liegenschaft "Bahnhofplatz 10, 2. Obergeschoss, in 82139 Starnberg", bestehend aus 3 Zimmern, Küche, Bad, WC und Balkon nebst zugehörigem Kellerraum Nr. 5,

 
 

ordentlich zum 30. November 2023 unter Beachtung der

Kündigungsfrist des § 573c Abs. 1 BGB zu kündigen.
 

Ich habe die Wohnung in der Zwangsversteigerung erstanden. In der Anlage füge ich insoweit zu Ihrer Information den Zuschlagbeschluss des Amtsgerichts Starnberg vom 10. Juli 2023 bei. Als neuer Eigentümer der Wohnung bin ich nach der Bestimmung des § 57 ZVG anstelle ihres früheren Vermieters in den Mietvertrag eingetreten. Die weitere Bestimmung des § 57a ZVG berechtigt mich zur Kündigung des Mietverhältnisses. Voraussetzung ist allerdings, dass ich ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses gemäß § 573 Abs. 1 BGB habe. Nach der weiteren Bestimmung des § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB ist ein berechtigtes Interesse an der Beendigung eines Mietverhältnisses dann gegeben, wenn der Vermieter den Wohnraum für sich selbst, seine Familienangehörigen oder seine Haushaltsangehörigen benötigt. Vor diesem Hintergrund lege ich Ihnen die Gründe für meine Kündigung wie folgt dar:

Meine langjährige Lebensgefährtin und ich wohnen derzeit noch getrennt jeweils in 2-Zimmerwohnungen, die wir angemietet haben. Da unsere gemeinsame Tochter im Juni dieses Jahres geboren wurde, wollen wir zusammenziehen und gemeinsam als Familie leben. Die von Ihnen angemietete Wohnung ist sowohl von der Größe als auch der Ausstattung her bestens geeignet für ein Familienheim. Die alternative Anmietung einer entsprechenden Wohnung ist uns nicht zumutbar, weil wir monatliche Zins- und Tilgungsleistungen an das kreditierende Bankinstitut in einer Höhe von 1.000 EUR erbringen müssen und die Grundmiete für Ihre Wohnung lediglich 900 EUR monatlich beträgt. Im Hinblick auf die Geburt unserer Tochter müssen wir auch weiter Gehaltseinbußen hinnehmen, weil meine Lebensgefährtin zunächst Elternzeit in Anspruch nimmt und sodann nur noch halbtags arbeiten wird. Vor diesem Hintergrund hoffe ich auf Ihr Verständnis im Hinblick auf die Beendigung des Mietverhältnisses.

Nach der gesetzlichen Regelung in § 574 BGB haben Sie die Möglichkeit des Widerspruchs gegen diese Kündigung, auf die ich Sie hiermit gemäß § 568 Abs. 2 BGB hinweise. Sollten Sie von der Möglichkeit des Widerspruchs Gebrauch machen wollen, weise ich Sie darauf hin, dass der Widerspruch spätestens 2 Monate vor Beendigung des Mietverhältnisses mir gegenüber zu erklären ist. Der Widerspruch selbst bedarf der Schriftform. Für den Fall des Widerspruchs bitte ich Sie gemäß de...

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