Entscheidungsstichwort (Thema)

Baueinstellungsverfügung gegenüber dem Eigentümer einer verpachteten Weide

 

Leitsatz (amtlich)

1. Das Halten von 2 Pensionspferden und 1 eigenen Pferd auf einer Fläche von 0,5 ha Eigenland und 2,1 ha Pachtland stellt keinen landwirtschaftlichen Betrieb im Verständnis von § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB und § 61 Abs. 1 Nr. 1c LBO 2004 dar.

2. Das Einschreiten gegenüber dem Grundstückseigentümer zur Unterbindung der Fortsetzung von Bauarbeiten an einem Offenstall auf einer verpachteten Weide entspricht dem Prinzip größtmöglicher Effektivität.

 

Normenkette

BauGB § 35 Abs. 1 Nr. 1; LBO 2004 § 61 Abs. 1 Nr. 1c, § 81

 

Tenor

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsteller.

Der Streitwert wird auf 500,00 Euro festgesetzt.

 

Tatbestand

Der Antragsteller wendet sich gegen eine baurechtliche Verfügung, mit der er unter Anordnung des Sofortvollzugs verpflichtet wurde, sofort sämtliche weiteren Bauarbeiten zur Fertigstellung eines Pferdeunterstandes einzustellen und mit der für den Fall der Zuwiderhandlung ein Zwangsgeld in Höhe von 200 Euro angedroht und zugleich (aufschiebend bedingt) festgesetzt sowie eine Gebühr in Höhe von 104,52 Euro angefordert wurden.

I.

Mit Schreiben vom 23.04.2007 wandte sich die Gemeinde A-Stadt an der Antragsgegner: Der Antragsteller errichte auf seinem Grundstück einen Pferdeunterstand. Trotz Intervention der Gemeinde und des Hinweises, dass das Vorhaben im Außenbereich unzulässig sei, setze er das Bauvorhaben fort. Es werde um die Einleitung entsprechender Schritte gebeten.

Am 04.05.2007 besichtigte der Antragsgegner die Örtlichkeit und fertigte Fotografien an. Ausweislich des Aktenvermerkes sei der Antragsteller weder vor Ort noch zu Hause anzutreffen gewesen. Auf dem Flurstück sei mit der Errichtung eines Pferdeunterstandes aus Holz begonnen worden. Das Dach sei zum Teil mit Trapezblechen und mit einer Abdeckplane abgedeckt, die Außenwände seien zum Teil mit Trapezblechen eingehaust. Im Unterstand hätten sich drei Pferde befunden. Die Koppel sei umlaufend mit einem mobilen Weidezaun eingezäunt.

Mit dem in Streit stehenden Bescheid vom 11.05.2007 teilte der Antragsgegner dem Antragsteller mit, anlässlich einer Ortsbesichtigung sei festgestellt worden, dass auf seinem Grundstück, Flurstück …/1 in Flur 4 der Gemarkung H., mit der Errichtung eines Pferdeunterstandes aus Holz in der Größe von ca. 9,00 m × 4,50 m, Höhe ca. 3,00 m im Außenbereich begonnen worden sei, ohne dass die erforderliche Baugenehmigung vorliege. Derzeit werde an der Einhausung gearbeitet; das Dach sei zum Teil mit Trapezblechen sowie mit einer Abdeckplane abgedeckt, die Außenwände seien zum Teil mit Trapezblechen eingehaust. Gemäß den §§ 57 Abs. 2, 58, 59 Abs. 1 i.V.m. § 81 LBO 2004 forderte der Antragsgegner den Antragsteller auf, sämtliche weiteren Bauarbeiten zur Fertigstellung des Pferdeunterstandes einzustellen und ordnete gemäß § 80 Abs. 2 Ziffer 4 VwGO die sofortige Vollziehung an. Zur Begründung des Sofortvollzugs verwies der Antragsgegner auf die formelle Illegalität und die mögliche Schaffung eines Zustandes, der mit den baurechtlichen Vorschriften unvereinbar sei. Für den Fall der Zuwiderhandlung drohte der Antragsgegner dem Antragsteller ein Zwangsgeld in Höhe von 200 EUR an, das er zugleich aufschiebend bedingt festsetzte. Für die Verfügung forderte der Antragsgegner vom Antragsteller Kosten (Gebühr und Auslagen) in Höhe von 104,52 Euro an.

Gegen den am 16.05.2007 zugestellten Bescheid erhob der Antragsteller mit Schreiben vom 21.05.2007 Widerspruch, das am 05.06.2007 beim Antragsgegner einging. Zur Begründung machte er geltend, er habe das Grundstück seit dem 01.04.2007 verpachtet und sei deshalb nicht Bauherr des Vorhabens. Deshalb dürften von ihm auch nicht die Kosten für den Bescheid verlangt werden.

Unter dem 16.07.2007 beantragte der Antragsteller die Aussetzung der Vollziehung etwaiger Vollstreckungsmaßnahmen bis zur Entscheidung über seinen Widerspruch: Er habe das Grundstück „einem Dritten” verpachtet, der seines Wissens nach die notwendigen Genehmigungen beantragt habe.

Mit Schriftsatz vom 12.05.2007, der beim Antragsgegner am 18.05.2007 einging, hatte Frau M. P. unter Beifügung eines Aufnahmebescheides der Land- und Forstwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft Hessen, Rheinland-Pfalz und Saarland vom 08.05.2007 formlos einen Bauantrag für einen Offenstall gestellt. Der Antragsgegner hatte sodann ihr unter dem 06.06.2007 mitgeteilt, dass Gebäude ohne Feuerstätten …, die einem landwirtschaftlichem Betrieb dienten und nur zum vorübergehenden Schutz von Tieren bestimmt seien, verfahrensfrei sei; zur Klärung des Vorliegens eines solchen Betriebes sei die Landwirtschaftskammer des Saarlandes um Stellungnahme gebeten worden. Diese antwortete am 13.07.2007, die Pächterin sei 45 Jahre alt und im Hauptberuf Erzieherin. Sie und ihr Ehemann hielten seit 2006 Pferde. Bewirtschaftet würden 2,6 ha Grünland, davon 0,5 ha Eigenland. Gehalten würden zwei Pensionspferde sowie ein ...

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