Neu: Verbandsprozess

Anfechtungsklagen, Klagen auf Feststellung der Nichtigkeit von Beschlüssen sowie Beschlussersetzungsklagen sind gemäß § 44 Abs. 2 Satz 1 WEG n. F. gegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und nicht mehr gegen die übrigen Wohnungseigentümer zu richten.

Mit dem Umstand, dass nach bislang geltendem Recht Anfechtungsklagen gegen die übrigen Wohnungseigentümer zu richten sind, sind praktische Probleme verbunden. Viele Stimmen in der juristischen Literatur hatten sich deshalb schon lange dafür ausgesprochen, auch das Beschlussanfechtungsverfahren zum Verbandsprozess zu machen. Dieser Forderung kommt der Gesetzgeber nun mit § 44 Abs. 2 WEG n. F. nach. In Zukunft sind Anfechtungsklagen, Klagen auf Feststellung der Nichtigkeit von Beschlüssen sowie Beschlussersetzungsklagen gegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zu richten. Da diese Klagen nicht mehr gegen die übrigen Wohnungseigentümer zu erheben sind, können die für diese Verfahren nach alter Rechtslage geltenden weiteren Bestimmungen der §§ 44 bis 48 WEG a. F. entfallen. Dort enthaltene Regelungen, die auch weiterhin noch von Bedeutung sein werden, regelt ebenfalls § 44 WEG n. F.

Die Vorteile des Verbandsprozesses sprechen für sich. Auch der Verwalter muss sich keine Gedanken mehr darüber machen, wie er die Finanzierung des die übrigen Wohnungseigentümer vertretenden Rechtsanwalts organisiert.

Hier hatte zwar der BGH das Finanzierungsinstrumentarium in willkommener Weise erweitert:

  • So können dann, wenn Anfechtungsklagen allgemein zu erwarten sind, entsprechend entstehende Kosten bereits im Wirtschaftsplan berücksichtigt werden.[1]
  • Außerdem können die Wohnungseigentümer den Verwalter beschlussweise ermächtigen, im Fall von Anfechtungsklagen auf gemeinschaftliche Mittel zuzugreifen.[2]

Allerdings bedarf es dieser Instrumentarien nicht mehr, wenn es sich beim Anfechtungsverfahren ohnehin um einen Verbandsprozess handelt. Ist die Wohnungseigentümergemeinschaft Beklagte, steht für die Finanzierung der Kosten der Verteidigung gegen die Anfechtungsklage das gemeinschaftliche Vermögen zur Verfügung. Freilich kann insoweit aber auch weiterhin die entsprechende Kalkulation im Wirtschaftsplan erfolgen. In erster Linie dürfte aber auch an eine neue Rücklage für Prozesskosten gemäß §§ 19 Abs. 1, 28 Abs. 1 WEG n. F., eine "Beschlussklagenrücklage", zu denken sein.[3]

Falschbezeichnung: Klage gegen "die übrigen Wohnungseigentümer"

Die Unzulässigkeit einer Beschlussklage kann (zumindest für eine gewisse "Übergangsfrist" nach Inkrafttreten des WEMoG) vereinzelt dann im Raum stehen, wenn diese künftig nicht gegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer gerichtet wird, sondern nach dem Vorbild des § 46 Abs. 1 Satz 1 WEG a. F. noch gegen "die übrigen Wohnungseigentümer". Ob in diesem Fall die Rechtsprechung des BGH[4] reziprok auf den Fall anwendbar sein wird, dass die in § 45 Satz 1 WEG n. F. geregelte Klagefrist auch durch eine innerhalb dieser Frist gegen die übrigen Wohnungseigentümer erhobene Klage gewahrt wird und der Übergang zu einer Klage gegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer vor Schluss der mündlichen Verhandlung erfolgt, bleibt abzuwarten.

Zu berücksichtigen ist jedenfalls, dass der Verwalter kein Zustellungsvertreter der Wohnungseigentümer mehr sein wird. Das WEMoG erlegt ihm keinerlei Rechte und Pflichten gegenüber den Wohnungseigentümern auf. Nach wie vor handelt es sich bei den Fristen zur Erhebung und Begründung einer Anfechtungsklage gemäß § 45 Satz 1 WEG n. F. um materiell-rechtliche Ausschlussfristen.[5] Benennt der Kläger den Verwalter als Vertreter bzw. Zustellungsvertreter der übrigen Wohnungseigentümer, bleibt jedenfalls abzuwarten, ob sich die Rechtsprechung derart positionieren wird, dass zumindest tatsächlich an den Vertreter der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zugestellt und lediglich der Adressat falsch bezeichnet wurde. Dies wird auch der Fall sein. Ist jedenfalls nach dem für die Auslegung der Parteibezeichnung übrigen Inhalt der Klageschrift unzweifelhaft, dass die Klage gegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer gerichtet werden sollte und die Benennung der übrigen Wohnungseigentümer eine versehentliche Falschbezeichnung war, genügt nach ständiger Rechtsprechung des BGH[6] eine Rubrumsberichtigung nach § 319 Abs. 1 ZPO. Ist dies nicht unzweifelhaft der Fall und erfolgt dann Parteiwechsel spätestens bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung, dürften dem Kläger wohl keine Nachteile drohen.

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