In all den Fällen, in denen die erforderliche Rechtsmittelbeschwer nicht erreicht ist und insoweit bereits keine Berufung möglich ist, weil die Beschwer den erforderlichen Wert von 600 EUR nicht übersteigt und auch das Amtsgericht die Berufung nicht zugelassen hat, kommt eine Verfassungsbeschwerde in Betracht. Entsprechendes gilt dann, wenn die für die Nichtzulassungsbeschwerde vor dem BGH erforderliche Beschwer von über 20.000 EUR nicht gegeben ist und auch das Berufungsgericht die Revision nicht zugelassen hat.

 
Praxis-Beispiel

Das beschmierte Garagentor

Ein Wohnungseigentümer verklagt seinen benachbarten Wohnungseigentümer, weil dieser sein Garagentor beschmiert habe. Er macht dabei die Kosten für das Entfernen der Schmierereien in Höhe von 400 EUR geltend. Obwohl der verklagte Eigentümer darauf hinweist, dass der klagende Wohnungseigentümer gar nicht aktiv legitimiert ist, weil das Garagentor im Gemeinschaftseigentum stehe, auch wenn die Garage selbst in dessen Sondereigentum steht, und der Rechtsstreit außerdem nicht vor der allgemeinen Zivilabteilung des Amtsgerichts, sondern von der Abteilung für Wohnungseigentumssachen zu verhandeln ist, verurteilt ihn das Amtsgericht antragsgemäß.

Die Entscheidung ist grob falsch, da ausschließlich die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer klagebefugt gewesen wäre. Des Weiteren liegt ein Verfassungsverstoß vor, weil nicht vor dem Wohnungseigentumsgericht verhandelt wurde. Da die Berufung nicht statthaft ist und vom Gericht nicht zugelassen wurde, steht dem Wohnungseigentümer die Verfassungsbeschwerde zur Verfügung.[1]

Auch künftig folgt aus dem Grundsatz der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde, dass der Beschwerdeführer nach § 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG i. V. m. Art. 94 Abs. 2 Satz 2 GG vor Erhebung einer Verfassungsbeschwerde alle zur Verfügung stehenden und zumutbaren prozessualen Möglichkeiten ergreifen muss, um eine Korrektur der geltend gemachten Verfassungsverletzung zu erwirken oder eine Grundrechtsverletzung zu verhindern. Der Beschwerdeführer muss daher alle ihm möglichen Rechtsbehelfe unterhalb der Verfassungsbeschwerde ausgeschöpft haben. Denn grundsätzlich ist es zunächst Aufgabe der ordentlichen Gerichte und Fachgerichte, Rechtsschutz zu gewähren.

Vor Anrufung des Bundesverfassungsgerichts ist daher zwingend eine Gehörsrüge nach § 321a ZPO zu erheben. Auf die Rüge des entsprechend durch die Entscheidung beschwerten Wohnungseigentümers ist das Verfahren fortzuführen, wenn

  • ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist und
  • das Gericht den Anspruch dieser Partei auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat.

Die Rüge ist innerhalb einer Notfrist von 2 Wochen nach Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs zu erheben.

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