Wie ausgeführt, obliegt die gesamte Verwaltung des Gemeinschaftseigentums künftig der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer. Das WEMoG stärkt die Stellung der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer auch insoweit, als es mit Blick auf die Ausübungsbefugnis der Rechte der Wohnungseigentümer nicht mehr nach sog. "geborenen" und "gekorenen" Ansprüchen trennt – letztere werden gar nicht mehr existieren.[1] Vielmehr werden diese künftig überwiegend als Teil der "geborenen" Anspruchskompetenzen der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer übertragen sein, was daraus folgt, dass die Verwaltung des Gemeinschaftseigentums der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer obliegen wird.

 

Neu: Verlust des Individualanspruchs bei Verwaltungsmaßnahmen, die das Gemeinschaftseigentum betreffen

Einzelne Wohnungseigentümer werden gegen andere Wohnungseigentümer und den Verwalter bezüglich der Verwaltungsmaßnahmen, die das Gemeinschaftseigentum betreffen, keine Individualansprüche mehr haben, die sie nach derzeit geltender Rechtslage noch ohne Beteiligung der übrigen Wohnungseigentümer bzw. der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer geltend machen können.

Folgende Individualansprüche sind hiervon betroffen:

 
Anspruchsinhalt Anspruchsgegner
Anspruch auf ordnungsmäßige Verwaltung übrige Wohnungseigentümer
Anspruch auf Beschlussdurchführung Verwalter
Anspruch auf Beseitigung einer baulichen Veränderung Wohnungseigentümer, der bauliche Veränderung durchgeführt hat
Anspruch auf Unterlassen einer zweckbestimmungswidrigen Nutzung Wohnungseigentümer, der zweckbestimmungswidrig nutzt
Einberufung einer Wohnungseigentümerversammlung Verwalter
Erstellen von Jahresabrechnung und Wirtschaftsplan Verwalter
Einsicht in die Verwaltungsunterlagen Verwalter
Erteilung der Veräußerungszustimmung Verwalter, wenn er als Zustimmungsberechtigter fungiert

Freilich verliert der einzelne Wohnungseigentümer vorgenannte Ansprüche nicht. Diese sind jedoch unter Geltung des WEMoG stets gegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer geltend zu machen.

3.2.1 Beseitigungsanspruch bei baulicher Veränderung

 
Praxis-Beispiel

Beseitigung einer baulichen Veränderung

Hat ein Wohnungseigentümer eine ungenehmigte bauliche Veränderung durchgeführt, kann nach derzeit noch geltender Rechtslage ein jeder Wohnungseigentümer den Beseitigungsanspruch unmittelbar allein gegen den Wohnungseigentümer geltend machen, der die bauliche Veränderung vorgenommen hat. Zwar kann die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer diesen Individualanspruch durch entsprechende Beschlussfassung nach § 10 Abs. 6 Satz 3 HS 2 WEG a. F. an sich ziehen und als Prozessstandschafterin ausüben. Dies ändert aber nichts daran, dass jeder Wohnungseigentümer zunächst einmal selbst ermächtigt ist, diesen Anspruch alleine geltend zu machen.

Künftig wird die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer alleinige Anspruchsinhaberin sein. Konkret bedarf es also nicht mehr eines entsprechenden Vergemeinschaftungsbeschlusses. Einer Beschlussfassung der Wohnungseigentümer bedarf es lediglich insoweit, den Rückbauanspruch durchzusetzen. Möchte sich also ein einzelner Wohnungseigentümer gegen eine ungenehmigte bauliche Veränderung zur Wehr setzen, muss er einen entsprechenden Beschlussantrag initiieren. Würde der Antrag von den übrigen Wohnungseigentümern mehrheitlich abgelehnt, müsste der Wohnungseigentümer zunächst eine Beschlussersetzungsklage erheben und sodann eine Beschlussausführungsklage anschließen. Diese Klage muss er gegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer erheben und somit indirekt gegen sich selbst.

Alte Rechtslage

Nach derzeit noch geltender Rechtslage ist die Aktivlegitimation des einzelnen Wohnungseigentümers beispielsweise dann gegeben, wenn ein anderer Wohnungseigentümer im Bereich seines Balkons eine Parabolantenne errichtet oder im Bereich des Gemeinschaftseigentums Pflanztröge aufstellt. Auf Beseitigung dieser Gegenstände kann der einzelne Wohnungseigentümer den anderen in Anspruch nehmen. Hat der Wohnungseigentümer mehrere Dübellöcher in der gemeinschaftlichen Fassade zur Befestigung der Parabolantenne gebohrt, kann der einzelne Wohnungseigentümer auch die Herstellung des ursprünglichen Zustands, also eine Fassadenreparatur begehren. Dieser Anspruch steht nicht allein der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer als "geborene" Ausübungskompetenz zu, nur weil es sich insoweit um einen Schadensersatzanspruch handelt. Der Anspruch auf Beseitigung einer baulichen Veränderung umfasst vom Grundsatz her nämlich auch die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands.

Zwar besteht insoweit Anspruchskonkurrenz zwischen dem einzelnen Wohnungseigentümer und der Eigentümergemeinschaft, die durch Beschlussfassung den dem Wohnungseigentümer zustehenden Individualanspruch nach § 10 Abs. 6 Satz 3 HS 2 WEG a. F. an sich ziehen kann. So aber die Gemeinschaft den Individualanspruch des einzelnen Wohnungseigentümers nicht an sich zieht, verbleibt es bei der Aktivlegitimation des Wohnungseigentümers.[1]

Zieht die Eigentümergemeinschaft den dem einzelnen Wohnungseigentümer zustehenden I...

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