Nach derzeit noch geltendem § 10 Abs. 6 Satz 3 WEG a. F. übt die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer die gemeinschaftsbezogenen Rechte der Wohnungseigentümer aus und nimmt die gemeinschaftsbezogenen Pflichten der Wohnungseigentümer wahr, ebenso sonstige Rechte und Pflichten der Wohnungseigentümer, soweit diese gemeinschaftlich geltend gemacht werden können oder zu erfüllen sind. Das Gesetz differenziert also zwischen den sog. "geborenen" Rechten der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und der sog. "gekorenen" Ausübungsbefugnis der Gemeinschaft aufgrund entsprechender Beschlussfassung der Wohnungseigentümer.

Nach § 9a Abs. 2 WEG n. F. übt die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer die sich aus dem gemeinschaftlichen Eigentum ergebenden Rechte sowie solche Pflichten aus, die eine einheitliche Rechtsverfolgung erfordern und nimmt die entsprechenden Pflichten der Wohnungseigentümer wahr. Die Differenzierung nach "geborener" und "gekorener" Ausübungsbefugnis kennt das WEMoG also nicht mehr.

 
Praxis-Beispiel

Abgrenzungsbeispiel Rauchwarnmelder

Bekanntlich besteht nach den jeweiligen Landesbauordnungen eine Pflicht zur Ausstattung von Wohnungen mit Rauchwarnmeldern.[1] Insoweit ist zu unterscheiden, ob Wohnungseigentumsanlagen nur aus Wohnungseigentumseinheiten bestehen oder ob daneben auch Teileigentumseinheiten vorhanden sind, für die keine Pflicht zur Ausstattung mit Rauchwarnmeldern besteht. Im 1. Fall handelt es sich um eine originäre, sog. "geborene" Verpflichtung der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer nach § 10 Abs. 6 Satz 3 HS 1 WEG a. F., da die Pflicht zur Ausstattung mit Rauchwarnmeldern gleichgerichtet sämtliche Wohnungseigentümer trifft. Die Einbauverpflichtung obliegt also der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und die Wohnungseigentümer müssen das "Ob" nicht durch Beschluss auf die Eigentümergemeinschaft übertragen. Geregelt werden kann nur das "Wie", also welche Rauchwarnmelder verbaut werden sollen und ob diese gekauft oder angemietet werden.

Hieran wird sich auch durch das WEMoG nichts ändern. Es handelt sich um eine gleichgerichtete, alle Wohnungseigentümer gleichermaßen treffende Pflicht.

Sind neben Wohnungseigentumseinheiten auch Teileigentumseinheiten vorhanden, handelt es sich nicht mehr um eine originäre Verpflichtung der Gemeinschaft, da nicht gleichgerichtet alle Sondereigentümer verpflichtet sind. Allerdings können die Wohnungseigentümer nach bislang noch geltender Rechtslage die ihnen obliegende Pflicht zum Einbau der Rauchwarnmelder durch entsprechenden Mehrheitsbeschluss als sog. "gekorene" Ausübungsbefugnis gemäß § 10 Abs. 6 Satz 3 HS 2 WEG a. F. auf die Wohnungseigentümergemeinschaft übertragen.[2]

Problem: Gesetzliche Handlungspflichten, die nicht alle gleichgerichtet treffen

Ob die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer nach künftiger Rechtslage noch die Möglichkeit haben wird, eine Verpflichtung der Wohnungseigentümer (wie z. B. zum Einbau von Rauchwarnmeldern) zu übernehmen, wenn es sich im Fall des Vorhandenseins von Teileigentumseinheiten nicht mehr um eine gleichgerichtete Verpflichtung handelt, die sämtliche Wohnungseigentümer trifft, beantwortet das Gesetz nicht. Der Entwurfsbegründung ist insoweit zu entnehmen, dass "dem Rechtsanwender weiterhin die Möglichkeit" bleibe, "der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer aufgrund einer Abwägungsentscheidung ein Recht zur Ausübung zuzuordnen, um in besonders gelagerten Ausnahmefällen sachgerechte Ergebnisse zu erzielen."[3]

Insbesondere bei Vorliegen öffentlich-rechtlich angeordneter Schutzmaßnahmen – vermögen sie auch nur eine Gruppe von Wohnungseigentümern betreffen –, wie dies z. B. bei Rauchwarnmeldern in Wohnungseigentumseinheiten der Fall ist, oder aber auch bei besonderen Gefahrverhütungsvorschriften, wie dies insbesondere bei Brandschutzbestimmungen z. B. für Garagen der Fall ist, ist stets zu berücksichtigen, dass die Befolgung solcher Vorschriften nicht nur dem Schutz der Allgemeinheit, sondern gerade auch dem Schutz der Wohnungseigentümer dient. Es kann auch nicht vom Zufall abhängen, eine Ausübungsbefugnis der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer daran zu knüpfen, ob öffentlich-rechtliche Vorschriften nur einen bestimmten Kreis von Sondereigentümern treffen. Es muss stets sichergestellt sein, dass die Pflichten auch tatsächlich erfüllt werden. In derartigen Fällen dürfte eine entsprechende "Abwägungsentscheidung" tatsächlich zugunsten der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ausfallen, um "sachgerechte Ergebnisse ... erzielen" zu können. Hier bleibt die Rechtsprechung der nächsten Jahre abzuwarten.

Ggf. besteht für derartige Fälle auch die Möglichkeit der Beschlussfassung auf Grundlage von § 19 Abs. 1 WEG n. F. Hier besteht zwar eine Beschlusskompetenz nur hinsichtlich von Regelungen, die auf die "Benutzung" des Sondereigentums abzielen. Allerdings könnte in diesem Fall an eine entsprechende Anwendung der Norm gedacht werden. Soweit Gemeinschaftseigentum betroffen wäre, ergäbe sich die Beschlusskompetenz unmittelbar aus § 19 Abs. 1 WEG n. F.

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