Das WEMoG wird im Hinblick auf bestehende Vereinbarungen der Wohnungseigentümer, insbesondere solche in Teilungserklärungen/Gemeinschaftsordnungen, vielfach zu Widersprüchen zwischen Gesetz und Vereinbarung führen. Zu differenzieren sind insoweit 2 Ausgangssituationen:

  1. Besteht die Vereinbarung aus der schlichten Wiederholung des Gesetzeswortlauts oder
  2. handelt es sich um eine vom Gesetz abweichende Vereinbarung?

Wiederholung des Gesetzeswortlauts

In der Vergangenheit haben die Verfasser von Gemeinschaftsordnungen[1] den bestehenden Gesetzestext häufig – mehr oder weniger unreflektiert – abgeschrieben bzw. übernommen. Der Gesetzgeber unterstellt hier großzügig, dass man den ergänzenden Blick in das Gesetz zu vermeiden geholfen habe, indem man es abgeschrieben hat.[2] Jedenfalls finden sich in vielen Gemeinschaftsordnungen Regelungen, die nahezu identisch die Vorschriften des noch geltenden Wohnungseigentumsgesetzes widergeben.

 
Praxis-Beispiel

Beschlussfähigkeit der Wohnungseigentümerversammlung

 
Regelung in Gemeinschaftsordnung § 25 Abs. 3 und 4 WEG a. F.
"Die Wohnungseigentümerversammlung ist nur beschlussfähig, wenn die erschienenen stimmberechtigten Wohnungseigentümer mehr als die Hälfte der Miteigentumsanteile, berechnet nach der im Grundbuch eingetragenen Größe dieser Anteile, vertreten. Ist eine Versammlung nicht nach diesen Vorgaben beschlussfähig, beruft der Verwalter eine neue Versammlung mit dem gleichen Gegenstand ein. Diese Versammlung ist ohne Rücksicht auf die Höhe der vertretenen Anteile beschlussfähig. Hierauf ist bei der Einberufung hinzuweisen."

(3) Die Versammlung ist nur beschlußfähig, wenn die erschienenen stimmberechtigten Wohnungseigentümer mehr als die Hälfte der Miteigentumsanteile, berechnet nach der im Grundbuch eingetragenen Größe dieser Anteile, vertreten.

(4) 1Ist eine Versammlung nicht gemäß Absatz 3 beschlußfähig, so beruft der Verwalter eine neue Versammlung mit dem gleichen Gegenstand ein. 2Diese Versammlung ist ohne Rücksicht auf die Höhe der vertretenen Anteile beschlußfähig; hierauf ist bei der Einberufung hinzuweisen.

Eine solche Vereinbarungsregelung, die mehr oder weniger exakt dem bisherigen Gesetzestext in § 25 Abs. 3 und 4 WEG a. F. entspricht, findet sich in mindestens jeder 2. Gemeinschaftsordnung. Das WEMoG sieht jedoch unter Streichung vorerwähnter Bestimmungen in § 25 Abs. 3 und 4 WEG a. F. vor, dass eine Wohnungseigentümerversammlung stets beschlussfähig sein wird, auch wenn nur ein einziger Wohnungseigentümer in der Versammlung anwesend bzw. vertreten ist.[3]

Vom Gesetz abweichende Vereinbarungen

Vielfach enthalten Gemeinschaftsordnungen Regelungen, die vom Gesetz abweichen. So existieren vereinzelt Regelungen über ein Zustimmungserfordernis des Verwalters zu baulichen Veränderungen, Schriftformerfordernisse für Vollmachten, bestimmte Beschlussquoren auch für Beschlüsse über Verwaltungsmaßnahmen, Gebrauchs- und Nutzungsregelungen sowie eine Änderung der Kostenverteilung.

Widersprüche müssen gelöst werden

Sowohl im einen als auch im anderen Fall werden sich mit Inkrafttreten des WEMoG Widersprüche zwischen Gesetz und Vereinbarung ergeben. Diese müssen von den betroffenen Wohnungseigentümergemeinschaften gelöst werden. An dieser Stelle ist die "Ergänzende Bestimmung" des § 47 WEG n. F. aus Teil 4 des Gesetzentwurfs heranzuziehen.

 
WEG n. F.

§ 47 Auslegung von Altvereinbarungen

1Vereinbarungen, die vor dem … [einsetzen: Datum des Inkrafttretens nach Artikel 18 Satz 1 dieses Gesetzes] getroffen wurden und die von solchen Vorschriften dieses Gesetzes abweichen, die durch das Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetz vom … [einsetzen: Datum und Fundstelle dieses Gesetzes] geändert wurden, stehen der Anwendung dieser Vorschriften in der vom … [einsetzen: Datum des Inkrafttretens nach Artikel 18 Satz 1 dieses Gesetzes] an geltenden Fassung nicht entgegen, soweit sich aus der Vereinbarung nicht ein anderer Wille ergibt. 2Ein solcher Wille ist in der Regel nicht anzunehmen.

§ 47 WEG n. F. regelt zunächst, dass Vereinbarungen, die vor Inkrafttreten des WEMoG getroffen worden sind und nunmehr von den durch das WEMoG geänderten Vorschriften abweichen, der Geltung der Neuregelungen nicht entgegenstehen, "soweit sich aus der Vereinbarung nicht ein anderer Wille ergibt". Satz 2 stellt insoweit klar, dass "ein solcher Wille in der Regel nicht anzunehmen ist". Mit anderen Worten:

 

Neue Vorschriften haben Vorrang vor Altvereinbarungen

Die Neuregelungen sind auch dann anzuwenden, wenn eine Gemeinschaftsordnung eine von diesen Neuregelungen abweichende Vorschrift enthält.

Eine Altvereinbarung, die der Anwendung der durch das WEMoG geänderten Vorschriften entgegensteht, soll nach § 47 Satz 1 WEG n. F. nur dann weiter gelten, wenn sich aus der Vereinbarung der Wille ergibt, dass diese auch gegenüber künftigen Gesetzesänderungen Vorrang genießen soll. Das wird allenfalls ausnahmsweise der Fall sein. Aufgrund der negativen gesetzlichen Formulierung hat auch derjenige, der einen solchen Willen behaup...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt VerwalterPraxis. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge