1 Leitsatz

Bei einer Aufteilung durch Teilungsvertrag gem. § 3 WEG a. F. kann derjenige, der sein Wohnungseigentumsrecht von einem der teilenden Eigentümer erwirbt, als werdender Wohnungseigentümer anzusehen sein; das kommt jedenfalls dann in Betracht, wenn aus objektivierter Erwerbersicht eine strukturelle Vergleichbarkeit mit einer einseitigen Aufteilung gem. § 8 WEG a. F. durch einen Bauträger gegeben ist, weil das Gebäude seitens der teilenden Eigentümer errichtet oder grundlegend saniert und zumindest ein Teil der Wohnungseigentumsrechte im Zuge der Aufteilung veräußert werden soll.

2 Normenkette

§§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 3 WEG

3 Das Problem

K, eine GmbH, und ihre Schwestergesellschaft S mit demselben Geschäftsführer erwerben im Jahr 2013 gemeinsam ein Grundstück. K soll insgesamt 43 Wohneinheiten, 52 Tiefgaragenplätze, 2 Kellerräume sowie eine Gewerbeeinheit errichten. Im Jahr 2015 wird das Grundstück gem. § 3 WEG a. F. aufgeteilt, wobei S die Gewerbeeinheit und K die übrigen Einheiten zum Eigentum erhält. Nach Vollzug der Aufteilung im Grundbuch errichtet K das Gebäude und veräußert sämtliche Einheiten. S bleibt Eigentümerin der Gewerbeeinheit. Im Jahr 2018 findet eine Versammlung statt. Zu diesem Zeitpunkt sind bereits einzelne Erwerber als Eigentümer in das Grundbuch eingetragen, und die Übereignungsansprüche der übrigen sind durch Vormerkungen gesichert. Zu der Versammlung eingeladen sind sämtliche Erwerber, K und S. Unter Mitwirkung der Erwerber werden 7 Beschlüsse gefasst. K ist der Ansicht, den noch nicht in das Grundbuch eingetragenen Erwerbern habe kein Stimmrecht zugestanden. Das LG sieht das anders und meint daher, K sei nicht einmal befugt, anzufechten.

4 Die Entscheidung

Der BGH sieht das auch so! Die Erwerber seien als werdende Wohnungseigentümer anzusehen. Bei einer Aufteilung durch Teilungsvertrag gem. § 3 WEG a. F. könne derjenige, der sein Wohnungseigentum von einem der teilenden Eigentümer erwerbe, als werdender Wohnungseigentümer anzusehen sein. Das komme jedenfalls dann in Betracht, wenn aus objektivierter Erwerbersicht eine strukturelle Vergleichbarkeit mit einer einseitigen Aufteilung gem. § 8 WEG a. F. durch einen Bauträger gegeben sei, weil das Gebäude seitens der teilenden Eigentümer errichtet oder grundlegend saniert und zumindest ein Teil der Wohnungseigentumsrechte im Zuge der Aufteilung veräußert werden soll. Zwar könnten bilaterale Vereinbarungen den Erwerberschutz gewährleisten. Die Anfangsphase einer Wohnungseigentümergemeinschaft unterscheide sich aber von einer vollständig und rechtlich in Vollzug gesetzten Gemeinschaft strukturell. Insbesondere wegen der Geltendmachung von Mängelrechten bestünden typischerweise gegenläufige Interessen des teilenden Eigentümers einerseits und einer Mehrzahl von Erwerbern andererseits. Angesichts dieser "Lagerbildung" wiesen von dem Veräußerer abgeleitete Rechte entscheidende Schutzlücken auf.

Hinweis

  1. Wohnungs- oder Teileigentümer ist, wer zu Recht im Wohnungs- oder Teileigentumsgrundbuch eingetragen ist; dies kann auch die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer – selbst in einer anderen Wohnungseigentumsanlage – sein. Wohnungseigentümer ist ferner, wer durch Erbfall oder durch Zuschlag in der Zwangsversteigerung Wohnungseigentum erwirbt. Steht ein Wohnungs- und/oder Teileigentum Mehreren zu, ist nach h. M. jeder im Sinne des Gesetzes Wohnungseigentümer.
  2. Wer einen Anspruch auf Übertragung von Wohnungseigentum gegen den teilenden Eigentümer hat, der durch Vormerkung im Grundbuch gesichert ist, gilt gegenüber der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und den anderen Wohnungseigentümern anstelle des teilenden Eigentümers als Wohnungseigentümer, sobald ihm der Besitz an den zum Sondereigentum gehörenden Räumen übergeben wurde (§ 8 Abs. 3 WEG).
  3. Bei einem Teilungsvertrag liegt es grundsätzlich anders. Denn dort geben mehrere Personen gegenüber dem Grundbuchamt eine Erklärung ab. Ist die Erklärung wirksam, werden die Grundbuchblätter in der Regel zeitgleich angelegt. Die Aufteiler werden damit zeitgleich Wohnungseigentümer. Einen Zeitraum, in dem ein Besteller/Erwerber zu schützen wäre, ist eigentlich nicht vorstellbar. Im Einzelfall liegt es aber anders. Etwa im Fall lässt sich nur schwer erklären, warum die von der K Erwerbenden weniger schutzbedürftig wären. Die Entscheidung ist allerdings zum alten Recht ergangen! Ob sie für das neue Recht Bedeutung hat, und ob also § 8 Abs. 3 WEG entsprechend angewandt werden kann, ist noch offen. Es käme darauf an, in vergleichbaren Fällen § 8 Abs. 3 WEG entsprechend anwenden. Dies wäre möglich, wenn es entgegen der Gesetzgebung bei § 3 WEG ein "Demokratisierungsinteresse" gäbe und die Voraussetzungen einer Analogie vorlägen (verneinend Lehmann-Richter/Wobst, WEG-Reform 2020, Rn. 293; bejahend Reif, ZWE 2021, S. 35, 36).

5 Entscheidung

BGH, Urteil v. 26.2.2021, V ZR 33/20

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